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Der grüne Absturz, der noch keiner ist

Die Grünen erleben ein Umfragetief. Doch die Kritiker der Öko-Partei sollten nicht zu früh jubeln
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck
Foto: (www.imago-images.de) | Bei der Frage nach dem Wunschkanzler landet Robert Habeck nur noch auf Platz drei, hinter Olaf Scholz und Friedrich Merz.

Sie waren der ewige Überflieger im deutschen Parteienreigen, doch jetzt scheint der Trend gebremst: Die Grünen landen nur noch bei 19 Prozent Zustimmung. Und auch ein anderer Wert des "Trendbarometers" von RTL und ntv von dieser Woche muss grünen Parteistrategen Sorgen bereiten: Bei der Frage nach dem Wunschkanzler landet Robert Habeck nur noch auf Platz drei, hinter Olaf Scholz und Friedrich Merz.

Entzaubert durch Talkshow-Auftritt

Habeck war gerade noch der "Mr. Right" der deutschen Politik ("Spiegel" und "Stern" widmeten ihm noch kürzlich einfühlsame Titelstorys). Sein Gestammel in der Talkshow von Sandra Maischberger hat ihn aber entzaubert. Das, was früher an Habeck auf viele interessant wirkte, seine angebliche Tiefe, der Hang zum Abgleiten ins Philosophische, ist angesichts von drohenden Insolvenzen und einer gewaltigen Wirtschaftskrise nun nur noch unprofessionell. Den Grünen traut die Bevölkerung nicht zu, diese Krise zu managen.

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Aber die vielen Konservativen, die mit Blick auf den grünen Absturz nun vor Freude in die Hände klatschen, müssen diesen Grund zur Kenntnis nehmen. Die Wähler entziehen der Partei ausdrücklich nicht wegen deren gesellschaftspolitischen Plänen das Vertrauen. Der Prozentrückgang rührt nicht aus der Angst vor einem großen gesellschaftlichen Umbau, die Deutschen erkennen bei den Grünen nur einfach keine Wirtschaftskompetenz. 
Im Moment sieht es nicht so aus, als ob die anderen Parteien die Gelegenheit nutzen, die Grünen und deren Ideologie grundsätzlicher anzugreifen.

Von der Union sind keine harten Attacken zu erwarten

Die SPD imitiert nicht nur die Öko-Partei, in manchen Forderungen übersteigt sie sie sogar. So hat in dieser Woche die Arbeitsgemeinschaft Queer in der SPD Berlin-Tempelhof gefordert, dass auch schon Siebenjährige über einen möglichen Geschlechtswechsel entscheiden können sollen.

Und auch von der Union sind keine harten Attacken auf die Grünen zu erwarten. Man braucht die Partei als potentiellen Koalitionspartner. Für absolute Mehrheiten reicht es nicht, Große Koalitionen sind auch nicht attraktiv, also bleiben die Grünen. Hinzu kommt, das schwarz-grüne Modell hat eine gute Presse. Alte und neue Mitte kämen hier zusammen, lautet das geläufige Narrativ. Aber auch ganz praktisch läuft Schwarz-Grün auf der Länderebene zumindest nach außen hin harmonisch und ohne Probleme.

Kurz: Trotz der Umfrage-Delle sieht es nicht so aus, als ob die Grünen ihre zentrale Rolle im Parteiensystem verlieren. 

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