Donald Trump hat auf seiner Online-Plattform „Truth Social“ Aussagen der anglikanischen Bischöfin Mariann Edgar Budde zurückgewiesen, die den neuen Präsidenten in der Predigt zum Amtsantritts-Gottesdienst um Erbarmen für Migranten und sexuelle Minderheiten gebeten hatte. Wörtlich schrieb er: „Sie ist nicht sehr gut in ihrer Arbeit! Sie und ihre Kirche schulden der Öffentlichkeit eine Entschuldigung“ und warf Budde vor, eine Trump-Hasserin zu sein. Ihr Tonfall sei „fies“ gewesen, ihre Aussagen „unangemessen“ und der Gottesdienst „sehr langweilig und uninspiriert,“ so Trump.
Die anglikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde hatte den neuen US-Präsidenten Donald Trump beim traditionellen Gebetsgottesdienst zu dessen Amtsübernahme am Dienstag in der National Cathedral unter anderem um Erbarmen „mit denjenigen in unseren Gemeinden“ gebeten, „deren Kinder Angst haben, dass ihnen ihre Eltern weggenommen werden“, berichtete die katholische Nachrichtenagentur (KNA) am Mittwochmorgen. Unter Bezugnahme auf illegale Einwanderer habe sie erklärt, dass diese Menschen zwar illegal in den Vereinigten Staaten wohnten, aber Steuern zahlten und „treue Mitglieder unserer Kirchen und Moscheen, Synagogen und Tempel“ seien. Gott lehre die Menschen, gegenüber Fremden barmherzig zu sein.
Daneben sprang sie für sexuelle Minderheiten in die Bresche. Diese würden um ihr Leben fürchten. „Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie, haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben“, appellierte die Bischöfin in ihrer Predigt an Trump. Auch in republikanischen Familien fürchteten nun „schwule, lesbische und trans Kinder“ um ihr Leben.
Trump und Vance als Moses und Aaron
Bereits bei der Amtseinführung Trumps am Montag hatten, wie bei Amtseinführungen in den USA üblich, geladene Geistliche verschiedener christlicher Konfessionen wie auch ein Rabbi gesprochen und für Trump gebetet, darunter auch der New Yorker Kardinal Timothy Dolan und der katholische Priester Frank Mann. Während Dolan in einem kurzen Gebet um Segen für den scheidenden Präsidenten Joe Biden und Weisheit für seinen Nachfolger Donald Trump bat, verlieh Mann in einem längeren Gebet einer gewissen Parteilichkeit Ausdruck, als er an Trumps verstorbene Eltern erinnerte, ohne die „dieser Tag nie das Wunder hätte sein können, das gerade begonnen hat“. Mann bat auch, seine verstorbenen Eltern mögen „von ihrem Platz im Himmel aus ihren Sohn vor allem Unheil bewahren durch ihren liebenden Schutz und ihm die Stärke geben, unsere Nation auf den Weg zu führen, der Amerika wieder großartig machen wird“. Die Amtsübernahme beschrieb der Brooklyner Ruhestandspriester, der mit einem Trump-Zitat schloss, als „Wendepunkt“ der Geschichte.
Noch expliziter positiv zur Person Trumps sprach der evangelikale Pastor Franklin Graham III., der Gott gleich zu Beginn für „das, was er getan hat“ lobte, offensichtlich die Wahl Trumps meinend. „Mit der erneuten Vereidigung von Donald Trump sagen wir Danke, oh Herr unser Gott“, fuhr Graham fort. „Als seine Feinde dachten, er wäre am Boden und ausgeschaltet, rettetest du sein Leben und richtetest ihn mit Stärke und Macht durch deine mächtige Hand auf“, so Graham in Anspielung auf das Attentat auf Trump während des Wahlkampfes. Der Pastor dankte Gott auch für die „Schönheit, Wärme und Gnade“, die Trumps Frau Melania nicht nur der Nation, sondern der ganzen Welt zeige. Trumps Vizepräsident J.D. Vance möge Trump stützen „wie Aaron, der die Arme Moses im Kampf nach oben hielt“. „Wir wissen, dass Amerika nie mehr großartig sein kann“, wiederholte auch Graham Trumps Wahlslogan, „wenn wir dir unseren Rücken zuwenden“.
