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Dokumentation „Tod und Spiele – München´72“

Die Dokumentation „Tod und Spiele – München´72“ zeichnet mit Originalaufnahmen und Interviews akribisch den Terroranschlag vom 5. September nach. Das mörderische Unternehmen wurde von dem Kommando „Schwarzer September“ begangen - einer von Arafats PLO finanzierten Gruppierung.
Israelische Olympia-Mannschaft zieht am 26. August 1972 ins Münchner Olympiastadion ein
Foto: ARD | Die israelische Olympia-Mannschaft zieht am 26. August 1972 ins Münchner Olympiastadion ein. Wenige Tage später wurde sie Opfer des Anschlages durch eine palästinensische terroristische Organisation.

Der 5. September 1972 gilt als die Geburtsstunde des internationalen Terrorismus. Das palästinensische Kommando, das eine Unterkunft der israelischen Olympia-Mannschaft stürmte und elf Geiseln nahm, stürzte die „heiteren Spiele“ in tiefste Trauer.

Aus Anlass des 50. Jahrestages bietet die ARD eine vierteilige Doku-Serie in ihrer Mediathek an. Zur Nachzeichnung des Tathergangs samt Vorbereitung anhand Originalaufnahmen kommen Interviews hinzu, mit Politikern und Sicherheitskräften, aber auch mit Opfern und Tätern. Erstmals sprechen die heute noch lebenden Terroristen vor der Kamera: „Samer“ – der in Fürstenfeldbruck festgenommen und wenig später unter ungeklärten Umständen wieder freigelassen wurde –, mit verzerrter Stimme und ohne dass sein Gesicht zu erkennen ist sowie Mohammed Safady (Deckname: „Tarzan“), der jahrzehntelang für tot erklärt wurde, aber mit unverhülltem Gesicht und mit der erschütternden Aussage: „Ich bin stolz darauf.“

„Dazu verdeutlicht sie auch, dass die Wunden
der Angehörigen der Opfer bis heute nicht geheilt sind“

Den Kontext für den Beginn des palästinensischen Terrorismus liefert die Rückblende auf den „Sechstagekrieg“, als Israel im Kampf gegen Ägypten, Jordanien und Syrien mit der Besetzung von Sinai-Halbinsel, Gazastreifen, Golanhöhen, Westjordanland und Ostjerusalem sein Territorium verdreifachte. Die Dokumentation zitiert Jassir Arafat (1929–2004): „Es begann der Terrorismus.“

Die Olympischen Spiele München 1972 sollten nach dem regelrechten Regen an Weltrekorden – 17 an der Zahl, darunter Bob Beamons „(Weit-)Sprung ins nächste Jahrhundert“ – bei den Leichtathletikwettbewerben der Olympischen Spiele 1968 in Mexiko-Stadt zu einem noch größeren Sportfest werden.

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Ein Kontrapunkt zu den Olympischen Spielen in Berlin 1936

An München ´72 wurde jedoch noch ein gesellschaftspolitischer Anspruch gestellt: Erstmals seit 1936 fanden Olympische Spiele auf deutschem Boden statt. Und sie sollten ein Gegenentwurf zu „Hitlers Spielen“ in Berlin 1936 sein. Die Bundesrepublik Deutschland wollte sich 23 Jahre nach ihrer Gründung der Welt als junge, weltoffene Demokratie präsentieren. Ein Symbol für Modernität und Offenheit sollte besonders das eigens für die Olympischen Spiele entworfene und gebaute Olympiastadion mit dem Zeltdach sein, das auch die Olympiahalle und die Olympia-Schwimmhalle überspannt – ein Kontrapunkt zu den teils martialischen Bauten auf dem Reichssportfeld genannten Olympischen Gelände in Berlin 1936.

Im Olympiastadion fand denn auch die Eröffnung am 26. August statt. Darunter israelische Sportler, etwa Shaul Ladany – der einzige Shoa-Überlebende unter ihnen – sowie Sprinterin Esther Shachamorov, die einzige wirkliche Hoffnungsträgerin des israelischen Sports. Die beiden kommen in der Dokumentation ebenfalls zu Wort. Zum Konzept der Weltoffenheit gehörte auch ein Olympisches Dorf ohne strenge Zutrittskontrollen sowie eine unbewaffnete „Friedenspolizei in Pastelltönen“.

Minimale Sicherheitsvorkehrungen

Die minimalen Sicherheitsvorkehrungen – wie nun auch Walter Renner, 1972 als Münchner Polizist am Tag des Anschlags im Olympischen Dorf im Einsatz, zugibt – machten es den Attentätern der palästinensischen Organisation „Schwarzer September“ leicht, ihren Terroranschlag zu verüben. „Tod und Spiele – München ´72“ verdeutlicht, wie leicht es das Terrorkommando hatte, in den frühen Morgenstunden des 5. Septembers die Unterkünfte der israelischen Delegation im Olympischen Dorf zu stürmen.

Die Dokumentation bietet Originalaufnahmen der Gespräche mit den Geiselnehmern, die sich jedoch auf keine Verhandlungen einlassen. Ihre Forderung: die Freilassung von mehr als 200 in israelischer Haft befindlichen Palästinensern. Doch Ministerpräsidentin Golda Meir weigert sich, den Forderungen nachzukommen.

Bis heute sind Verantwortliche untergetaucht

Die Dokumentation bietet Bilder, die sich bis heute ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben, aber auch bisher unbekannte Archivaufnahmen. Auch wenn sie die Bilder der missglückten Operation auf dem Militärflugplatz Fürstenfeldbruck ausspart, zeigt sie das Versagen des deutschen Polizei- und Sicherheitsapparats, vor allem aber die Dimensionen des bis heute andauernden Nahost-Konflikts. Dazu verdeutlicht sie auch, dass die Wunden der Angehörigen der Opfer bis heute nicht geheilt sind. Während der israelische Geheimdienst Mossad es sich zum Ziel setzt, die für die Aktion Verantwortlichen zu eliminieren, sind die beiden noch lebenden Mitglieder des München-Kommandos bis heute untergetaucht.

Nach dem misslungenen Zugriff durch reguläre Polizeikräfte am Flugplatz Fürstenfeldbruck – ein Eingreifen israelischer Spezialkräfte war abgelehnt worden –, bei dem alle neun Geiseln und fünf der acht Terroristen sowie ein Polizeibeamter starben, wurde im September 1972 die GSG 9 unter dem Kommando von Ulrich Wegener vom damaligen Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher ins Leben gerufen.


„Tod und Spiele – München ´72“, Doku-Serie mit vier Episoden à 45 Minuten.
Ab dem 26. August in der ARD-Mediathek. Eine 90-minütige Fassung: 5. September um 20.15 Uhr, ARD.

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