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Europa muss den Informations-Krieg gegen Putin gewinnen

Warnungen vor dem Kremlchef hat es von Anfang an gegeben, aber erst jetzt zieht der Westen Konsequenzen aus seinen Einsichten.
Russlands Informationskrieg
Foto: Fernando Gutierrez-Juarez (dpa-Zentralbild) | Seit 2014 ist nicht nur in Redaktionsstuben und bei Russland-Kennern glasklar, dass der Kreml durch Internet-Trolle und Propagandasender wie Russia Today (RT) und Sputnik seine Propaganda-Lügen in der Welt verbreitet.

Wie konnten so viele in Europa so lange gegenüber Wladimir Putin derart naiv sein? So fragen sich jetzt viele Menschen und Medien. Warnungen und Mahnungen jedoch gab es frühzeitig und reichlich. Als der vormalige KGB-Agent 1999 zunächst Regierungschef und dann 2000 Präsident der Russischen Föderation wurde, fehlte es nicht an hellsichtigen Analysen und treffsicheren Warnungen.

Unternommen hat man nichts

Ab 2006 warnten nicht nur journalistische Analysen und Kommentare, sondern auch offizielle Dokumente der EU-Kommission wie des Europäischen Parlaments davor, dass Putin den Westen mit Gas und Öl erpresse. Europa müsse seine Energieversorgung diversifizieren und mittelfristig unabhängig werden von russischem Gas und Öl, hieß es jahrelang. Unternommen wurde jedoch nichts.

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Seit 2014 ist nicht nur in Redaktionsstuben und bei Russland-Kennern glasklar, dass der Kreml durch Internet-Trolle und Propagandasender wie Russia Today (RT) und Sputnik seine Propaganda-Lügen in der Welt verbreitet, links- wie rechtsextreme Parteien in Europa instrumentalisiert, sich mit viel Geld wohlmeinende (Ex-)Politiker sowie Parteien im Westen hält. Dass Putin systematisch daran arbeitet, die europäischen Staaten und Gesellschaften zu spalten, die Werte demokratischer Rechtsstaaten zu diskreditieren und Wahlen in seinem Sinn zu manipulieren – all das war bekannt und ist dokumentiert. Unternommen wurde dagegen nichts.

„Der Kreml lügt systematisch“

Jetzt erst, seit in der Ukraine das Blut unschuldiger Menschen fließt und der russische Despot den Nachbarstaat zu zerschlagen versucht, lässt das vereinte Europa seinen Erkenntnissen und Einsichten auch konkrete Taten folgen. Jetzt erst wagt man, sich aus der bisher allzu bequemen Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu lösen. Jetzt erst dreht man der Lügen-Presse des Kreml die Lizenzen ab. Jetzt erst bekennt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell öffentlich, dass die russische Propagandamaschine mit Fake News und Lügen den Krieg Putins gegen die Ukraine flankiert. „Der Kreml lügt systematisch über die Kriegssituation“, sagt Borrell, wissend, dass der Kreml bereits seit vielen Jahren lügt.

Die freien Gesellschaften wehren sich – und müssen sich wehren – gegen die Desinformationsmaschine des Kreml. Aber sie müssen auch den Bürgern Russlands helfen, an authentische Informationen zu gelangen. Wladimir Putin hat die Presse- und Medienfreiheit in seinem Land beendet – nicht nur für ausländische, sondern auch für alle russischen Medien. Er beraubt die eigenen Bürger der Wahrheit, weil die Wahrheit mit seinem Krieg wie mit seiner Herrschaftsform nicht kompatibel ist. „Putin möchte, dass sein eigenes Land blind und taub ist“, urteilt die EU-Kommission. Sie muss jetzt alle Möglichkeiten der modernen Technik nutzen, damit die Bürger der Russischen Föderation klar sehen und deutlich hören können. Die Menschen in Russland haben es verdient.

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Stephan Baier Europäische Kommission Russlands Krieg gegen die Ukraine Russische Regierung Wladimir Wladimirowitsch Putin

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