Der erste „Tag der ukrainischen Eigenstaatlichkeit“ wurde am Donnerstag in Kiew auch religiös begangen. Vertreter nahezu aller in der Ukraine tätigen Kirchen und Religionsgemeinschaften versammelten sich in der orthodoxen Kiewer Sophienkathedrale zum gemeinsamen Gebet, das mit dem „Vater unser“ begann. Anwesend waren nicht nur das Oberhaupt der mit Rom unierten Katholiken des byzantinischen Ritus, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, und der römisch-katholische Bischof von Kiew-Schytomyr, Vitali Kryvytskyj, sondern auch ranghohe Vertreter der konkurrierenden orthodoxen Kirchen, nämlich Metropolit Epifanij als Primas der autokephalen „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ und Bischof Viktor Kotsaba von der „Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats“. Vertreten waren auch die Armenisch-Apostolische Kirche, zwei evangelische Kirchen, die Adventisten und die jüdische wie die muslimische Gemeinde.
Die Ukraine als „östlicher Vorposten der christlichen Zivilisation“
Großerzbischof Schewtschuk erinnerte in seinem öffentlichen Gebet an das „Geschenk der Taufe“ unter Großfürst Wolodymyr (den die Russen Wladimir nennen) und „das Geschenk der Eigenstaatlichkeit für dieses Volk“. Das Oberhaupt der unierten Katholiken betete in der Sophienkathedrale um die Gabe der „Weisheit, unseren Staat aufzubauen, zu errichten und zu verteidigen“.
Der Primas der ukrainischen Orthodoxie, Metropolit Epifanij, sagte, der ukrainische Staat sei nicht erst vor drei Jahrzehnten „infolge des Zerfalls der gottlosen Tyrannei der Kremlherrscher“ entstanden, „wie die Feinde unseres Volkes glauben und fälschlicherweise behaupten“. Vor mehr als einem Jahrtausend sei es die Taufe des Großfürsten Wolodymyr gewesen, die „das unerschütterliche Fundament der christlichen, europäischen Ukraine legte“. Damals sei die Ukraine der „östliche Vorposten der christlichen Zivilisation“ gewesen. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnete Epifanij, ohne ihn namentlich zu nennen, als „heimtückischen Brudermörder und neidischen Mann, dessen Taten von Gott verurteilt werden“. Die Ukraine werde „in Qual und Schmerz wiedergeboren“. Sie stehe auch heute „an der Spitze des Kampfes für die christliche Welt“.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte am Donnerstag dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios in einem Telefonat „für die Gebete für die Ukraine“. Er habe Bartholomaios „die Wahrheit über die schrecklichen Verbrechen des Angreifers, insbesondere die Zerstörung von fast 200 Kirchen“ berichtet, teilte der Präsident über Twitter mit. Selenskyj versicherte der Öffentlichkeit über Video, die Ukrainer würden nicht ruhen, „bis sie den letzten Meter ihres Heimatlandes befreit haben“. DT/sba
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