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Die Abtreibungs-Ideologie macht blind

Mit seiner Forderung nach einem „Recht auf sichere und legale Abtreibung“ beschädigt das Europäische Parlament seine moralische Autorität und seine Sendung.
Fassade des EU Parlaments
Foto: IMAGO/JEAN MARC QUINET | Bei einem Bericht im Europaparlament wurde erneut ein sogenanntes "Recht auf Abtreibung" in die EU - Grundrechtecharta gefordert.

Der aus vielen Gründen wünschenswerten Einheit Europas sollten die Europäische Union und ihre Institutionen eigentlich dienen. In einer Frage jedoch spalten sie die Gesellschaften und die Staaten Europas regelmäßig: in der Frage der Abtreibung. Denn obgleich die gesetzliche Regelung der Abtreibung überhaupt nicht in die Zuständigkeit der EU fällt, exponieren sich die EU-Institutionen hierzu höchst ideologisch.

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Makabre Forderung

So fordert das Europäische Parlament – ausgerechnet! – in seinem jährlichen Menschenrechtsbericht, der heute in Straßburg debattiert und morgen verabschiedet wird, „das Recht auf sichere und legale Abtreibung in die Charta der Grundrechte der Union aufzunehmen“. Absurder geht es nicht mehr! Die „Charta der Grundrechte“ dient dem europaweiten Schutz jener Grund- und Menschenrechte, die in Europa weithin Konsens sind. Durch ein sogenanntes „Recht auf Abtreibung“ würde diese Intention makaber in ihr Gegenteil verkehrt.

So unterschiedlich die Verfassungen in der EU auch sind, so verschieden die EU-Mitgliedstaaten die Abtreibung gesetzlich geregelt haben: Keiner der 27 EU-Staaten ging bisher so weit, ein „Recht auf sichere und legale Abtreibung“ in die Verfassungsordnung aufzunehmen; die meisten haben Abtreibungen unter Bedingungen straffrei gestellt. Nur Emmanuel Macron arbeitet emsig daran, ein „Recht auf Abtreibung“ in Frankreichs Verfassung zu verankern. Von ihm stammt auch die fatale Idee, die EU-Charta der Grundrechte entsprechend zu manipulieren.

Parlament treibt die Ideologie in die Mitgliedsstaaten

Das Europäische Parlament treibt die todbringende Abtreibungs-Ideologie also weiter als alle EU-Mitgliedstaaten. Und dies, obwohl es in der Frage überhaupt keine legistische Zuständigkeit hat, sondern damit in die gesetzgeberische Kompetenz der Mitgliedstaaten eingreift. Damit untergräbt das Europäische Parlament seine moralische Autorität, aber auch seine Stellung als gesetzgebende Kammer der EU im Machtspiel der Institutionen. Und es trägt zur Polarisierung bei, wo es doch der Einheit dienen sollte. So blind kann Ideologie machen!

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