Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Adventskalender

Das dritte Türchen

Was haben Weihnachten und Hochzeiten gemeinsam – jedenfalls, wenn man Jesus Christus um seine Meinung fragt?
„Tagespost“-Adventskalender
Foto: DT/Hoensbroech | Hinter dem dritten Türchen des „Tagespost“-Adventskalenders verbirgt sich die Kunstinstallation „Portable Ocean“ (tragbarer Ozean) von Paul Thek (1933 bis 1988).

Solidarität und Nächstenliebe

Liebe Leserinnen und Leser, 

in der Theorie sind Solidarität und Nächstenliebe eine tolle Sache. In der Praxis kann das manchmal allerdings ganz schön wehtun. Warum, das erfahren Sie hinter dem dritten Türchen! Ein adventliches Kunstwerk der eher kurioseren Art stellt Ihnen Ulrike Hoensbroech heute aus dem Bestand des Kölner Kolumba-Museums vor. Übrigens ist heute der Festtag des heiligen Franz Xaver, eines der großen jesuitischen Missionare Asiens.

Einen gesegneten dritten Dezember wünscht Ihnen  

Ihre Franziska Harter 
Chefredakteurin


MIT DER BIBEL DURCH DEN ADVENT

Tageselesung:
Jes 25,6-10a
Mt 15,29-37

Weihnachts-Gesellschaft

Das Evangelium leben? Auf eigene Gefahr!  Von Ralph Heiligtag

Mein Freund Leon freut sich auf seine Hochzeit. Endlich ist die große Liebe des Lebens gefunden. Endlich steht der Termin. Endlich ist alles bereit. Aber er tut sich dennoch schwer mit dem Prunk und Protz der geplanten Feier. Auf einmal steht die Frage im Raum: „WWJD?“ „Was würde Jesus tun?“ Eine Antwort ist nicht schwer zu finden, aber schwer zu ertragen, in Lk 14,13: Lade nur solche Leute ein, die sich nicht revanchieren können, nämlich solche, die sonst niemand einladen würde. Was soll das für eine Hochzeit werden?, möchte man da meinen.

Hier auch zum Anhören:

Audio

Na gut. Als Christen sind wir es ja gewohnt, dass Gott manches anders sieht als wir. So verheißt etwa die Prophetie des Völkerfestmahls von Jesaja 25 fette Speisen und erlesene Weine – nicht unbedingt die angesagte Speisefolge für eine moderne Promihochzeit. Man sagt, dass im zweiten Brotwunder nach Matthäus 15 die Erfüllung dieser Prophetie liegen könnte: Jesus versammelt Menschen aus allen Völkern um seinen Tisch.

Eine Feier für Einsame

Mir fällt jedoch diesmal ein anderer Aspekt ins Auge: die Gästeliste. Es finden sich darunter Behinderte, chronisch Kranke und vom sozialen Leben Ausgeschlossene dieser Zeit. Zufall? Oder Erfüllung von Lukas 14? Das Fest des Meisters?

Vielleicht fällt mir dieser Aspekt auf, weil wir an Heiligabend eine Feier für Einsame veranstalten, die sonst nirgendwo hingehen könnten. Ob sie jemand anders haben möchte? Vielleicht Sie? Auch wenn Sie nicht bei uns mitmachen, haben Sie die Möglichkeit, Vergessene einzuladen, etwa über das Programm „Friends for Dinner“ der Studentenmission Deutschland. Öffnen Sie Ihre Festtafel an Heiligabend für einen ausländischen Studenten und zeigen Sie ihm, wie deutsche Christen Weihnachten feiern. Es wird für beide Seiten eine große Bereicherung sein. So stellt sich unser Gott Weihnachten vor. Oder lassen Sie es uns voll Ehrfurcht mit Jesaja 25,9 sagen: „Seht, das ist unser Gott!“

Der Autor  gehört zum Vor-Oratorium St. Josef in Ingolstadt.


