Nach einem Schusswaffenattentat auf eine katholische Kirche in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota, bei dem zwei Kinder im Alter von acht und zehn Jahren starben und 18 weitere Personen verletzt wurden, herrschen weltweit Trauer und Entsetzen. Papst Leo XIV., der selbst Amerikaner ist, brachte in einem Schreiben an den Erzbischof von Minneapolis und St. Paul, Bernard Hebda, seine „tiefe Anteilnahme“ zum Ausdruck. Er vertraue die Seelen der Verstorbenen der Liebe Gottes an und bete für die Verwundeten, Ersthelfer, medizinisches Personal und Kirchenvertreter, die nach dem Attentat im Einsatz seien. In dem vom Vatikan veröffentlichten Telegramm hieß es weiter, Papst Leo sei allen geistlich nahe, die von dieser „schrecklichen Tragödie“ betroffen seien, „insbesondere den Familien, die den Verlust eines Kindes zu beklagen haben“.
Erzbischof Hebda bedankte sich beim Papst für dessen Anteilnahme und erklärte in einer Stellungnahme, es breche ihm das Herz, „wenn ich an die Schüler, Lehrer, Geistlichen und Gemeindemitglieder und das Grauen denke, das sie in einer Kirche erlebt haben – einem Ort, an dem wir uns sicher fühlen sollten“. Auch die US-Bischofskonferenz drückte in einer Mitteilung ihre tiefe Trauer aus: „Wann immer ein Teil des Leibes Christi verletzt wird, spüren wir den Schmerz, als wären es unsere eigenen Kinder.“
Täter feuerte zwei Minuten lang auf Kirche
Der Täter, der laut den Polizeibehörden noch am Tatort einer selbst zugefügten Schussverletzung erlag, ist inzwischen als der 23-jährige Robert Westman identifiziert. Wie der US-Sender „Fox News“ berichtet, wurde Westman als Mann geboren, änderte jedoch 2019 seinen Geschlechtseintrag und nahm den Namen Robin an.
Wie aus den Schilderungen der Behörden hervorgeht, eröffnete Westman am Mittwochmorgen von außen das Feuer auf die „Annunciation Catholic Church“, in der gerade der Eröffnungsgottesdienst für das neue Schuljahr an der zugehörigen katholischen Schule stattfand. Zwei Minuten lang gab der Attentäter Schüsse ab, die Projektile drangen durch die Fenster der Kirche ein. Indem mehrere Teilnehmer des Gottesdienstes hinter Kirchenbänken Schutz suchten, konnten sie offenbar noch höhere Opferzahlen verhindern. Der Polizei von Minneapolis zufolge war Westman mit einem Gewehr, einer Schrotflinte und einer Pistole bewaffnet. Die Waffen habe er auf legalem Weg erworben und sei vor dem Attentat nicht strafrechtlich bekannt gewesen.
Der US-Präsident Donald Trump rief am Mittwoch in einer Stellungnahme zum Gebet für die Opfer des Attentats auf und sprach von einem „sinnlosen Akt der Gewalt“. Zudem ließ er die US-Flagge am Weißen Haus und allen staatlichen Gebäuden im Inland sowie an Konsulaten und Botschaften im Ausland bis einschließlich Sonntag auf halbmast setzen.
Terrorismus oder Hassverbrechen gegen Katholiken?
Erschüttert zeigte sich auch der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey. Die Kinder der „Annunciation Catholic School“ seien „buchstäblich beim Gebet“ erschossen worden. „Es war die erste Schulwoche, sie waren in einer Kirche", erklärte Frey. Die Kinder sollten „in Frieden zur Schule oder zur Kirche gehen können, ohne Angst oder Gefahr von Gewalt, und ihre Eltern sollten die gleiche Sicherheit haben“.
Indes ist die Suche nach einem Motiv des Täters in vollem Gange. Laut dem Chef der amerikanischen Bundespolizei FBI, Kash Patel, untersuche man, ob es sich bei dem Attentat um Terrorismus oder ein Hassverbrechen gegen Katholiken handele. Mehrere US-Medien berichten übereinstimmend von Videomaterial, das von einem Account mit dem Namen des Attentäters auf der Plattform „Youtube“ hochgeladen, inzwischen jedoch gelöscht worden sei. Darin sollen Seiten eines Notizbuchs und Waffen gezeigt werden, auf denen antisemitische, rassistische, Trump-feindliche und antichristliche Botschaften zu sehen sind. Die Polizei von Minneapolis bestätigte, dass ihr ein „Manifest“ vorliege, das der Schütze zur Veröffentlichung auf „Youtube“ eingestellt habe. Polizeichef Brian O’Hara zufolge zeige es den Attentäter offenbar am Tatort und enthalte „verstörende Schriften“.
Ob es eine Beziehung zwischen Westman und der „Annunciation Catholic School“, ihrem Personal oder den dort unterrichteten Schülern gibt, ist bislang nicht geklärt. Die „New York Times“ schreibt, der Täter sei wohl früher selbst Schüler an der Schule gewesen und bezieht sich dabei auf einen an den Ermittlungen beteiligten Polizeibeamten. Mehrere US-Medien berichten übereinstimmend, dass die Mutter des Schützen 2021 auf dem Facebook-Profil der Schule erwähnt worden sei. Vor ihrem Ruhestand soll sie demnach als Sekretärin der Kirchengemeinde gearbeitet haben.
Laut Recherchen des US-Fernsehsenders „CNN“ ist der Attentäter bereits in der siebten Klasse für eine Woche von der „Annunciation Catholic School“ suspendiert worden, nachdem er Mitschüler nach ihrem Verhalten bei einem möglichen Amoklauf gefragt hatte. Dies soll gemäß Westmans Tagebuch der Anfang einer Fixierung auf Amokschützen gewesen sein. In seinen Aufzeichnungen schwelgte der 23-Jährige vom Töten von Kindern und darüber, in die Fußstapfen von bekannten Amokläufern wie Adam Lanza, der bei einem Angriff auf eine Grundschule im Bundesstaat Connecticut 26 Menschen tötete, zu treten. Aus den Notizen geht ebenfalls hervor, dass Westman zwar entschlossen war, seine Pläne in die Tat umzusetzen, zugleich jedoch den Wunsch äußerte, entdeckt und aufgehalten zu werden.
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