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Leo Maasburg: „Gott weiß, womit er einen ausstattet“

Leo Maasburg ist bekannt als Mutter Teresas Seelsorger und ehemaliger Nationaldirektor von „Missio Austria“. Durch seine Adern fließt auch blaues Blut. Erster Teil einer Artikelserie über gläubige Adelige.
Leo Maasburg, Priester, Adeliger und „Charismatiker“
Foto: Malinar | Priester, Adeliger und „Charismatiker“: Leo Maasburg.

Eine Kirche in Slowenien, 2016. Paneelen, die alte Gemälde zeigen, füllen den Raum. Leo Freiherr von Maasburg steht neben seiner Schwester Maria Freiin von Maasburg vor einem der Paneelen, das ein altes Familiengemälde zeigt. Eine Frau mit zwei kleinen Kindern und einem Hund begegnen seinem Blick. Das Gemälde wirkt vertraut und zugleich fremd. „Wen zeigt das Gemälde?“, fragt ein neugieriger Journalist Maria. „Das kleine Mädchen bin ich, und die Frau ist meine Mutter.“

Das wohlhabende Leben kennt Maasburg nur von Erzählungen, sie wirkten lange wie ein Märchen auf ihn. Doch mit dem Gemälde, von dem seine Mutter ihn ansieht, ist das privilegierte Leben zum ersten Mal für ihn zum Leben erwacht.

Familie wurde entschädigungslos enteignet

Sein Vater, Nikolaus Freiherr von Maasburg, und seine Mutter, Christiane Gräfin Ceschi a Santa Croce, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg entschädigungslos enteignet. Maasburg wuchs im Gegensatz zu seinen Geschwistern nicht auf dem Familiengut Schloss Wisell, sondern in Kitzbühel und Meran auf. Von der Enteignung erholte sich die Familie finanziell nie vollständig. Eine Zeit lang kämpfte sie um Rückgabe des ehemaligen slowenischen Besitzes von Maasburgs Mutter – jedoch ohne Erfolg.

Doch Maasburg trauert dem Verlust des wohlhabenden Lebens und des familiären Status nicht nach: „Ich habe sogar 14 Jahre ohne festes Einkommen gelebt, aber das ist mir erst im Nachhinein bewusst geworden. Gott weiß, womit er einen ausstattet.“

Doch etwas von dem blauen Blut, das durch Maasburgs Adern fließt, schimmert noch durch: Maasburg spricht langsam und legt immer wieder kleine Pausen ein, um jedes seiner Worte abzuwägen. Auch wenn er behauptet, sich an vieles aus seinem Leben nicht genau erinnern zu können, erzählt er doch in erstaunlichem Detail. Ebenso wie sein Vater, der Mitglied in der NS-Widerstandsgruppe O5 war, ist Maasburg politisch interessiert.

Er wollte Diplomat werden

Sein ursprünglicher Berufswunsch war nicht Priester, sondern Diplomat. Dafür studierte er Rechtswissenschaften in Innsbruck und Internationale Beziehungen in Oxford. Doch ein Gespräch mit dem slowakischen Untergrundbischof Pavel Hnilica, das Maasburg für seine Dissertation über die vatikanische Ostpolitik führte, änderte alles. „Bischöfe Hnilica sagte zu mir: Warum kommst du nicht nach Rom, studierst Theologie und arbeitest für mich?“ In dem Moment beschloss Maasburg, alle seine Pläne aufzugeben, dem Vorschlag des Bischöfe zu folgen und Priester zu werden: „Ich war damals schon sehr charismatisch“, stellt er lachend fest.

Obwohl Maasburg bis zum 16. Lebensjahr jeden Sonntag die Kirche besuchte und von einer frommen Mutter erzogen wurde, war ihm der Glaube lange fremd. Erst durch den Vortrag eines Jesuiten und eines amerikanischen Missionars entzündete sich bei ihm ein Funke des christlichen Glaubens: „Auf einmal wusste ich: Das ergibt alles Sinn.“

Nirgends zu Hause

Die Jahre nach seiner Priesterweihe im Jahr 1982 in Fátima reiste Maasburg von einem Ort zum anderen: Erst als Assistent von Bischöfe Hnilica, dann als Seelsorger und Begleiter der Heiligen Mutter Teresa, sowie als späterer Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke „Missio“ und als Mitgründer des Radiosenders „Radio Maria“. „Ich bin eigentlich nirgends zu Hause“, stellt Pater Leo fest. „Ich bin ein Zigeuner Gottes.“