WEIHNACHTEN IM BILD

Paul Thek, Portable Ocean
Foto: Hoensbroech | Paul Thek, Portable Ocean.

Das Mitnehm-Meer für adventliche Poesie

Wer sich auf die Verheißung der Geburt des Gottessohnes einlässt, kann Ozeane bewegen.  Von Ulrike Gräfin von Hoensbroech

Horizonte, weite Horizonte. Anspruch und Wirklichkeit. Vision und Realisierung. Die Zeit des Advents eröffnet große freie Räume, an deren Ende die Verheißung der Geburt des Gottessohnes tatsächlich Wirklichkeit wird. Wer sich darauf einlässt und sich auf den Weg macht, kann Ozeane bewegen und dies im wahrsten Sinne des Wortes erfahren. Der Stern weist dabei den Weg durch die sich Tag für Tag zwar immer mehr erweiternden Blickfelder, die sich aber nach 24 Tagen doch zu dem einen Bild verdichten: Gott ist Mensch geworden. Undenkbar?

Nein, denn das Undenkbare wird Wirklichkeit. Mit dem „Portable Ocean“ (tragbarer Ozean) gibt Paul Thek (1933 bis 1988) diesem Undenkbaren eine mit den Sinnen begreifbare und nachvollziehbare Form. Der 37 Teile umfassende Spielzeugwagen mit Bauklötzen und einem Schweifstern aus Holz zeigt mit bescheidenen Mitteln auf einfachste Weise ein unendliches Potenzial. Das Kunstobjekt aus dem Bestand von Kolumba, dem Kunstmuseum des Erzbistums Köln, lädt gedanklich zum Mitspielen ein und schafft mit seiner schlichten künstlerischen Sprache einen individuellen Freiraum für Fantasie, Poesie. 

Von der Wertschätzung des Einfachen

Der „Portable Ocean“ begleitete die Wettbewerbs- und Bauphase für das heutige Museum. „Bei der Eröffnung 2007 arrangierten Architekt, Ingenieure, Bauleiter und Kuratoren gemeinsam die Bauklötze in einer Vitrine“, sagt der designierte neue Direktor, Marc Steinmann: „Aus diesem Grund hat das Objekt für mich einen sehr hohen emotionalen Stellenwert.“

Alle Teile des Wagens sind miteinander immer neu kombinierbar, jedes einzelne Teil bildet etwas Neues und ist doch Teil einer großen Gemeinschaft. Die Wertschätzung des Einfachen – billiges Kinderspielzeug – wird mit blauer Farbe, Kordel, Stern und Titel zu etwas Besonderem. Wie sich die Besucher eingeladen fühlen dürfen, sich diesem ideellen Anspruch des Künstlers zu öffnen, so ist es auch die insbesondere im Advent von Gott ausgesprochene Einladung, sich auf den Glauben und die Ankunft Jesu Christi einzulassen. Der Wagen steht für die Mobilität und die Bewegung auf diesem Weg. Die Bauklötze symbolisieren das kindliche Vertrauen, etwas (neu) zu errichten, die Welt zu gestalten, ja sogar den Ozean bewegen zu können. Der Stern, jenes urchristliche Symbol, ist das Zeichen der Orientierung, dem als verlässlicher Wegweiser seinerzeit schon die Heiligen Drei Könige gefolgt sind. 

Was für Möglichkeiten, was für Horizonte!

Die Autorin schreibt und fotografiert zu Gegenwartskultur und Kunstgeschichte.


ADVENTLICHE KLÄNGE

Eine musikalische Adventsgeschichte

Bei Paul Gerhardt finden Gläubige einen poetisch ausformulierten Advent.  Von Thorsten Andreas Pech

Leuchtende und blinkende Fenster, Straßen und Weihnachtsmärkte, Duft nach Gebackenem oder heißen Getränken, schallende Musik aus den verschiedensten Ecken.

