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Europäisches Parlament: Leihmutterschaft ist Menschenhandel

Das EU-Parlament nimmt einen Entwurf an, der auch Leihmutterschaft zum Menschenhandel erklärt.
EU-Parlament nimmt einen Entwurf an, der auch Leihmutterschaft zum Menschenhandel erklärt.
Foto: AndreyPopov via www.imago-images.de (www.imago-images.de)

Ein wichtiger Schritt in Richtung eines EU-weiten Verbots der Leihmutterschaft: Das EU-Parlament hat einen Entwurf zur Überarbeitung der „Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer“ angenommen, der Leihmutterschaft in der Liste der Verbrechen in Zusammenhang mit Menschenhandel aufführt. Der Text wurde letzte Woche vom Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter und dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres angenommen.

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Die Aufnahme der Leihmutterschaft in die Liste der Verbrechen des Menschenhandels geht auf einen Antrag des französischen „Républicains“-Abgeordneten Francois-Xavier Bellamy zurück. „Dies ist ein sehr wichtiger Schritt in Richtung wirksamer Schutz der Schwächsten und gegen die Vermarktung von menschlichen Körpern“, erklärte Bellamy, der sich erfreut zeigte, dass sein Antrag von Abgeordneten verschiedener politischer Lager angenommen wurde. Laut der neuen Richtlinie könne Menschenhandel auch dann gegeben sein, wenn das Opfer – wie meist in Fällen der Leihmutterschaft – nicht gezwungen werde, eine Bezahlung erhalte und keiner Gewalt ausgesetzt sei, heißt es in der Pressemittelung aus Bellamys Büro.

Spaniens Sozialisten für Verbot von Leihmutterschaft

Die beiden beteiligten Kommissionen haben ein sogenanntes interinstitutionelles Verhandlungsmandat beschlossen. Damit liegt der Text als Position des EU-Parlaments nun dem Rat der Europäischen Union vor, der mit den Europäischen Kommission und den Berichterstattern des Parlaments in Verhandlung treten wird. Ob ein Verbot der Leihmutterschaft auf diesem Weg in die Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels aufgenommen werden wird? Bis Ende 2023 hat Spanien die EU-Ratspräsidentschaft inne. „Für die spanischen Sozialisten ist das Verbot der Leihmutterschaft eine Priorität“, erklärt eine Quelle aus dem EU-Parlament, die anonym bleiben möchte, gegenüber der „Tagespost“. „Daher können wir sicher sein, dass sie den Text des EU-Parlaments noch während der spanischen Ratspräsidentschaft bestätigen lassen werden, wahrscheinlich noch vor Weihnachten.“ Sollte der Text nicht vor den Wahlen zum EU-Parlament im Juni 2024 durch den EU-Rat bestätigt werden, würde das gesamte Verfahren von vorne beginnen.

Das EU-Parlament schätzt, dass in Europa jedes Jahr mindestens 7.000 Personen Opfer des Menschenhandels werden. Die durch die beiden Ausschüsse angenommenen Vorschläge würden den Strafverfolgungsbehörden der EU neue Instrumente zur Zerschlagung krimineller Organisationen an die Hand geben. Auch sollen Zwangsheirat und illegale Adoption in die Liste der Verbrechen aufgenommen werden.

"Menschenhandel hat im 21. Jahrhundert keinen Platz"

Bereits im September hat das Europäische Parlament EU-weite Leitlinien im Kampf gegen die Prostitution gefordert. Die Mitberichterstatterin des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Malin Björk (Die Linke, Schweden), kommentierte den Entschluss des Ausschusses: „Menschenhandel hat im 21. Jahrhundert keinen Platz. Die meisten Opfer in Europa sind Frauen und Mädchen, die gekauft und verkauft werden, um von der Prostitutionsindustrie in Europa missbraucht zu werden. Das Parlament hat heute eine starke Position gegen dieses Verbrechen eingenommen und dazu aufgerufen, den Kauf von Sex mit Opfern von Menschenhandel unter Strafe zu stellen, um die Rechte und die Unterstützung der Opfer zu stärken. Dies ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Menschenhandel. Ich hoffe nun, dass die Mitgliedstaaten diese Gesetzgebung unterstützen werden.“

Ende 2022 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur grenzüberschreitenden Anerkennung der Elternschaft vorgelegt. Damit würde auch der Weg zur Anerkennung von Leihmutterschaft und gleichgeschlechtlicher Ehe durch alle EU-Staaten freigemacht. Ein entsprechender Entschluss müsste einstimmig im EU-Rat gefällt werden. Mehrere Mitgliedstaaten haben sich jedoch bereits dagegen ausgesprochen.

Der Präsident der Föderation der katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE), Vincenzo Bassi, kommentierte die Entscheidung wie folgt: „Wir begrüßen die Entscheidung des Europäischen Parlaments von dieser Woche, mit der die Leihmutterschaft endlich als Verbrechen des Menschenhandels anerkannt wird. Außerdem wird die Leihmutterschaft nun zusammen mit Verbrechen wie Sklaverei, Zwangsheirat, illegale Adoption oder Ausbeutung von Kindern betrachtet. Die Leihmutterschaft verletzt die Menschenwürde - sowohl die des Kindes als auch die der Mutter - und ist eine Form der Ausbeutung, die sich gegen die Schwächsten richtet.“ In Deutschland gehört der Familienbund der Katholiken zur FAFCE.  DT/fha

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