In die Aufarbeitung des Corona-Managements zweier Bundesregierungen und der 16 Landesregierungen kommt endlich Bewegung. Am Mittwochnachmittag wird sich der Bundestag mit einem Antrag von CDU/CSU und SPD zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie und den Lehren, die sich daraus für den Umgang mit künftigen Pandemien ziehen lassen, befassen. Die Aussprache (Beginn: 16.30 Uhr) soll 35 Minuten dauern und wird live im Bundestagsfernsehn übertragen.
Im Koalitionsvertrag hatten sich und Union und SPD auf die Einsetzung einer Enquete-Kommission geeinigt. Wie das „Deutsche Ärzteblatt“ unter Berufung auf den Antrag schreibt, soll die Kommission aus 14 Abgeordneten und 14 Sachverständigen bestehen. Dabei senden die Parteien nach einem festen Schlüssel, der die Stärken der Fraktionen im Parlament abbildet, unterschiedlich viele Abgeordnete in die Kommission. Laut dem „Deutschen Ärzteblatt“ wird die Union fünf Abgeordnete in die Kommission entsenden können. AfD und SPD werden jeweils drei, Bündnis 90/Die Grünen zwei und „Die Linke“ einen Abgeordneten entsenden können. Die 14 Sachverständigen sollen „im Einvernehmen der Fraktionen“ in die Kommission berufen werden.
Acht Themenfelder sollen analysiert werden
Glaubt man dem „Deutschen Ärzteblatt“ scheint den Antragstellern an einer Aufarbeitung gelegen zu sein, diesen Namen auch verdient. Auf gleich acht „Themenfeldern“ soll der Blick zunächst zurück gerichtet werden.
Analysiert werden sollen hier:
1. Früherkennung, Risikobewertung und Vorsorge von Pandemien
2. Krisenmanagement und Entscheidungsstrukturen zwischen staatlichen und nicht staatlichen Akteuren auf Bundes-, Landes-, Kommunal- sowie EU-Ebene; Koordinierung zwischen Bund, Ländern und der Ministerpräsidentenkonferenz; „Mechanismen zur Einbindung wissenschaftlicher Expertise" in politische Entscheidungsprozesse.
3. Rechtliche Rahmenbedingungen und parlamentarische Kontrollfunktion; Rolle des Bundestags und Einbindung der Opposition.
4. Analyse der „gesundheitlichen Maßnahmen und deren Auswirkungen“. Dabei sollen die unterschiedlichen Strategien zur Eindämmung der Virusausbreitung analysiert werden, mit besonderem Blick auf die gesellschaftlichen Auswirkungen bei Kindern und Jugendlichen; Leistungs- und Anpassungsfähigkeit des Gesundheitssystems; Impfstoffentwicklung, Beschaffung, Verteilung und Informationskampagne. Eine ähnliche Analyse soll es zur Beschaffung von medizinischen Schutzgütern, Tests, Masken und Beatmungsgeräten geben.
5. Wirtschaftliche und soziale Aspekte: Dabei sollen auch die langfristigen gesundheitlichen, psychischen und sozialen Folgen für Kinder und Jugendliche analysiert werden, ebenso Probleme in Familien sowie Auswirkungen auf das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt; wirtschaftliche Hilfen an Unternehmen und Selbstständige, arbeitsrechtliche Schutzlücken; Auswirkungen auf die Gastronomie, Tourismus, Kulturbranche, Veranstaltungswirtschaft sowie Vereine und Ehrenamt.
6. Krisenresilienz: Dabei geht es um die krisenfeste Finanzierung öffentlicher Aufgaben und sozialer Sicherungssysteme.
7. Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit: Hier sollen die „Kommunikationsstrategien staatlicher und wissenschaftlicher Akteure in den Blick genommen werden.
8. Internationale Zusammenarbeit auf EU-Ebene sowie internationale Vergleiche.
Empfehlungen für die Zukunft werden auf sechs Themenfeldern erwünscht
Der Blick nach vorn soll sechs Themenfelder umfassen. Hier soll die Kommission Empfehlungen und Strategien für Prävention, Krisenbekämpfung und internationaler Kooperation erarbeiten. Diskutiert werden sollen anpassungsfähige nationale Krisenpläne, Kapazitäten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Lieferketten und „Fragen der globalen Pandemieprävention“. Auch die „Effektivierung des Krisenmanagements" sowie die notwendige „sachgerechte und leistungsfähige Datenerhebung, -speicherung und -auswertung sollen behandelt werden.
Ferner soll es Empfehlungen zur wissenschaftsorientierten Politikberatung und den Forschungskapazitäten geben sowie zur Optimierung der Krisenkommunikation. Last but not least soll das Gremium Empfehlungen zur „sektoralen und gesamtgesellschaftlichen Resilienz“ erarbeiten. In den Blick genommen werden sollen hier insbesondere die Resilienz des Gesundheitssystems, der Wirtschaft sowie die Sicherung von kritischen Infrastrukturen.
Ihren Abschlussbericht soll Enquete-Kommission, die grundsätzlich in nicht-öffentlichen Sitzungen tagen soll, bis Mitte 2027 vorlegen. DT/reh
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