Kurz vor Jahresende hat Puerto Ricos Gouverneurin Jenniffer González Colón zwei Gesetze unterzeichnet, die den Schutz ungeborenen Lebens im Zivil- und Strafrecht neu definieren. Der Senatsentwurf PS 504, eingebracht vom Senatspräsidenten Thomas Rivera Schatz (Partido Nuevo Progresista, PNP), ändert nun drei Artikel des Zivilgesetzbuchs. Künftig gilt laut Gesetz „jeder Mensch als natürliche Person“, ausdrücklich „einschließlich des im Mutterleib gezeugten Menschen in jedem Stadium der Schwangerschaft“. Damit wird der „Nasciturus“ – das ungeborene Kind – vom Zeitpunkt der Empfängnis an für zivilrechtliche Zwecke als natürliche Person anerkannt, sofern die Bestimmung zu seinen Gunsten wirkt.
Gegen PS 504 regte sich Widerstand. Juristen und Bürgerrechtsgruppen sprachen von einem möglichen Eingriff in Frauenrechte. Mehr als 300 Ärzte warnten in einem offenen Brief, das Gesetz könne lebenswichtige Entscheidungen im Notfall erschweren – etwa bei Eileiterschwangerschaften, schweren Blutungen oder Plazentakomplikationen. Kritiker befürchten, dass Dritte künftig versuchen könnten, das Ungeborene rechtlich zu vertreten und so notwendige medizinische Eingriffe verzögern.
Auch US-Lebensrechtsorganisationen begrüßen die Gesetze
Befürworter sehen in dem Schritt dagegen ein Bekenntnis zum Lebensschutz. Rivera Schatz dankte der Gouverneurin für die „Stärkung der Rechte des Ungeborenen“. Auch das „National Right to Life Committee“ in Washington sprach von einem Meilenstein: Puerto Rico habe „die angeborene Würde und Persönlichkeit des Ungeborenen rechtlich anerkannt“ und das Zivilrecht an die „biologische Realität angepasst, dass menschliches Leben mit der Befruchtung beginnt.“
Juristisch entfaltet der neue Status Wirkung vor allem bei Erbfragen, Versicherungen sowie möglichen Haftungs- und Schadenersatzfällen sowie bei der gerichtlichen Vertretung des Ungeborenen. Eine Schutzklausel betont jedoch, dass die Anerkennung günstiger Rechte nicht die Befugnis der Frau einschränke, „über ihre Schwangerschaft“ im Rahmen der geltenden Gesetze „zu entscheiden“. Das Abtreibungsrecht bleibt weiterhin Gegenstand der strafrechtlichen Regelungen.
Keine Zustimmung US-amerikanischer Instanzen notwendig
Parallel unterzeichnete González den Senatsentwurf PS 3, das sogenannte „Keishla-Madlane“-Gesetz. Es erklärt die Tötung einer schwangeren Frau, die auch zum Tod des ungeborenen Kindes führt, zum Mord ersten Grades. Ebenso gilt als Mord, wenn gezielt der Tod des ungeborenen Kindes herbeigeführt wird – auch wenn die Mutter überlebt. Eine Auslegungsklausel schließt „legale“ Abtreibungen mit Zustimmung der Frau davon ausdrücklich aus. Die puerto-ricanische Rechtshilfe warnte dennoch vor „symbolischer Kriminalpolitik“ und künftigen Auslegungskonflikten. „Diese beiden Maßnahmen sollen den Wert des menschlichen Lebens in jedem Stadium und unter allen Umständen verankern“, erklärte Lizy Rodríguez Veve, Mitverfasserin beider Gesetze. Die Abgeordnete sprach von einem „historischen Erfolg“ ihrer Arbeit.
Puerto Rico benötigt für solche Gesetze keine Zustimmung US-amerikanischer Instanzen. Als nichtinkorporiertes US-Außengebiet („Commonwealth of Puerto Rico“) besitzt es eigene Gesetzgebungskompetenz. Gleichwohl können die neuen Bestimmungen vor Bundesgerichten angefochten werden – oder durch übergeordnete US-Rechtsprechung begrenzt werden.
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