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Westaustralien schafft Beichtgeheimnis ab

Der australische Bundesstaat Western Australia verpflichtet Seelsorger, sexuellen Kindesmissbrauch zu melden, selbst dann, wenn dieser unter dem Beichtsiegel preisgegeben wurde.
Beichte: Priester im Beichtstuhl
Foto: (3627272) | Seelsorger in Westaustralien sollen künftig verpflichtet werden, sexuellen Missbrauch zu melden, wenn er unter dem Beichtgeheimnis preisgegeben wurde. Kritiker befürchten nun eine „Retraumatisierung der Opfer“.

Das Parlament des australischen Bundesstaates Western Australia hat ein Gesetz verabschiedet, mit dem Seelsorger verpflichtet werden, sexuellen Kindesmissbrauch zu melden, selbst dann, wenn dieser unter dem Beichtsiegel preisgegeben wurde. Kritiker befürchten nun eine „Retraumatisierung der Opfer“.

In der vergangenen Woche verabschiedete das Parlament des westaustralischen Bundesstaates Western Australia das Gesetz mit dem Namen „Community and Family Services Amendment Bill 2021“. In einer Presseerklärung der Regierung heißt es dazu: „Es wird keine Ausrede dafür geben, keine obligatorische Mitteilung gemacht zu haben“, auch wenn der Seelsorger die Informationen darüber bei einer Beichte erhalten habe. 

Mehrheitsbeschluss ignoriert

Wie das christliche Nachrichtenportal "Mercatornet" berichtet, sei mit dem neuen Gesetz ein 3:2-Mehrheitsbeschluss ignoriert worden, der von einem – von der Landesregierung eingesetzten - Ständigen gesetzgebenden Ausschuss getroffen wurde. In seinem Parlamentarischen Bericht empfahl dieser Ausschuss im September 2020, dass die Offenlegung von Missbrauch, von dem der Priester im Rahmen einer Beichte erfahren hat, den neuen Gesetzen über verpflichtende Mitteilungen an die Behörden nicht unterliegen solle. 

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Es habe sich bewährt, dass Missbrauchsopfer „ohne einen Hauch der Beeinflussung“ zur Beichte gingen, „nicht nur, um die Opfer davor zu bewahren, ihr eigenes Leben zu beenden; es hat sie auch befähigt, genügend innere Stärke zu erlangen, um sich an die gesetzlich zuständigen Behörden zu wenden, um sich anschließend auf qualvolle Gerichtsverfahren einzulassen, die wiederum zu Verurteilungen von Tätern geführt haben“, betont Mercatornet. Bis jetzt habe das Gute über das Böse triumphiert, doch „mit der Verabschiedung dieses neuen Gesetzes wird das Gegenteil geschehen“.

Das Online-Portal fährt fort: „Keiner kann leugnen, dass in der Vergangenheit abscheuliche Missbräuche geschahen. Doch die Regierung von Premier McGowan hat deutlich und wiederholt abgelehnt, zu berücksichtigen, dass von der Royal Commission into Institutional Responses to Child Abuses keinerlei Konsultation stattgefunden hat, um sich mit dem heutigen Kindesmissbrauch außerhalb von Institutionen zu befassen, der – so wird groß geschätzt – 95 Prozent des sexuellen Kindesmissbrauchs in Australien ausmacht“.

Erzbischof von Perth verurteilt Gesetzgebung

Der katholische Erzbischof von Perth, der Hauptstadt des Bundesstaates Western Australia, Timothy Costelloe, verurteilte in einem Hirtenbrief die neue Gesetzgebung. Darin schrieb er, dass „offenbar nur wenig Aufmerksamkeit – wenn überhaupt – dem Zeugnis jener Überlebender von sexuellem Missbrauch geschenkt wurde, die über die Wichtigkeit der Vertraulichkeit im Beichtstuhl gesprochen haben“. Diese habe ihnen einen „safe place“, einen sicheren Ort, bereitgestellt, „um ihre Geschichten zu teilen und Unterstützung und Rat zu suchen“. Der Erzbischof habe darüber hinaus erklärt, wie Priester den Heilungsprozess der Opfer wirksam unterstützt hätten aufgrund der absoluten Privatsphäre, die durch die religiöse Praxis der Beichte geboten werde.  DT/ks

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