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Kardinal Hollerichs mutige Worte

Die Warnung des Luxemburger Kardinals, ein „Recht" auf Abtreibung in die Verfassung aufzunehmen, zeigt: Man kann kirchenpolitisch progressiv sein, ohne den moralischen Kompass zu verlieren.
Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich
Foto: IMAGO/ALESSIA GIULIANI (www.imago-images.de) | Der Luxemburger Erzbischof Kardinal Hollerich gab zu Protokoll, es wäre „ein trauriger Tag in der Luxemburger Geschichte“, wenn diese Verfassungsänderung zustande käme, die ein „Recht" auf Abtreibung festschreiben würde.

Nach Frankreich könnte Luxemburg das weltweit zweite Land werden, das ein „Recht“ auf Abtreibung in die Verfassung setzt. Seit Wochen liegt ein entsprechender Entwurf für eine Verfassungsrevision vor. „Das Recht auf freiwilligen Schwangerschaftsabbruch und das Recht auf Empfängnisverhütung sind garantiert. Das Gesetz regelt die Bedingungen, unter denen diese Rechte frei und wirksam ausgeübt werden“, soll der Zusatz zu Artikel 15 der Verfassung lauten.

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Ziel der Aktion ist klar: Der – in Luxemburg bereits durch Gesetze ausreichend garantierte – Zugang zu Abtreibungen soll der Verfügungsgewalt zukünftiger, möglicherweise konservativerer, Koalitionen entzogen werden. Leider hat sich auch der Premierminister Luc Frieden aus der Christlich-Sozialen Volkspartei für die Verfassungsänderung ausgesprochen.

Deutliche Worte, die man aus kirchlichen Kreisen selten hört

Zu denjenigen, die hingegen öffentlich vor dieser Revision warnen, gehört der Luxemburger Erzbischof Kardinal Hollerich, der zu Protokoll gab, es wäre „ein trauriger Tag in der Luxemburger Geschichte“, wenn diese Verfassungsänderung zustande käme. Deutliche Worte, die man aus kirchlichen Kreisen selten hört und ein gutes Beispiel dafür, dass man kirchenpolitisch progressiv sein kann, ohne deswegen in Bezug auf die unveräußerliche Menschenwürde den moralischen Kompass zu verlieren.

Der spanische Regierungschef hat ebenfalls angekündigt, ein „Abtreibungsrecht“ in die Verfassung aufnehmen zu wollen. Auch in Deutschland und auf EU-Ebene sind politische Kräfte ununterbrochen am Werk, den Zugang zu Abtreibungen zu einem Menschenrecht umzudefinieren. Es bleibt bei dem, was Mutter Teresa sagte: „Jedes Land, das Abtreibung akzeptiert, lehrt sein Volk nicht zu lieben, sondern zur Gewalt zu greifen, um zu bekommen, was man wünscht. Das ist der Grund, warum Abtreibung der größte Zerstörer der Liebe und des Friedens ist.“

Wenn es kirchliche Aufgabe ist, die Zeichen der Zeit zu lesen, dann ist dies für alle Christen ein dringender Appell: Innerkirchliche Streitigkeiten und Nebenschauplätze beiseitezulassen und das Unrecht der Abtreibung zu bekämpfen, das Frauen, Kindern und Familien so entsetzliche Verletzungen hinzufügt.

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