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„Es braucht den christlichen ,Marsch durch die Institutionen´“

Das „Tagespost Online Forum“ stand ganz im Zeichen der neuen Ampel-Koalition. Der Politik-Ressortleiter Sebastian Sasse analysierte und kritisierte das Regierungsprogramm und erklärte, wieso Christen aktivistischer werden sollten.
Zukunft der Union
Foto: Michael Kappeler (dpa) | Wie geht es indessen mit der Union weiter? Sebastian Sasse analysiert, dass sie sich inhaltlich und intellektuell neu aufstellen müsste.

Das Programm der Ampel-Parteien stellt eine Zäsur da: Christen müssen sich auf Brüche in der Familienpolitik, im Lebensschutz und in der Gesellschaftspolitik allgemein einstellen. Der Politik-Ressortleiter der Tagespost, Sebastian Sasse, hat diese Bereiche als das „ideologische Herdfeuer“ der neuen Koalition bezeichnet. Um ein Herdfeuer anderer Art versammelten sich am Donnerstag per Zoom um die 50 Leser der Tagespost. Beim „Tagespost Online Forum“ nahm Sebastian Sasse die Inhalte und Akteure der just vereidigten Regierung kritisch unter die Lupe. 

Weltanschauliche Hintergründe verschleiern

Die Stärke dieser Koalition sei, so Sasse, dass sie sich der Macht der Begriffe bewusst sei. Sie wüssten Schlagwörter wie „Fortschritt“ positiv zu verkaufen. Olaf Scholz habe etwa von einer „nachholenden Modernisierung“ gesprochen, die die Koalition durchführen möchte. Damit wolle sie der „Lebenswirklichkeit“ der Bevölkerung gerecht werden. Das suggeriere Pragmatismus. Doch ist diese Koalition wirklich so pragmatisch, wie sie tue, fragte der Journalist? Für Sasse ist klar, dass sie weltanschauliche Hintergründe verschleiern möchte. Doch nicht jeder der Hauptprotagonisten - das sind für Sasse Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner – plane einen „Umbau der Gesellschaft“. 

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Die ideologischen Treiber in dieser Koalition sind für Sasse die Grünen. In dem promovierten Philosophen Habeck sieht er einen „lächelnden Revoluzzer“, der es schaffe, seine Strategie der Öffentlichkeit zu verkaufen, indem er unterstelle, er setze nur das um, was die gesellschaftliche Mehrheit möchte. Scholz und Lindner seien eher Taktiker, denen ein „Endziel“ fehle. Dabei sei der Bundeskanzler am schwersten einzuschätzen. Zwar gebe sich Scholz „hanseatisch“, nüchtern. Wenn man die letzten 30 Jahre seiner politischen Aktivität verfolge, zeige sich aber, dass er sich stets dem jeweiligen Zeitgeist angepasst habe. Christian Lindner wiederum wolle sich, so Sasse, von der Union abgrenzen und die eigene Kraft der FDP herausstellen.  

Dass allerdings nur Harmonie und Eintracht bei den Koalitionspartnern herrschten, stimme nicht. Bruchstellen seien etwa in der Außen-, der Klima- und der Migrationspolitik zu erkennen.  Umso größeren Stellenwert bekomme die Gesellschaftspolitik als "ideologisches Herdfeuer", um das sich die Koalitionsparteien versammeln könnten.

Was ist von der Opposition zu erwarten?

Und was ist von der Opposition zu erwarten? Sebastian Sasse analysiert, dass sie sich inhaltlich und intellektuell neu aufstellen müsste. Denn sie habe in den letzten Jahren verschlafen, ihren geistigen Überbau herauszustellen. Schließlich mangele es ihr an Intellektualität wie auch der Fähigkeit, mitreißende Kampagnen aufzustellen.

Leider fielen die Kirchen in Deutschland nach Ansicht Sasses als Resonanzraum für eine kritische Auseinandersetzung mit der Ampel aus, denn sie seien viel zu sehr mit internen Strukturdebatten beschäftigt. Gleichwohl könne aber von Christen in der Gesellschaft eine Aktivität ausgehen. Nötig wäre langfristig ein „Marsch durch die Institutionen“. Es brauche christliche „Graswurzelbewegungen“.

Anschließend an den Vortrag hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Debattiert wurde hier vor allen Dingen, wie denn solche Aktivitäten von Christen aussehen könnten.

Das „Tagespost Online Forum“ ist eine regelmäßige Veranstaltung, die von der Tagespost Stiftung für katholische Publizistik organisiert wird. Wenn Sie über die Arbeit der Stiftung künftig informiert werden möchten, können Sie sich unter info@dietagespoststiftung.org melden.  DT/esu

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