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Pavica Vojnovic: Beter dürfen nicht eingeschränkt werden

Pavica Vojonic betet in Pforzheim regelmäßig vor der Abtreibungsberatungsstelle von Pro Familia. Die Stadt erteilte einen Platzverweis. Vojonic klagte. Nun fand die mündliche Verhandlung statt.
Gebet vor Abtreibungskliniken
Foto: IMAGO/Ron Chapple Stock (www.imago-images.de) | Pavica Vojnovic und die von ihr geleitete „40 Tage für das Leben“-Gruppe Pforzheim beten zweimal jährlich in der Nähe des Gebäudes der örtlichen Abtreibungsberatungsstelle von Pro Familia.

Auch wenn es in der Medienlandschaft nicht so aussieht: Viele Menschen können sich darauf einigen, dass man für Frauen in Not und besonders in Schwangerschaftskonfliktsituationen alles Mögliche tun muss. Lebensschutz und die Unterstützung von Schwangeren sind sogar grundgesetzliche Aufgaben des Staates.

Alles zu tun, bedeutet, anderen finanziell und praktisch beizustehen, psychologische Hilfe und Empathie anzubieten. Für Christen schließt „alles Mögliche“ auch die Unterstützung im Gebet ein.

Pro Familia verdient Geld mit Abtreibungen

Deswegen beteten Pavica Vojnovic und die von ihr geleitete „40 Tage für das Leben“-Gruppe Pforzheim zweimal jährlich in der Nähe des Gebäudes der örtlichen Abtreibungsberatungsstelle von Pro Familia. Von dem Namen der Organisation darf man sich nicht täuschen lassen. Pro familia verdient Geld unter anderem mit Abtreibungen und ist der deutsche Arm des milliardenschweren Abtreibungskonzerns Planned Parenthood Federation.
Eine vierspurige Straße trennte die Gebetsgruppe von dem Gebäude. 2019 jedoch verbannte die Stadt Pforzheim das Gebet komplett aus der Hör- und Sichtweite und wies der Gruppe einen  abgelegenen Platz jenseits einer stark befahrenen Kreuzung zu. „Gebete zwischen Abgasen und Rotphasen“, titelte eine Lokalzeitung.

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Gegen den Platzverweis klagte Pavica Vojnovic vor Gericht. Am 25. August fand nun die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim statt. Das Gericht ist bereits die zweite Instanz, die sich mit dem Fall beschäftigt. Ein Karlsruher Gericht hatte die Klage zunächst abgewiesen. Vojnovic ging in Berufung, die vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim zugelassen wurde.

Persönlichkeitsrecht schlägt Versammlungsfreiheit nicht

In der Verhandlung beschrieb Vojnovics Rechtsanwalt, dass Zweck und Inhalt der Versammlungen nur das Gebet gewesen seien. Die Beter sprachen niemanden an, sondern beteten still. Auf der anderen Seite argumentierten die Vertreter der Pforzheimer Behörden, die Stadt wolle die Anonymität der Frauen schützen, die die Beratungsstelle von Pro Familia aufsuchen. Dem setzte das Gericht entgegen, dass man in der Öffentlichkeit keine Anonymität garantieren könne. Zudem sei die Entscheidung über einen Versammlungsort dem Veranstalter überlassen.

Gegen Ende der mündlichen Verhandlung bekräftigte das Gericht noch einmal, dass das Persönlichkeitsrecht nicht die Versammlungsfreiheit schlägt. Das Persönlichkeitsrecht wird häufig als Begründung für verschiedene Freiheitseinschränkungen verwendet. Die Bundesregierung in Berlin sollte da genau hinhören. In ihrem Koalitionsvertrag spricht die Ampel-Regierung pauschal von „Gehsteigbelästigung“, gegen die man „wirksame gesetzliche Maßnahmen“ erlassen möchte. Regionalpolitiker legen da schon einmal vor: In Hessen ordnete etwa Innenminister Peter Beuth (CDU) in einem Erlass an, keinerlei Veranstaltungen in der Nähe von Abtreibungsorganisationen zu genehmigen. Und in Baden-Württemberg sagte Katja Mast (SPD), Bundestagsabgeordnete aus der Region Pforzheim, zu möglichen Zensurzonen: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“

Auch in anderen Ländern drohen Einschränkungen

Damit stehen die Politiker international leider nicht allein da. Zahlreiche Kommunen im Vereinigten Königreich (UK) planen die Einrichtung von Zensurzonen um Abtreibungsorganisationen.

In Südeuropa zeigt sich Spanien besonders extrem. Dieses Jahr verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das Gebet vor Abtreibungseinrichtungen verbietet und mit Gefängnisstrafe bedroht. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon beklagte sich vor kurzem öffentlich, dass internationale Menschenrechte die Regierung hindern würden, Gebete vor Abtreibungskliniken einzuschränken. Dass die Einschränkung das Ziel sei, daraus machte die Rechtsanwältin keinen Hehl. Dabei sind die Grundrechte in Deutschland und Europa klar definiert: Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind gesetzlich geschützt. Darum liegt die Hoffnung der Beter oft bei den Gerichten. So wird das Gesetz in Spanien gerade angefochten. In Großbritannien muss Rosa Lalor, eine ältere Dame aus Liverpool, doch keine Strafe zahlen, nachdem sie in der Nähe einer Abtreibungsklinik gebetet hatte. ADF UK hatte ihre Verteidigung unterstützt. Und in Hessen gewann eine „40 Tage für das Leben“-Gruppe mehrmals gegen Gebetsbeschränkungen vor Gericht.

Das Urteil im Fall von Pavica Vojnovic wird in der nächsten Zeit erwartet. Nach der mündlichen Verhandlung ist sie zuversichtlich, dass das Gericht Meinungs-, Religions-, und Versammlungsfreiheit bestätigt. Dann kann sie sich wieder ihrer Hauptaufgabe widmen: dem stillen Gebet.


Der Autor ist Redakteur bei der Menschenrechtsorganisation ADF International, die Pavica Vojnovic vor Gericht unterstützt.

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