„Es ist, als habe sich die Erdachse verschoben“, sagte ein Freund am Telefon. „Casca il mondo!“ (Die Welt stürzt ein), schrieb eine liberale Zeitung. Kaum war die letzte Hoffnung widerlegt, es könnte sich um einen schlechten Rosenmontagsscherz handeln, machte sich endzeitliche Stimmung breit. Der Rücktritt des Papstes am 11. Februar 2013 ließ Kirche und Welt den Atem anhalten.
Der Petrusdienst als Kreuzweg
Damals wie heute bedrängt Fromme und Ferne die Frage: Darf das der Papst? Darf der Nachfolger Petri die Türe hinter sich schließen, in den Ruhestand gehen, der Herde sagen, er habe das Seine getan? Der Petrus-Dienst ist kein Job, mit Feierabend und Rentenanspruch. Eher ein Kreuzweg: Petrus stand nicht unter dem Kreuz des Herrn, starb aber drei Jahrzehnte später selbst in Rom am Kreuz. Und Johannes Paul II. zeigte, wie der Petrusdienst zum Kreuzweg werden kann. Also: Darf ein Papst zurücktreten?
Es gibt Situationen, in denen er es sogar tun sollte: Ein schwer dementer Papst, der am Nachmittag nicht mehr weiß, was er am Vormittag entschied, wäre in unserer Zeit eine Katastrophe. Die voranschreitende Medizin könnte einen siechenden Papst jahrelang am Leben erhalten. Wer lehrt und leitet die Herde, wenn ein Papst gar ins Koma fällt?
Eine ekklesiologische Lektion
Evident ist längst, dass Papst Benedikts Begründung mit der nachlassenden Kraft des Körpers wie des Geistes in ihrem zweiten Teil zu voreilig war. Dass er nicht einfach den Kram hinwerfen wollte, sondern sich nicht mehr in der Lage sah, das Schiff zu steuern, darf und muss Katholiken erschüttern. Doch noch in diesem Akt steckt eine ekklesiologische Lektion: Benedikt XVI. handelte in der Gewissheit, dass nicht der Papst Herr der Kirche ist – sondern Christus selbst. Schule machen sollte sein Beispiel dennoch nicht: Papst-Rücktritte müssen die seltene Ausnahme bleiben.
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