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Pride-Paraden verbieten?

Viele, die in Ungarn nun den Rechtsstaat in Gefahr sehen, haben mit Grundrechtsbeschränkungen wie Bannmeilen und Offenbarungsverboten keine Probleme.
Pride Parade Budapest 2024
Foto: IMAGO/Martin Fejer/estost.net (www.imago-images.de) | Was es vorerst das letzte Mal? Teilnehmer der Budapester Pride Parade 2024. Für dieses Jahr hat die Regierung ein Verbot verfügt.

„Der Mensch ist ein Mann oder eine Frau“, heißt es seit gestern in der ungarischen Verfassung – Blasphemie für eine Gesellschaft, die die biologische Definition des Geschlechts gegen eine Unzahl von frei wählbaren Geschlechtsidentitäten eingetauscht hat. Noch mehr Aufsehen erregt hierzulande eine weitere Verfassungsänderung, die da lautet: „Jedes Kind hat das Recht auf den Schutz und die Fürsorge, die für seine körperliche, geistige und moralische Entwicklung notwendig sind. Dieses Recht hat Vorrang vor allen anderen Grundrechten, mit Ausnahme des Rechts auf Leben.“ Diese Verfassungsänderung dürfte das von der ungarischen Regierung schon im März angekündigte Verbot der Budapester Pride-Parade verfassungsrechtlich untermauern. Die Ungarn versuchen gar nicht erst, um den heißen Brei zu reden: Ja, bei diesem Verbot handelt es sich um eine Einschränkung der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit.

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Wer nun empört aufschreit, der sei zunächst daran erinnert, dass es in freiheitlich-demokratischen Rechtsstaaten durchaus dazugehört, dass Grundrechte in Ausnahmen und unter bestimmten Bedingungen beschnitten werden. Mit der Errichtung von Bannmeilen um Abtreibungskliniken schränkt Deutschland die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit ebenfalls ein. Mit dem sogenannten Offenbarungsverbot, das es unter Strafe verbietet, das frühere Geschlecht einer Person zu offenbaren, die das Selbstbestimmungsgesetz in Anspruch genommen hat, sehen Juristen das Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten.

Das ungarische Kinderschutz-Verständnis hat einiges für sich

Viele derjenigen, die in Ungarn nun den Rechtsstaat in Gefahr sehen, haben mit Bannmeilen und Offenbarungsverboten keine Probleme. Im Gegenteil: Mit der rechten Begründung – zum Beispiel das, was sie als Persönlichkeitsrechte von Transpersonen definieren, – sehen sie die Einschränkung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung anderer als zulässig an.

In Ungarn lautet die Begründung für die Einschränkung der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit eben Kinderschutz. Das Wohl von Kindern in den Mittelpunkt zu stellen, ist nicht das Dümmste, was ein Staat tun kann. Bereits mit dem Verbot von LGBT-Propaganda und Genderideologie an Schulen hat die ungarische Regierung deutlich gemacht, was sie unter Kinderschutz versteht. Mit Blick auf den rasanten Anstieg von Kindern und Jugendlichen, die sich selbst als „trans“ identifizieren und auch in Deutschland nur allzu leicht auf den Weg medizinisch irreversibler Behandlungen gelenkt werden, hat dieses Verständnis durchaus einiges für sich. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die sich durch Pubertätsblocker, Geschlechtshormone und -operationen haben locken lassen und diese Schritte später bereuen, wächst. Nicht umsonst haben vormals progressive Länder wie Großbritannien, Schweden oder Finnland die Möglichkeit medizinischer Behandlungen für Minderjährige mittlerweile stark eingeschränkt und setzen vermehrt auf Psychotherapie. Rechtspopulistisch ist das nicht, sondern nur vernünftig und biologisch korrekt.

Ob in diesem konkreten Fall ein glattes Verbot einer öffentlichen Demonstration berechtigt ist oder nicht, darüber darf man diskutieren und auch zu unterschiedlichen Ansichten kommen. Grundsätzlich müssen Bürger einer Demokratie es aushalten können, mit Positionen konfrontiert zu werden, denen sie nicht zustimmen. Mit entblößten Genitalien und sexuellen Handlungen müssen sie sich jedoch nicht konfrontieren lassen – und Kinder erst recht nicht. Beides kommt im Umfeld von Pride-Demonstrationen immer wieder vor. In Deutschland beschäftigen sich Strafrecht und Ordnungswidrigkeitengesetz mit solchen Handlungen. Maßnahmen wie ein konsequentes Vorgehen gegen solche Verhaltensweisen, ein Werbeverbot im öffentlichen Raum und der Entzug eventueller Subventionen wären der Mittelweg, um sowohl dem Kinderschutz als auch der Versammlungsfreiheit Genüge zu tun.

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