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Die Kanzlerin, eine Rede zum Synodalen Weg und der Elefant im Raum

Kennst du einen, kennst du alle: Der Michaelsempfang des Katholischen Büros verläuft jedes Jahr gleich. Doch dieses Mal, einen Tag nach der Bundestagswahl, stand plötzlich auch die Frage nach Kontinuität und Bruch im Raum.
Jahresempfang der Deutschen Bischofskonferenz
Foto: Fabian Sommer (dpa) | Bundeskanzlerin Angela Merkel wird vor dem St. Michael-Jahresempfang 2021 der Deutschen Bischofskonferenz vom Vorsitzenden Georg Bätzing und Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, begrüßt.

Der Michaelsempfang gehört zu den festen Terminen im politischen Berlin. Alljährlich lädt das Katholische Büro, die Verbindungsstelle der Bischofskonferenz in der Hauptstadt zu Parlament und Regierung, zu diesem Event ein. In der Regel kommt die Kanzlerin, manchmal auch der Bundespräsident, Minister sind da, viele Abgeordnete. Insofern könnte man zu der 2021er Variante dieser Veranstaltung, die am Montagabend im der Katholischen Akademie in Berlin über die Bühne ging, sagen: Business as usual.  Alles wie immer – wenn auch wegen Corona mit ein paar Einschränkungen.

Nichts Neues, nur verdichtet

Die Bundeskanzlerin kam, wurde freundlich begrüßt und blieb auch noch eine Weile. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble kam ebenfalls, wurde auch freundlich empfangen und blieb noch länger. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hielt die Festansprache, in der er seine Sicht auf die Lage der Kirche dargelegt hat. Keine überraschenden Thesen, alles keine neue Positionen, nur noch einmal in verdichteter Form. 

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Und doch, der Empfang ist als Momentaufnahme eines Stimmungsbildes interessant. Es ist die unterschiedliche Art und Weise, wie hier mit der Frage nach Kontinuität und Bruch umgegangen wurde. Da war einmal der Besuch der Kanzlerin: Minutenlang gab es Applaus, nachdem der Leiter des Katholischen Büros, Prälat Karl Jüsten, Angela Merkel für ihren Dienst für Deutschland und die Welt gedankt hatte. Eine Art Verbeugung des katholischen Deutschlands vor der Kanzlerin als Anker der Stabilität, so könnte man diese Ovationen deuten.

Stabilität als Leitmotiv

Und auch sonst war der Aspekt der Stabilität eine Art Leitmotiv in den Eingangsworten Jüstens. Er sei sicher, dass es Union, SPD, FDP und Grünen gelänge, in geordnete Regierungsverhandlungen einzutreten, in welcher Konstellation diese Verhandlungen dann auch immer enden würden. Und auch wenn Jüsten anmahnte, die künftige Bundesregierung müsse noch stärker Akzente im Klimaschutz setzen und die menschenunwürdige Situation an den Grenzen Europas – hier gehe es auch um den Schutz der Familie – beenden, dann klang das nicht wie eine Forderung nach etwas Neuem. Sondern eher als Hoffnung darauf, dass bereits gezogene politische Linien in die Zukunft fortgeführt werden. 

Und dann die Rede von Bischof Bätzing: Im Mittelpunkt seiner Ausführungen zur Lage der Kirche stand der Begriff der „Disruption“.  Diese konstatierte er sowohl im Verhältnis der Öffentlichkeit zur Kirche – ist sie noch systemrelevant? – wie auch im Verhältnis der Gläubigen zu ihrer Kirche und schließlich gesamtgesellschaftlich: Spielt die Frage nach Gott für die Menschen überhaupt noch eine Rolle? Bätzing machte dabei deutlich, dass er sich vom Synodalen Weg wichtige Impulse für den Umgang mit diesen Problemkreisen erwarte. Und in Anlehnung an Johann Baptist Metz unterstrich er, dass solche „Disruptionen“ als „Unterbrechung“ verstanden, nicht nur Sorge bereiten müssten, sondern auch Chancen böten. 

Kirche singt ein Loblied auf den Bruch

Und damit war eine Frage aufgerufen, die freilich nicht öffentlich angesprochen wurde, die aber so etwas wie der berühmte Elefant im Raum war: Wieso wird mit Blick auf die politische Welt Kontinuität beschworen und bejubelt, während man im kirchlichen Bereich ein Loblied auf den Bruch singt? Ist das nicht eine schiefe Ebene? Wer den Elefanten tröten hörte, hatte Gesprächsstoff für den gemütlichen Ausklang bei Fingerfood und Wein.  

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