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„Das Böse hat keinen Anteil am Guten“

Jan Assmanns These von der Gewalt-Geneigtheit des Monotheismus stößt in Heiligenkreuz auf Widerspruch.
Assmann selbst hatte sein Kommen in den Wienerwald zugesag
Foto: Arne Dedert (dpa) | Assmann selbst hatte sein Kommen in den Wienerwald zugesagt, dann aber den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten und die Heiligenkreuzer Hochschule sitzengelassen.

Seit der Ägyptologe Jan Assmann seine These auf den Punkt brachte, steht das Vorurteil im Raum, polytheistische Systeme seien tolerant, monotheistische Religionen dagegen intolerant und der Gewalt zugeneigt. Im Zisterzienserkloster Heiligenkreuz setzten sich nun Theologen und Philosophen kritisch damit auseinander. Assmann selbst hatte sein Kommen in den Wienerwald zugesagt, dann aber den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten und die Heiligenkreuzer Hochschule sitzengelassen.

"Je archaischer die Götter, desto weniger eindeutig gut"

Die Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz belegte: „Je archaischer die Götter, desto weniger eindeutig gut.“ Religionsgeschichtlich sei Israel der Quantensprung gelungen, die Lösung des Gottesbildes von seiner Nachtseite: „Gottes Schöpfung ist nicht doppeldeutig, sondern gut.“ Der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück stellte klar: „Im Zentrum der christlichen Religion steht ein Opfer, nicht ein Täter von Gewalt.“ Das Kreuz gebe den Blick auf den Menschen und auf Gott frei, so Tück, der die „friedensfördernden Motive der Liebe und Gewaltlosigkeit“ in Assmanns Konzept vermisst. Liebe könne nicht mit Mitteln des Zwangs oder der Indoktrination verbreitet werden, ohne inhaltlich beschädigt zu werden. Eine „Relativierung der Ansprüche der Religionen zugunsten eines natürlichen All-Einen“ kommt laut Tück für Christen nicht in Betracht, weil sie die freie Selbstmitteilung Gottes in Frage stellen würde.

Das Neue des Christentums lieg in seiner Frieden stiftenden Kraft

Die Idee einer Eindämmung der Gewalt durch die Religion beim französischen Literaturwissenschaftler und Religionsphilosophen René Girard legte in Heiligenkreuz der Klosterneuburger Chorherr Nicolaus Urs Buhlmann dar. Das Neue des Christentums bestehe in seiner Gewalt einhegenden, Frieden stiftenden Kraft. Das Leiden am Kreuz sei der Preis, den Jesus dafür zu zahlen bereit ist. Der Exeget Ludger Schwienhorst-Schönberger zeigte, dass das Christentum mit der Verbindung von Thron und Altar keineswegs in die Irre ging. Die Bindung der Gewalt an das Recht sei eine zivilisatorische Errungenschaft. Zur „Eindämmung der Gewalt durch die rechtmäßige Gewalt“ komme als zweiter Schritt „die Überwindung der Gewalt durch Gewaltlosigkeit“.

DT/sb

Wie man in Heiligenkreuz die These des Ägyptologen Jan Assmans argumentativ widerlegte, polytheistische Systeme seien tolerant, monotheistische intolerant, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 22. November 2018.

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