Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Nach Kriegsende in Gaza und Israel

Pizzaballa sieht Normalität in weiter Ferne

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem fragt sich, „wie es jemals wieder möglich sein wird, einen Normalzustand herzustellen“. Christen ruft er indes auf, das Heilige Land zu besuchen.
Kardinal Pierbattista Pizzaballa spricht bei Weihnachtsfeierlichkeiten in Betlehem
Foto: IMAGO/Mamoun Wazwaz \ apaimages (www.imago-images.de) | Blickt skeptisch in die Zukunft: die Zerstörung in Gaza sei unvorstellbar, bis zur Normalität werde es Jahre dauern.

Kardinal Pierbattista Pizzaballa, der Lateinische Patriarch von Jerusalem, vermisst einen spezifischen Plan für die Nachkriegszeit in Israel und Gaza. Im Interview mit der der österreichischen Presseagentur „Kathpress“ erklärte er am Donnerstag: „Ich frage mich, wie es jemals wieder möglich sein wird, einen Normalzustand herzustellen. Das wird Jahre beanspruchen“.

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Schon seit Kriegsbeginn fordert Pizzaballa konkrete Maßnahmen für die Zeit danach. Da nun die direkten Kampfhandlungen ein Ende nehmen, käme man an einer Lösung der Ursachen des Konflikts nicht mehr vorbei. Davon sei das Land aber noch lange entfernt, denn „für den Frieden braucht es mehr Mut als für den Krieg“, bemerkt der Lateinische Patriarch.

Besonders habe sein Besuch bei den restlichen 621 Christen im Gazastreifen seine Sorge gestärkt, denn das Ausmaß an Zerstörung dort sei unvorstellbar. Im vergangenen Dezember sei ihm vor Ort besonders aufgefallen, wie müde die Menschen durch ihren täglichen Kampf ums Überleben inzwischen seien. Es sei schwierig, sich vorzustellen, wie dort jemals wieder ein Zustand der Normalität eintreten könne.

Wendepunkt im Dialog zwischen Christen und Juden

Seit dem 7. Oktober 2023 habe es auch wiederholt Schwierigkeiten im Dialog zwischen Christen und Juden gegeben, gab der Kardinal zu: „Bisher war der Dialog sehr auf die Vergangenheit fokussiert, das ist sehr wichtig, aber über andere Fragen wurde weniger gesprochen, etwa über die Interpretation der Heiligen Schrift, oder das gemeinsame Verständnis der Menschenrechte.“ Pizzaballa sprach in diesem Zusammenhang nun von einem Wendepunkt im katholisch-jüdischen Dialog.

Zu politischen Missverständnissen sei es besonders über die Rolle des israelischen Staates gekommen: „Während für die Europäer Israel in erster Linie als Staat gilt, ist es für die Juden weit mehr. Darüber müssen wir verstärkt in einen respektvollen Austausch gehen“, so Pizzaballa.

Dieser Austausch könne auch durch Pilgerreisen von Christen aus dem Westen in das Heilige Land gestärkt werden, wozu der Lateinische Patriarch aufrief. Er erklärte, dass die klassischen Pilgerziele wieder gefahrlos besucht werden könnten. Eine solche Pilgerfahrt sei auch ein Dienst an den Christen vor Ort, die wirtschaftlich auf die Besucher angewiesen seien. Die finanziellen Sorgen würden nämlich immer mehr christliche Familien zur Auswanderung drängen, was angesichts der ohnehin geringen Zahl der Christen ein schlimmes Zeichen sei, beklagte der Kardinal. Pizzaballa schätzt die verbliebenen einheimischen Christen im Westjordanland auf rund 45.000 bis 50.000, in Israel seien es nur knapp 37.000.

Armee soll Plan zur freiwilligen Ausreise von Palästinensern vorbereiten

Derweil hat Israels Verteidigungsminister, Israel Katz, die Armee dazu aufgefordert, einen Plan für freiwillige Ausreisen der palästinensischen Bevölkerung des Gazastreifens auszuarbeiten. Dies berichtete die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag. Katz warf den Mitgliedern der Terrororganisation Hamas demnach vor, die Palästinenser im Gazastreifen als Geiseln zu halten und an der freiwilligen Ausreise zu hindern.
 
Außerdem wolle Katz ein Projekt im Gazastreifen starten, das die zerstörten Gebiete entmilitarisieren und wieder aufzubauen soll. Auch Donald Trump hatte sich am Dienstag für eine Umsiedlung ausgesprochen, durch die man die Gebiete wieder besser aufbauen könne. Dieser Vorschlag Trumps könne laut Katz dazu führen, dass sich die Menschen aus Gaza auf „bestmögliche Weise“ woanders niederlassen. Konkret rief der Minister dazu auf, dass die Länder, die falsche Anschuldigungen gegen Israel verbreitet hätten, nun die Betroffenen aufnehmen sollten. Er nannte dabei „Länder wie Spanien, Irland, Norwegen und andere“. Auch Kanada habe bereits signalisiert, Palästinenser aus den Gebieten aufnehmen zu wollen, ergänzte Israels Verteidigungsminister. (DT/jmo)

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