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Mehr mit Sterben und Tod befassen

Eine Umfrage zeigt, was die Deutschen über das Sterben denken. Sie wollen mehr wissen.
Sterbebegleitung
Foto: Norbert Försterling (dpa) | Zurückgegangen ist die Angst der Menschen, „hilflos der Apparatemedizin ausgeliefert zu sein“. Laut der Erhebung befürchten dies derzeit noch 32 Prozent. 2017 waren es noch 34 Prozent.

Eine signifikante Mehrheit der Menschen in Deutschland wünscht sich eine intensivere Auseinandersetzung mit den Phänomen Sterben und Tod. So lautet eines der zentralen Ergebnisse der vom Deutschen Hospiz- und Palliativverband (DHPV) bei der Forschungsgruppe Wahlen in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage „Sterben in Deutschland – Wissen und Einstellungen zum Sterben“.

Die nach 2012 und 2017 zum dritten Mal durchgeführte repräsentative Befragung wollte von mehr als 1.000 Menschen außerdem wissen, an welchem Ort sie sterben möchten, welche Ängste sie beim Gedanken an das eigene Sterben beschäftigen, für wie sinnvoll sie eine Patientenverfügung erachten oder auch, ob sie wissen, was „Hospiz“ oder „Palliativ“ bedeutet.

Nur 48 Prozent bezeichnen sich als "religiös"

Wichtig zu wissen: Von den Befragten bezeichneten sich lediglich 48 Prozent noch als „religiös“. 50 Prozent bezeichneten sich als Atheisten. 2017 hatten sich noch 52 Prozent der Befragten als religiös bezeichnet, und 2012 waren es sogar noch 59 Prozent. Dennoch sind 60 Prozent der Befragten der Meinung, dass sich die Gesellschaft zu wenig mit Sterben und Tod befasst. Vor fünf Jahren vertraten nur 56 Prozent diese Ansicht, 2012 waren es 58 Prozent. Dagegen blieb die Zahl derer, die der Meinung sind, die Gesellschaft befasse sich „zu viel“ mit „Sterben und Tod“ konstant. 2022 vertraten, wie schon 2017 und 2012 jeweils drei Prozent diese Ansicht.

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Befragt nach dem Ort, an dem sie sterben möchten, gab jeder zweite Befragte an, zu Hause sterben zu wollen. Nur drei Prozent gaben an, stattdessen im Krankenhaus, ein weiteres Prozent, im Pflegeheim sterben zu wollen. „In der Realität sieht das ganz anders aus, da stirbt weit mehr als die Hälfte der Menschen in einer dieser beiden Institutionen“, kommentierte Benno Bolze, Geschäftsführer des DHPV, das Ergebnis bei der Vorstellung der Erhebung vergangene Woche in Berlin.

Zurückgegangen ist dagegen die Angst der Menschen, „hilflos der Apparatemedizin ausgeliefert zu sein“. Laut der Erhebung befürchten dies derzeit noch 32 Prozent. 2017 waren es noch 34 Prozent und zehn Jahre zuvor noch 37 Prozent. Zugleich stieg die Zahl der Befragten, die eigenen Angaben zufolge eine Patientenverfügung besitzen, von 26 Prozent (2012) auf 45 Prozent (2022). Unter den Befragten, die 70 Jahre und älter waren, besaßen 2022 eigenen Angaben zufolge sogar 78 Prozent eine Patientenverfügung. 2012 war dies nur bei 45 Prozent der Befragten der Fall. Auch die Zahl der Befragten, die eigenen Angaben zufolge eine Vorsorgevollmacht erteilten, stieg von 22 Prozent (2012) auf 37 Prozent (2022).

„Das muss uns als Gesellschaft zu denken geben"

Dagegen befürchtet fast jeder dritte Befragte (29 Prozent), am Lebensende „jemandem zur Last zu fallen“. Vor fünf Jahren fürchteten das nur 22 Prozent. „Das muss uns als Gesellschaft zu denken geben, vor allem vor dem Hintergrund der anhaltenden gesellschaftlichen und politischen Diskussionen um die gesetzliche Neuregelung der Suizidbeihilfe“, meint der Vorsitzende des DHVP, der Palliativmediziner Winfried Hardinghaus.
Rückläufig ist dagegen die Angst der Menschen vor Schmerzen am Lebensende. Gaben dies 2012 noch 36 Prozent an, so sank ihre Zahl 2022 auf 32 Prozent. 93 Prozent der Befragten gaben an, schon einmal den Begriff „Hospiz“ gehört zu haben. 75 Prozent konnten seine Bedeutung richtig erklären. Den Begriff „Palliativ“ schon einmal gehört zu haben, gaben 79 Prozent der Befragten an, richtig erklären konnten ihn 58 jedoch nur Prozent. 2012 konnten dies sogar nur 32 Prozent.

Am wenigsten Sorgen bereitet den Deutschen, was nach dem Tode kommt, auch wenn diese einen leichten Anstieg verzeichnet. Angst, „vor der Ungewissheit, was danach kommt“ zu haben, bekundeten zwölf Prozent der Befragten, 2017 waren es neun, 2012 zehn Prozent.

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