Die Stiftung für Familienwerte begrüßt es, dass das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sich in einer Studie über die Relevanz der Kinderbetreuung durch die Großeltern Gedanken gemacht hat: „Gerade vor dem Hintergrund von Alleinerziehenden und Eltern mit nur einem Kind spielen Großeltern eine wichtige Rolle, weil sie wichtige zusätzliche Bezugspersonen sind“, erklärte der Geschäftsführer Karl-Heinz van Lier auf Anfrage dieser Zeitung.
Die am Montag veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hatte gezeigt, dass rund die Hälfte aller Kinder unter sechs Jahre auch weiterhin durch die Großeltern versorgt werden. Obwohl die Betreuungsmöglichkeiten von Kindern in Kitas und Ganztagsschulen in den vergangenen Jahren zugenommen haben, sei kein signifikanter Rückgang der Betreuung durch die Großeltern zu verzeichnen. Die Studie fand in Kooperation mit dem Ravensburger Verlag statt.
Fachkräftemangel macht sich an Kitas bemerkbar
Die Überforderung von Kindern unter fünf, die neben ganztägiger externer Betreuung auch von Großeltern beaufsichtigt werden, komme laut van Lier nicht von den Großeltern, die als familiäre Bezugspersonen Nähe und Geborgenheit vermitteln. „Vielmehr liegt es an einer ganztägigen externen Betreuung, die häufig Kinder deshalb überfordert, weil Kitas wegen des Fachkräftemangels nur in seltenen Fällen über einen adäquaten Personalschlüssel verfügen.“
BiB-Direktorin Katharina Spieß hatte aus der Studie geschlossen, dass Großeltern dabei helfen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. „Kinder werden zunehmend von mehreren Betreuungspersonen betreut“, so Spieß weiter. Dieses „Betreuungspatchwork“ könne im Falle vom ganztägigen Kitabesuch den Daten zufolge aber dazu führen, dass Kinder unter fünf Jahren sozio-emotional instabiler werden.
Van Lier betonte die intergenerationale Rolle der Großeltern: „Sie erweitern den Beziehungsrahmen der Kinder, vermitteln in der Regel einen komplementären Erziehungsstil, Werte und Traditionen.“ Deshalb sollten Großeltern nicht nur die Rolle der Betreuungsfeuerwehr übernehmen. Politisch könnte das, wie van Lier ausführte, zum Beispiel die Form einer Werbekampagne annehmen, die für eine Enkel-Zeit als Alternative von Kreuzfahrt-Zeit plädiert, bevor das Familienministerium ein Modell wie die „Großeltern-Zeit“ in Angriff nehme. Auch sogenannte Leih-Großeltern sollten laut der Stiftung zum Einsatz kommen, wenn die eigenen Großeltern nicht dazu in der Lage seien.
Großeltern stützen Dialog zwischen Generationen
Wissenschaftlerin Mara Barschkett (DIW) hatte im Rahmen der Studie vorgeschlagen, auch über familienpolitische Modelle wie eine Großeltern-Elternzeit nachzudenken. Dies sei aber nur ein Ansatz unter vielen, die in Zukunft die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vereinfachen sollten. Auf Nachfrage dieser Zeitung erklärte Barschkett, dass ein Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen zu erwarten sei. Auch Modelle wie „Großelterndienste“ könnten keinen Ersatz für die externe Ganztagsbetreuung bieten.
Die Studie war zu dem Ergebnis gekommen, dass Großeltern demnach durchschnittlich acht Stunden die Woche die Kinder betreuen. Ungefähr 60 Prozent aller Großmütter und 40 Prozent aller Großväter würden im Notfall bei der Betreuung der Enkel einspringen. Bei den unter Dreijährigen würden etwa 30 Prozent regelmäßig von Oma und Opa versorgt. Großelternbetreuung sei insgesamt insbesondere am Nachmittag bedeutsam. Zwei Drittel aller Eltern, bei denen dies bisher nicht der Fall ist, wünschen sich die Einbeziehung der Großeltern in die Kinderbetreuung. Die häufigsten Gründe, warum Enkelkinder nicht von Großeltern mitversorgt werden, seien die Entfernung und die Erwerbstätigkeit der Großeltern. DT/sdu
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