Adventszeit, Vorfreude auf das große Fest. Doch ist das wirklich die Vorbereitung auf den tieferen Sinn der bevorstehenden Weihnacht oder doch eher das befreite Feiern nach trüben Novembertagen? Zu einer Konzertvorbereitung öffne ich die Tür einer großen Stadtkirche. Dahinter erwartet mich ein dunkler Raum, allein aus dem hohen Gewölbe leuchtet der goldgelb strahlende Herrnhuter Stern.

In die Dunkelheit hineinsingen

In diese Stille eintretend klingt in mir der erste Melodie-Dreiklang eines alten Paul-Gerhardt-Liedes auf und ich fange an, in die Dunkelheit hineinzusingen: „Wie soll ich dich empfangen und wie begegn‘ ich dir“. Später erhebt sich die Melodie in die Höhe zum Ruf „O Jesu, Jesu setze mir selbst die Fackel bei“. Diese alten Worte, aber ich spüre es wieder: Auch heute kann wieder Weihnachten werden, wenn ich mich darauf selber vorbereite, loslasse, was hinter mir liegt, „meine Herzenstüre“ öffne für die Ankunft.

Ich singe weiter: „Das schreib dir in dein Herze, du hochbetrübtes Heer, bei denen Gram und Schmerze sich häufet mehr und mehr; seid unverzagt, ihr habet die Hilfe vor der Tür; der eure Herzen labet und tröstet, steht allhier“. Jetzt ist es mir ganz nah, das Wissen um das große Geschenk Gottes, jedes Jahr aufs Neue, ganz unverdient – aus Gnade. Jesus kommt, er kommt immer wieder in der Gestalt eines kleinen zerbrechlichen Kindes, wenn wir ihn in unsere „Herzenstube“ hineinnehmen und seine uns geschenkte Liebe weitergeben und uns mit ihm auf „seinen“ Weg des Friedens machen.
Dann bereiten wir uns, auch fernab von aller Verwirrung und lautem Gepolter in der Welt, auf „seinen Tag“ vor: „da bist du, mein Heil, kommen und hast mich froh gemacht“.

Der Autor, Kantor i.R., lebt als Konzertorganist in Weimar.


Info:

Abonnieren Sie den „Tagespost“-Adventskalender als Newsletter: Jeden Morgen um 6 Uhr öffnet sich ein Türchen für Sie: Unser Adventskalender begleitet Sie mit geistlichen Impulsen zum Tagesevangelium, adventlichen Kunstwerken und vorweihnachtlicher Musik durch die Zeit des Wartens auf den Heiland. Zur Anmeldung geht es hier!

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Redaktion Jesus Christus

Weitere Artikel

Luzifer ist ein anderer Name des Teufels. Luzius hingegen ein christlicher Heiliger. Was er mit dem Advent zu tun hat?
02.12.2025, 00 Uhr
Redaktion
Stille, eilige Zeit: Warum der Advent die Chance bietet, die Dinge vom Ende her zu betrachten.
01.12.2025, 00 Uhr
Redaktion

Kirche

Viele Katholiken in Deutschland würden ihre Art, Kirche zu leben, darin nicht erkennen, so Leo XIV. Weiterer Dialog und Zuhören seien notwendig, um keine Stimme auszuschließen.
02.12.2025, 18 Uhr
Meldung
Papst Leo plädiert für ein „neues Denken“ im Nahen Osten: Gerade die Religionen können zeigen, dass Friede und Versöhnung möglich sind.
02.12.2025, 18 Uhr
Guido Horst
Mut machende Worte voller Hoffnung bildeten den kraftvollen Abschluss des Besuchs des Papstes im leidgeprüften Land der Zedern. Geprägt war er von Begeisterung – aber auch von Gedenken.
02.12.2025, 10 Uhr
Guido Horst
Die erste Auslandsreise führte Papst Leo zum Jubiläum des Konzils von Nicäa in die Türkei – nicht aus Nostalgie, sondern für die Wiedervereinigung der gespaltenen Christenheit.
01.12.2025, 20 Uhr
Stephan Baier