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Gaza als Trumps Riviera in Nahost?

Der US-Präsident ignoriert das Völkerrecht, die Menschenrechte und die Stabilität von Amerikas arabischen Verbündeten.
Deir el-Balah, Gazastreifen
Foto: IMAGO/Omar Ashtawy \ apaimages (www.imago-images.de) | Da kommt dann wohl der Immobilientycoon durch: wäre hier nicht Platz für eine nette Strandpromenade? Ist doch eh alles kaputt. Strandabschnitt in Deir el-Balah, Gazastreifen.

US-Präsident Donald Trump steht felsenfest an der Seite Israels. Dass er Benjamin Netanjahu (ungeachtet des internationalen Haftbefehls gegen den israelischen Premier) als ersten ausländischen Regierungschef in Washington empfing, ist eine starke Zeichenhandlung. Doch mit seinem Vorstoß zur Zukunft des Gazastreifens hat Trump die Atmosphäre in Nahost weiter vergiftet – und das ist gewiss nicht in Israels Interesse.

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„Die USA werden den Gazastreifen übernehmen“, nötigenfalls mit US-Truppen sichern, alle Waffen und alles Explosive sowie die Trümmerlandschaften wegräumen, so Trumps Plan. Und dann werde man dort alles neu aufbauen, eine „Riviera des Nahen Ostens“ schaffen, für Menschen aus aller Welt. Vielleicht schwebt dem ehemaligen Immobilien-Tycoon auch ein Disneyland in Gaza-Stadt vor, oder Yachthäfen für amerikanische Milliardäre an der Levante. Wer weiß?

Die Sache hat nur einen Haken: Im Gazastreifen leben Menschen. Und die haben Menschenrechte, auch wenn weder die Hamas noch die Regierung Netanjahu darauf zuletzt irgendwie Rücksicht nahmen. Trump will diese rund zwei Millionen Palästinenser einfach in die Nachbarstaaten Ägypten und Jordanien „umsiedeln“. Und weil die heimatverbundenen Palästinenser – wie in der Vergangenheit bewiesen – nicht freiwillig gehen würden, bedeutet das: Vertreibung und „ethnische Säuberung“.

Geopolitische Verwerfungen

Donald Trump nimmt mit seinem Vorstoß also Verletzungen des Völkerrechts wie der Menschenrechte in Kauf. Doch selbst wenn menschen- und völkerrechtliche Bedenken für den amerikanischen Deal-Maker keine Rolle spielen sollten, müsste er als machtbewusster Präsident Amerikas zumindest die geostrategischen Interessen seines Landes bedenken: Mit einer Zwangsumsiedlung von zwei Millionen Menschen nach Ägypten und Jordanien destabilisiert er ausgerechnet die engsten arabischen Verbündeten der USA.

Bei allen internen Differenzen haben darum Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Trumps Gaza-Vision bereits deutlich widersprochen. Saudi-Arabien stellte klar, dass es Israel nur unter der Bedingung eines eigenen Palästinenserstaates anerkennen wolle. Schon sonderbar, dass ausgerechnet Riad den amerikanischen Präsidenten an die „westliche“ Idee einer Zwei-Staaten-Lösung erinnern muss, die bisher amerikanischer wie europäischer Konsens war. Und überaus peinlich, dass fünf arabische Länder den US-Präsidenten an das Völkerrecht erinnern müssen.

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