Mit deutlicher Mehrheit hat das Europäische Parlament am Donnerstag eine höchst umstrittene Entschließung „zu weltweiten Bedrohungen des Rechts auf Abtreibung“ und der möglichen „Abschaffung des Rechts auf Abtreibung in den USA“ angenommen. Am Donnerstagnachmittag in Straßburg stimmten 364 Europaabgeordnete für den Text, aber nur 154 dagegen, darunter der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten, Manfred Weber.
Christdemokraten gespalten
Die Entschließung postuliert ausdrücklich ein „Recht auf legale und sichere Abtreibung und den Zugang dazu“. Die sogenannte „sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte“ seien „grundlegende Menschenrechte, die geschützt und gestärkt werden sollten und in keiner Weise geschwächt oder verwehrt werden dürfen“, heißt es in dem Text, dem die Fraktionen der Linken, der Sozialdemokraten, der Liberalen und der Grünen geschlossen zustimmten. Die Christdemokraten zeigten sich in ihrem Abstimmungsverhalten gespalten.
Straßburg mahnt Washington
Eine Mehrheit im Europäischen Parlament stimmte dafür, den Obersten Gerichtshof der USA daran zu erinnern, „wie wichtig es ist, den wegweisenden Fall Roe vs. Wade (1973) und den daraus resultierenden Schutz des Rechts auf Abtreibung in den USA aufrechtzuerhalten“. Es müssten „Maßnahmen ergriffen werden, um das Recht auf sichere und legale Abtreibung in den USA zu wahren“, heißt es in dem Text weiter. US-Präsident Joe Biden und seine Regierung werden aufgefordert, „sich weiterhin für das Recht auf Abtreibung einzusetzen“.
Zutiefst besorgt zeigt sich das Europäische Parlament „über die möglichen Folgen für die Rechte der Frau weltweit, sollte der Oberste Gerichtshof der USA das Urteil Roe vs. Wade aufheben“.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten werden in dem nun – nach einer kontroversen Debatte am Mittwochabend – verabschiedeten Text aufgefordert, Organisationen der Zivilgesellschaft in den USA, die sich für Abtreibungen einsetzen, zu unterstützen und sogar finanzielle Hilfen anzubieten. Auch soll „das Recht auf Abtreibung in die Charta der Grundrechte“ der EU aufgenommen werden. Damit schließt sich eine Mehrheit im Europaparlament einer Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron an. DT/sba
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