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Ein Merz für die Frauen

Die Unterstützer der Frauenquote geben sich fortschrittlich und feministisch. Doch der jungen weiblichen Generation geht es um politische Teilhabe – und Prinzipien. Ein Kommentar.
Christina Stumpp, neugewählte stellvertretende CDU Generalsekretärin, steht neben Friedrich Merz
Foto: Michael Kappeler (dpa) | Christina Stumpp, neugewählte stellvertretende CDU Generalsekretärin, steht neben Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender, beim CDU Bundesparteitag.

Wie nennt man es nochmal, wenn Männer Frauen erzählen, was für sie gut ist? Es waren zwar nicht nur Männer, die sich am Freitag beim Parteitag der CDU in Hannover dafür aussprachen, schrittweise eine Frauenquote in der CDU einzuführen. Aber eben auch: Die politischen Schwergewichte Günther, Wüst und schließlich der Parteivorsitzende Friedrich Merz sprangen nach bester Kavaliersart für die Frauen in der CDU in die Bresche. Mit Erfolg.

Viele Frauen wollen keine Quote

Dabei wollen viele Frauen keine Quote. Einmal, weil sie Feminismus und politische Teilhabe von Frauen konkret verstehen, weil sie direkt betroffen sind. Sie haben Zugang zu den Ämtern. Frauen müssen heute nicht mehr beweisen, dass sie Männern das Wasser reichen können. Oft ist es sogar umgekehrt. Benachteiligt sind Frauen also nicht in ihren Chancen, sondern dadurch, dass ihre Lebensentwürfe heute Familie und Berufstätigkeit einschließen. „Geben Sie mir nicht noch mehr Ämter“, so Freya von Kerssenbrock bei der Debatte gestern. Ihre Herausforderungen sind die einer Frau, die scheinbar zu viele Möglichkeiten hat. „Mir geht es darum, wer am Mittag meine Kinder von der Kita abholt.“ 

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Mentoring-Programme, Digitalisierung von Meetings zu Zeiten, die Eltern wahrnehmen können – das ist, was die Frauen heute verlangen. Und so ist es vielleicht kein Wunder, dass die Frauen, die sich heute für die Quote einsetzen, tendenziell über 50 sind. Sie müssen sich keine Gedanken mehr um eine junge Familie machen. Frauenherzen stiehlt man heute nicht mehr mit Quoten, außer man steht auf Ältere.

Junge Frauen wissen, dass sie Politik machen können

Die Gegnerinnen und Gegner der Frauenquote plädierten außerdem für mehr politischen Einsatz für Themen, die Frauen ansprechen. Elternpausen, finanzielle Unterstützung für Familien. Auch die Frage, wie Väter besser in die Verantwortung genommen werden können, um Mütter zu unterstützen. 

Junge Frauen wissen, dass sie Politik machen können. Angesichts der wirtschaftlichen Lage wird es auch für sie immer schwieriger, Beruf, Familie und politisches Engagement unter einen Hut zu bringen. Sie müssen sich nicht von Daniel Günther sagen lassen, dass Frauen ,anders‘ sind als Männer und mehr Rückenwind von männlichen Kollegen und deshalb die Frauenquote brauchen. Und wenn Julia Klöckner erzählt, dass sie dreimal von der CDU gebeten werden musste, ein politisches Amt zu übernehmen, weil sie das eigentlich gar nicht wollte, ist das auch nicht per se ein Argument für sie oder die Quote.

Vor allem stehen die Gegnerinnen und Gegner der Quote für ein Prinzip: Dass die Frauenquote undemokratisch ist. Es kann nicht fair sein, wenn 50 Prozent der Ämter an nur 26 Prozent der Partei gehen sollen. Viel mehr müsste man, so das Argument, dafür sorgen, dass die politische Teilhabe für Frauen thematisch attraktiv und praktisch machbar wird. 

Sie denken nur an die Partei

Wenn sich Merz & Co. für die Frauenquote einsetzen, dann denken sie nur an die eine: nämlich die Partei. Denn die Frauenquote ist vor allem ein Schlagwort, das Fortschrittlichkeit und Modernität ausstrahlen soll. Nicht für ihre Mitglieder – die die Quote, wie immer wieder betont wird, nicht fordern – sondern nach außen, in die Medien, wo die Überzeugung dominiert, dass eine Partei ohne Frauenquote nicht mehr zukunfts- und damit regierungsfähig ist. 

Es sind die wirtschaftlich-denkenden, konservativen und jungen Teile der Partei, die sich von ihrem Parteichef betrogen fühlen. Merz hatte ja zuerst klare Prinzipien formuliert: Er wolle eine CDU, die keine Angst hat, sich in der Opposition neu aufzustellen und Kante zu zeigen. Spitzen feuerte Merz beim Parteitag gegen das Gendern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Meinungsfreiheit an deutschen Universitäten. Dass er bei der Frauenquote den Schwanz einzieht, ist bezeichnend. 

Letztlich geht es eben doch wieder um Macht. Wenn die Meinungen von Frauen von Männern abgetan werden, und die Erfahrung junger Frauen von älteren Frauen nicht mehr ernst genommen werden, dann ist das genau nicht zielführend für eine größere politische Teilhabe von Frauen. Und es ist eine verpasste Chance, eine Lösung für die politischen Herausforderungen für Frauen zu finden, die der identitätspolitischen und kollektivistischen Politik von Rot-Grün nicht nach dem Mund redet.

Lesen Sie weitere Berichte vom CDU-Parteitag in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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