Moskau, 1984. Pater Leo befindet sich mit Bischöfe Hnilica eigentlich nur auf der Durchreise durch die Sowjetunion, doch der Bischöfe beschließt kurzfristig eine Woche zu bleiben. Über den Kontakt einer Bekannten bekommen die beiden die Möglichkeit, eine Diplomatenbesichtigung im Kreml zu begleiten. Sie nehmen die Einladung an und stehen einen Tag vor der Marienweihe, zu der Papst Johannes II. zur Überwindung des Kommunismus aufgerufen hatte, am Eingang zur Maria Verkündigungskirche im Kreml. Der Bischöfe trägt eine Brusttasche, in der sich Weinampullen, liturgische Texte und die Weihetexte befinden. Er wird aufgefordert, die Tasche abzugeben, doch der Bischöfe steckt dem Wachmann eine wundertätige Medaille zu – und die beiden werden durchgewunken.

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Heimliche Messe im Kreml

Im Inneren der Kirche legen die Geistlichen die Texte in eine sowjetische Staatszeitung und feiern so heimlich die Messe und vollziehen die Weihe. Dass die verbotene Aktion nicht auffiel, führt Maasburg darauf zurück, dass er und der Bischöfe wie zwei Touristen ausgesehen haben mussten, die sich miteinander unterhielten. „Aber mir haben die ganze Zeit die Hosen geflattert. Das Risiko, das der Bischöfe eingegangen ist, war sehr hoch. Eine Woche Moskau, 20 Jahre Sibirien.“ In der ehemaligen Kirche versteckte Maasburg auch noch eine wundertätige Medaille: Sechs Jahre später gründeten die Mutter Teresa Schwestern ihre erste Niederlassung in der Sowjetunion – mit Pater Leo als ihrem Seelsorger.

„Es gibt nur einen Adel für einen Menschen, der die Welt durch
die Augen Gottes betrachtet: die Nähe zu Gott.“
P. Leo Maasberg

Im sowjetischen Armenien betreuten die Mutter-Teresa-Schwestern ein Kinderspital. Pater Leo hatte dort strengstes Verbot zu katechetisieren und zu taufen – doch beides tat er heimlich. Hunderte Kinder starben in dem Spital, die der Priester durch geheime Zeichen der Schwestern vor ihrem Tod noch taufen konnte. Trotz der strikten Regelungen waren die Schwestern in dem Land gern gesehen. „Jeder hat uns gekannt, auf dem Markt wurde fast immer für uns gezahlt. Alles, was nicht kommunistisch und westlich war, war sehr interessant für die Menschen.“

Der Pater ging zu den Menschen

Die Nonnen erhielten viele Einladungen in Familien, die sie wegen ihrer Ordensregel aber nicht annehmen konnten. Also wurde Pater Leo zu den Treffen geschickt – zu denen meistens bis zu 40 Leute kamen. Obwohl zwischen der armenischen und der katholischen Kirche zu dem Zeitpunkt ein angespanntes Verhältnis herrschte, waren die Leute neugierig und stellten viele Fragen, denn Maasburg war zu dem Zeitpunkt der einzige Priester in der 1, 3 Millionen Einwohner-Stadt und heutigen Hauptstadt Jerewan. „Die Abendeinladungen waren im Endeffekt nichts anderes als Katechismusunterricht.“

Wien, 2022. Leo Maasburg sitzt in seiner Wohnung auf einem weißen Sessel, ein Gemälde aus Bolivien ziert die Wand, kleine Souvenirs aus aller Welt zeugen von seinen vielen Reisen. Die Jahre der Weltreisen sind für den Priester vorbei, doch damit hat die Verkündigung des Glaubens für ihn nicht aufgehört. Sein großes Ziel für den Ruhestand: So viele Menschen wie möglich zu Gott zu führen: Durch die Verbreitung von Mutter Teresas Spiritualität und durch das Gebet. „Denn es gibt nur einen Adel für einen Menschen, der die Welt durch die Augen Gottes betrachtet: die Nähe zu Gott.“

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