Ihre Bücher dürfen bis heute in keiner gut sortierten Familienbibliothek fehlen: Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Christa Meves hat im Laufe ihrer jahrzehntelangen Berater- und Autorentätigkeit ganze Generationen von Eltern geprägt. Ihre kritischen Analysen gesellschaftlicher Veränderungen machten sie zu einer streitbaren und einflussreichen Stimme weit über ihren Fachbereich hinaus. Meves veröffentlichte über 100 Bücher, die in 13 Sprachen übersetzt wurden. Ihre Werke behandeln die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen, Erziehungsfragen sowie gesellschaftliche Trends. Im Laufe ihrer langen Tätigkeit empfing Christa Meves unzählige Eltern und Kinder zu Beratung und Behandlung und behielt auch nach Ausscheiden aus ihrer Praxis eine unentgeltliche Beratertätigkeit für Eltern bei, die sich an sie wenden.
Christa Meves wurde am 4. März 1925 in Neumünster geboren und feiert heute ihren 100. Geburtstag. Nach dem Abitur 1943 studierte Meves Philosophie, Geographie, Pädagogik und Psychologie in Breslau, Kiel und Hamburg. 1949 legte sie das Staatsexamen ab, später folgte die Ausbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Hannover und Göttingen. Lange gehörte Christa Meves der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands an, konvertierte aber 1987 zum katholischen Glauben – unter anderem unter dem Eindruck der Schriften Papst Johannes Pauls II.
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In ihre lange Lebensspanne fallen nicht nur der zweite Weltkrieg und die Anfänge der Bundesrepublik, sondern vor allem die 68er Revolution, die sie als „Revolte von vaterlosen Jugendlichen“ bezeichnete. In den Folgejahren wurde sie Zeugin, wie die „sexuelle Befreiung“ nicht nur tiefgreifende Veränderungen der familiären Beziehungen, sondern auch gravierende psychologische Folgen für Kinder und Jugendliche hatte.
Kleinkinder brauchen ihre Mutter
Besonders kritisch äußerte sie sich zur staatlichen Krippenbetreuung. Sie argumentierte, dass die frühe Trennung von der Mutter das Risiko von Bindungsstörungen erhöhe. Kinder, die nicht in den ersten Lebensjahren eine verlässliche emotionale Bindung erfahren, hätten später häufiger Probleme mit Vertrauen und Beziehungsfähigkeit. In zahlreichen Publikationen, darunter „Risiko Krippenbetreuung“, warnte sie vor negativen psychologischen Folgen einer frühzeitigen Fremdbetreuung. Sie plädiert dafür, dass Mütter, sofern möglich, in den ersten Lebensjahren selbst die Betreuung ihrer Kinder übernehmen sollten, um eine sichere Bindung zu gewährleisten. Ihre Thesen wurden in liberalen Kreisen als rückwärtsgewandt und unwissenschaftlich abgelehnt, doch die moderne Hirn- und Bindungsforschung gab Meves recht.
Ein weiteres Thema, das Christa Meves beschäftigte, war die Sexualpädagogik von Helmut Kentler. Sie war die erste, die dessen liberale Ansätze in der Sexualpädagogik als verfrühte Sexualisierung von Kindern kritisierte und vor ihm warnte. Kentler, ein prominenter Vertreter der Sexualaufklärung in den 1960er und 1970er Jahren, propagierte neben seiner Tätigkeit als anerkannter Sexualpädagoge die Liberalisierung von Sex mit Kindern. Heute ist bekannt, dass Kentler als Berater des Berliner Jugendamts nicht nur jahrelang Kinder bei teils vorbestraften Pädokriminellen unterbrachte, sondern sich selbst an Kindern vergangen hat.
Meves warnte als Erste vor Kentler
In ihrem Buch „Manipulierte Maßlosigkeit“ setzte sich Meves mit den Auswirkungen einer enthemmten Sexualpädagogik auseinander und warnte vor den langfristigen Folgen. Eine Sexualpädagogik, die sexuelle Betätigung von Kindern in Form von Doktorspielen und Masturbation gezielt förderte, trage nicht zur psychischen Stärkung, sondern zur Destabilisierung der kindlichen Entwicklung. Meves betonte stattdessen die Notwendigkeit, Kinder in ihrer Unschuld zu schützen und ihnen eine behütete Kindheit zu ermöglichen. In ihren Schriften setzte sie sich für eine Sexualpädagogik ein, die die natürliche Schamgrenze respektiert und Kinder nicht überfordert.
Für ihr Engagement erhielt Meves zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1978 den Niedersächsischen Verdienstorden, 1985 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und 2005 das Große Verdienstkreuz des Niedersächsischen Verdienstordens.
Verlust der Bindungsfähigkeit, gestiegene Scheidungsrate, Zunahme von Depressionen, Sexualisierung der Gesellschaft: Aus heutigem Blick hat Christa Meves mit allem, was sie als Folgen der sexuellen Befreiung prophezeite, mit unfehlbarem Instinkt recht behalten. Ihre Bücher und Vorträge liefern nach wie vor Unterstützung und Bestärkung für Väter und Mütter, die ihre Kinder sicher durch die gesellschaftlichen Untiefen der Gegenwart leiten wollen.
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