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Orbán fordert neue Migrationspolitik

Asylanträge sollen künftig in „externen Hotspots“ geprüft werden, so Ungarns Regierungschef vor dem Europaparlament.
Ungarns Premierminister Viktor Orbán
Foto: IMAGO/Nicolas Economou (www.imago-images.de) | „Die EU muss sich wandeln. Davon möchte ich Sie heute überzeugen“, so Viktor Orbán vor dem Europäischen Parlament.

Massive Kritik an der bisherigen EU-Asyl- und Migrationspolitik hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán am Mittwochvormittag im Europäischen Parlament in Straßburg geübt. „Seit Jahren wächst der Migrationsdruck in Europa. Wir müssen die EU-Außengrenzen schützen, damit werden die Interessen der gesamten EU gewahrt“, sagte Orbán bei der Präsentation der Pläne der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft. Orbán forderte „externe Hotspots“, um Asylanträge zu prüfen. Nur so sei die EU vor illegaler Migration zu schützen. „Wir können nur jene in die EU hereinlassen, die vorab eine Erlaubnis erhalten haben.“ Das bisherige EU-Asylsystem funktioniere nicht. Orbán wörtlich: „Illegale Migration führt zu Antisemitismus, Gewalt gegen Frauen und einer wachsenden Homophobie.“

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Der ungarische Regierungschef schlug regelmäßige Gipfeltreffen aller Schengen-Staaten vor und den Vollbeitritt von Bulgarien und Rumänien zum Schengen-System bis Jahresende. Der Schengenraum drohe angesichts der Migrationskrise auseinanderzufallen.

Stärkung der europäischen Verteidigung

„Die EU muss sich wandeln. Davon möchte ich Sie heute überzeugen“, so Viktor Orbán vor dem Europäischen Parlament. Der ungarische Ministerpräsident erinnerte daran, dass er 2011 schon einmal an dieser Stelle die ungarische EU-Ratspräsidentschaft präsentierte. Seine Regierung wolle „ein ehrlicher Makler“ in der EU sein.

Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft wolle sich auf die Stärkung der europäischen Verteidigungsstrategie konzentrieren. Ungarn selbst gebe 2,5 Prozent des BIP für Verteidigung und Verteidigungsindustrie aus, das sei modellhaft für andere EU-Staaten. Zur Erweiterungspolitik der EU plädierte Orbán für einen leistungsbezogenen Fortschritt. Der Westbalkan müsse schneller integriert werden. „Solange Serbien nicht EU-Mitglied ist, wird der Balkan eine unsichere Region sein“, so Orbán.

Scharfe Töne in der Debatte

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warf der ungarischen Regierung in der Debatte Willkür gegenüber europäischen Investoren und Korruption vor. Ebenso kritisierte sie das neue ungarische Visasystem für russische Staatsbürger. Für die christdemokratische EVP-Fraktion warf der CSU-Politiker Manfred Weber Orbán vor, die Ukraine und ihren Freiheitskampf mit keinem Wort erwähnt zu haben. Orbáns Reise zu Putin und Xi Jinping im Juli sei keine Friedensmission gewesen, sondern „eine Propagandashow für Autokraten“. 400.000 Ungarn seien aus Orbáns Land ausgewandert, weil sie genug hätten von der Korruption in ihrem Land.

Noch schärfer wurden die Töne, als die Vertreter der Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken ans Rednerpult traten. Von linker Seite wurde Orbán die Verletzung der „LGBTI-Rechte“ und Korruption vorgeworfen. Die Grenzen zu schließen vor den Flüchtlingen und Migranten sei keine christliche Politik, denn Christentum verlange Barmherzigkeit und Mitleid, meinte die Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion, Iratxe García Pérez. Die deutsche Grüne Terry Reintke warf Orbán sogar vor, sein Land in ein „Hybrid-Regime“ verwandelt zu haben und den Ungarn die Demokratie zu stehlen.  DT/sba

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