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Friedrich der Grübler – „Elder Statesman“ statt Kanzlerkandidat?

Eigentlich läuft es für Friedrich Merz gerade so gut wie schon lange nicht mehr. Doch mit Blick auf eine mögliche Kanzlerkandidatur zaudert der CDU-Chef.
Im Hinblick auf die Kanzlerkandidatur zeigt sich Friedrich Merz beinahe demütig.
Foto: Peter Kneffel (dpa) | Im Hinblick auf die Kanzlerkandidatur zeigt sich Friedrich Merz beinahe demütig.

„Bescheidenheit ist eine Zier doch weiter kommt man ohne ihr“, dichtete einst Wilhelm Busch. Nun kannte dieser nicht die Kanzlerkandidaten-Auslese in der Union, aber bisher war es gute Tradition, dass die schwarzen Aspiranten diesen Vers durchaus beherzigten. Man denke nur an den Kampf Laschet/Söder. Ausgerechnet Friedrich Merz durchbricht nun diese Regel. Der alte weiße Mann der deutschen Politik, so wird er zumindest von seinen Gegnern von den Grünen bis hin zu Saskia Esken gerne karikiert, gibt sich nun nachdenklich. Von „großer Demut“ mit Blick auf das Amt spricht er. Gibt zu bedenken, dass er ja bald schon 70 werde und ob er noch für die junge Generation sprechen könne. Und überhaupt, natürlich habe auch die Familie ein gewichtiges Wort mitzureden.

Brückenbauer statt Egomane

Wird das Rauhbein nun zum Lämmchen? Der Hang zur Selbstreflexion war bisher nicht unbedingt die Eigenschaft, die man zuerst mit Merz in Verbindung gebracht hätte. Das gilt sowohl für seine ausgewiesenen Anhänger wie Gegner. Die Einen wollen immer mehr klare Kante, den Anderen ist er zu kantig. Wenn man aber genau hingeschaut hat, konnte man schon früher sehen, dass Merz kein Egomane ist. Auch der Sauerländer will geliebt werden. Nachdem er den Parteivorsitz übernommen hatte, folgte kein rigoroser Personalaustausch in der Parteizentrale; stattdessen der Versuch, Brücken zu bauen.

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Als Wolfgang Schäuble am Dienstag gestorben ist, hat Merz deutlich gemacht wie sehr er seinen Freund als Mentor und Ratgeber geschätzt hat. Schäuble hatte am Schluss seiner politischen Karriere, auch wenn er nicht Bundespräsident geworden ist, längst seinen Platz im präsidialen Olymp eingenommen. Das kam auch immer wieder seiner Partei zugute. Zuletzt im Streit zwischen Armin Laschet und Markus Söder. Nur Schäuble konnte dank seiner Autorität ein Machtwort sprechen, das von allen Flügeln akzeptiert wurde.

Hat Merz erkannt, dass nun der Union so ein präsidialer Übervater fehlt? Und hat er vielleicht Ambitionen, diese Rolle zu übernehmen? Auch seine nachdenklichen Bemerkungen jetzt waren schon mit Mahnungen an andere Kandidaten verbunden, nicht vorzupreschen. Vielleicht denkt Merz, dass so eine Position ihm letztlich dauerhaft mehr Einfluss sichert als eine Kanzlerkandidatur? Es wäre eine interessante Taktik. Vielleicht ist es aber auch tatsächlich Demut.   

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