Der Detroiter Pastor Lorenzo Sewell wiederum dankte in seinem Gebet Gott für das „Millimeter-Wunder“ – die Kugel, die im Sommer auf Trump abgefeuert worden war, hatte seinen Schädel nur äußerst knapp verpasst. Rabbi Ari Berman bat Gott, die Nation in ihren „biblischen Gründungswerten Leben und Freiheit, Dienst und Opfer“ zu vereinen. In Anlehnung an den Geisel- bzw. Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hamas bat Berman, Gott möge den Schrei der amerikanischen und israelischen Geiseln hören, „deren Schmerz unser Präsident so stark fühlt“.
Stetter-Karp will nicht verhandeln
Die Reaktionen auf Trumps Amtsantritt in Deutschland fielen negativ aus. Der Eichstätter Dogmatiker und USA-Experte Benjamin Dahlke kritisierte laut einem Bericht der katholischen Nachrichtenagentur (KNA) die religiösen Narrative bei der Amtseinführung von Trump „Als Theologe frage ich mich, wie man auf eine solche Weise vom Handeln Gottes in der Geschichte sprechen kann.“ Politische Entwicklungen umstandslos mit Gottes Handeln zu identifizieren, sei gefährlich in einer liberalen Demokratie, die von wechselnden Mehrheiten lebe, sagte er.
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp sagte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Begriffe Menschenwürde, Gerechtigkeit sowie eine wertebasierte Weltordnung seien in Trumps DNA nicht verankert. Auf dieser Basis werde man nicht mit ihm verhandeln können. Wie die KNA berichtet, nannte sie Trump den „neuen Sonnenkönig“. Mit Blick auf die Begnadigung von rund 1.500 Menschen, die im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 angeklagt wurden, sagte sie, er demonstriere seine Macht und kalkuliere, „dass er die unumschränkte Staatsgewalt bei sich verortet“.
Washingtoner Kardinal mahnt Gespür für Würde an
Noch an seinem ersten Amtstag hatte Trump Fakten geschaffen: Zu seinen bereits getroffenen Entscheidungen zählen unter anderem Razzien unter dem Namen „Operation Safeguard“ gegen irreguläre Migration, und die Ankündigung, an der Grenze zu Mexiko einen nationalen Notstand ausrufen zu wollen. Trump erklärte, „den Prozess der Rückführung von Millionen und Abermillionen krimineller Ausländer zurück an die Orte [zu] starten, von denen sie gekommen sind“. Per Dekret legte Trump auch fest, dass die amerikanische Bundesregierung künftig nur noch zwei Geschlechter anerkennt. Der Begriff „gender“ soll aus offiziellen Dokumenten gestrichen und durch „sex“ ersetzt werden. Papiere wie Pässe oder Visa müssen ab sofort das biologische Geschlecht korrekt wiedergeben.
Zur erwarteten Migrationspolitik hatte vor zwei Wochen bereits der neue Erzbischof von Washington, Kardinal Robert McElroy, gegenüber dem US-Internetportal „Crux“ erklärt, die Kirche lehre, dass ein Land zwar das Recht habe, Grenzen zu kontrollieren, doch „ein Gespür für die Würde eines jeden Menschen“ sei trotzdem notwendig. Er hatte alle Katholiken zum Gebet für die neue Regierung aufgerufen.
Der französische USA-Experte Jacob Maillet hatte Kritikern in einem Bericht von „Vatican news“ die Anrufung der Justiz empfohlen. Bereits in Trumps erster Amtszeit hatten Bundesgerichte Erlasse des Präsidenten zurückgewiesen. Die Demokraten hätten auch dieses Mal wieder Klagen eingereicht, „um sich den Maßnahmen der Trump-Regierung zu widersetzen. In der Vergangenheit war das ziemlich effektiv“. (DT/dsc/jra)
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