„Brandenburg braucht Größe“, steht auf dem Plakat, eine Art Starschnitt des Ministerpräsidenten. Der, tatsächlich 1,96 Meter lang, bildet den Mittelpunkt im Wahlkampf. Erst kommt das Land, dann die Partei – das ist ein Slogan, der bei Wählern immer gut ankommt. Dass die Brandenburger Sozis ihn so übersetzen: Erst kommt Woidke, dann die SPD – auch das ist nicht ungewöhnlich. Den Landesvater als Inkarnation der Landesinteressen zu inszenieren, hat zwar einen monarchischen Touch, lässt sich aber als Kampagne gut verkaufen.
Geht die Strategie auch auf? Woidke hat nämlich angekündigt, sollte seine SPD nicht zur stärksten Kraft werden, dann will er nicht mehr als Verhandlungsführer zur Verfügung stehen. Schon klar, mit solchen Drohungen wollen Politiker ihre Anhänger zur Wahl motivieren. Parallel dazu ist Woidke immer mehr den parteipolitischen Niederungen entwachsen. Es scheint fast so, als hätten die Brandenburger Wahlstrategen bei Wilhelm Zwo Anleihen genommen: Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Woidke-Wähler.
Sogar Kretschmer wirbt indirekt für Woidke
Sogar Rita Süssmuth hat sich eingereiht. Die ehemalige Bundestagspräsidentin, zumindest formal noch Christdemokratin und bisher auch nicht für eine besondere Beziehung zur märkischen Heide bekannt, erklärte ihre Unterstützung für Woidke. Bei der gleichen Veranstaltung durfte übrigens Olaf Scholz, Potsdamer und im Hauptberuf Bundeskanzler, nicht sprechen. Halte dich von Verlierern fern, Niederlagen sind in der Politik ansteckend – wohl auch so ein Grundsatz der Wahlkampf-Macher.
Dafür gab Woidke mit Michael Kretschmer, dem christdemokratischen Ministerpräsidenten in Sachsen, ein Doppel-Interview in der FAZ. Eine Art große Koalition in Frage und Antwort. Kretschmer rief durch die Blume zur Wahl seines Brandenburger Amtskollegen auf. Man fragt sich, was eigentlich der Brandenburger CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann darüber denkt.

Die ganze Welt schaut auf Brandenburg an diesem Wochenende, das ist vielleicht doch etwas übertrieben. Aber die Aufmerksamkeit ist schon ungewöhnlich hoch. Denn klar ist: Wie es auch ausgehen mag, es wird Folgen für Deutschland insgesamt haben. Der Schlüsselfaktor dabei: das Ergebnis der AfD – wird sie stärkste Kraft oder nicht?
Sollte die Fokussierung auf Woidke zum Sieg für die SPD führen, könnte diese Personalisierung von Politik auch deutschlandweit zum Trend werden. Der zeichnet sich auch so schon ab. Denn der Vertrauensverlust der Politik ist riesig. Aufgefangen werden kann er eher durch Personen als durch Programme. Menschen vertrauen Menschen, nicht Doktrinen. Erleben wir hier eine Entpolitisierung? Oder steht diese Entwicklung eher für eine Politisierung? Denn die Wahlbeteiligung wird jedenfalls ziemlich sicher hoch sein, so wie auch schon in Sachsen und Thüringen.
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