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Putin verliert auch diplomatisch

Zum Ukraine-Krieg zeigt der G20-Gipfel ein Maß an Einigkeit, das nicht selbstverständlich war.
G20-Gipfel in Indonesien
Foto: Kay Nietfeld (dpa) | Dass sich die Staats- und Regierungschefs auf einen gemeinsamen Text einigen konnten, der Russland auffordert, die Kriegshandlungen einzustellen und seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen, ist eine diplomatische ...

Der große Verlierer des G20-Gipfels auf Bali ist Putins Russland. Als Außenminister Sergej Lawrow erkennen musste, dass die Abschlusserklärung des Treffens den russischen Krieg – und nicht die „militärische Spezialoperation“ – verurteilen würde, reiste er am Dienstag vorzeitig ab. Der Kreml-Chef war in der illustren Runde erst gar nicht erschienen.

Einigkeit in der Frage der Atomwaffen

Dass sich die Staats- und Regierungschefs auf einen gemeinsamen Text einigen konnten, der Russland auffordert, die Kriegshandlungen einzustellen und seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen, ist eine diplomatische Niederlage für Moskau. Zwar heißt es in der Erklärung, dass nur „die meisten Mitglieder“ den Krieg in der Ukraine „aufs Schärfste“ verurteilen, weil er die Probleme der Weltwirtschaft verstärke, das Wachstum schwäche und die Inflation steigen lasse. Aber dass auch China diese Botschaft mitgetragen hat, ist für Russland ein herber Schlag.

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Zudem heißt es in der Abschlusserklärung, dass „der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen unzulässig“ seien. Das scheint eine rote Linie zu sein, in der sich die Vereinigten Staaten und China einig sind. Der optische Aufschlag des Gipfels hatte es schon gezeigt: Der Handschlag zwischen Joe Biden und Xi Jinping läutet eine historische Zeitenwende ein: Es gibt nur noch zwei Weltmächte, die geopolitisch und wirtschaftlich von Bedeutung sind: die USA und das Reich der Mitte. Putin hat sich mit seinem Krieg völlig von der Bühne gekegelt. Die – damals vielleicht ungeschickte, weil öffentliche – Äußerung Barack Obamas, dass Russland nur noch eine Regionalmacht sei, ist jetzt in Bali ratifiziert worden.

Europa schwächelt vor sich hin

Unbedeutend wie so oft die Europäer. Olaf Scholz ist das Parkett der ganz Großen noch fremd, der Franzose Macron muss zu Hause mit wechselnden Mehrheiten regieren und ist gehemmt, die Italienerin Meloni wirkt noch völlig unerfahren und die Probleme Englands sind bekannt. Europa ist weit davon entfernt, einen dritten und vielleicht ausgleichenden Pol im geopolitischen Szenario zu bilden. Man kann nur froh sein, wenn Europa in der Haltung zu Putins Krieg mehr oder wenig einig bleibt. Den Frieden hat der Gipfel auf Bali nicht gebracht. Aber die Konturen einer neuen Weltordnung zeichnen sich ab, wobei sich Indien wird entscheiden müssen, wo es eigentlich hingehört.

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