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Ein Klassiker wird als „Blade Runner: Black Lotus“ fortgesetzt

Die japanische Zeichentrickserie-Serie ist ein Serien-Spin-Off des 80er-Jahre-Kultfilms „Blade Runner“.
Roboter unterscheiden sich noch von Menschen.
Foto: Martin Schutt (dpa-Zentralbild)

Sie gelten als Meisterwerke des anspruchsvollen Science-Fiction-Kinos: Der 1982 von Regisseur Ridley Scott („Alien“, „Gladiator“) inszenierte Filmklassiker „Blade Runner“ sowie die von der Kritik ebenfalls hochgelobte, 2017 erschienene späte Fortsetzung „Blade Runner 2049“, die anstelle von Scott durch den Kanadier Denis Villeneuve („Dune“, „Arrival“) fertiggestellt wurde. Jetzt wird in Form einer Anime-Serie eine weitere Fortsetzung erscheinen.

Beiden Filmen ist gemein, dass sie mit Schauspiel-Superstar Harrison Ford („Star Wars“, „Indiana Jones“) als Hauptdarsteller aufwarten konnten sowie – zumindest lose – auf dem 1968 veröffentlichten Roman „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ des US-Science-Fiction-Autoren Philip K. Dick („Das Orakel vom Berg“, „Der dunkle Schirm“) basieren.

„Einige dieser als reine Arbeitssklaven erschaffenen Wesen
haben ein eigenes Bewusstsein entwickelt
und sind von außerplanetarischen Kolonien in ein dystopisches Los Angeles zurückgekehrt,
um dort nach ihrem „Schöpfer“, dem mysteriösen Eldon Tyrell, zu suchen“

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Im Zentrum des mittlerweile beinahe vierzig Jahre alten Kultfilms steht der von Harrison Ford verkörperte „Blade Runner“ Rick Deckard, eine Art Kopfgeldjäger, der in einem alternativen Jahr 2019 von reichen Industriellen damit beauftragt wird, menschenähnliche Roboter, sogenannte „Replikanten“, aufzuspüren und auszuschalten. Denn einige dieser als reine Arbeitssklaven erschaffenen Wesen haben ein eigenes Bewusstsein entwickelt und sind von außerplanetarischen Kolonien in ein dystopisches Los Angeles zurückgekehrt, um dort nach ihrem „Schöpfer“, dem mysteriösen Eldon Tyrell, zu suchen. Als sich Deckard zudem in eine Replikantin verliebt, die er eigentlich töten soll, beginnt er allmählich, seinen Auftrag und auch seine eigene Existenz zu hinterfragen: Ist er am Ende selbst ein Replikant?

Während die Romanvorlage von „Blade Runner“ aus heutiger Sicht vor allem eher schrullig und satirisch anmutet, gelang es Regisseur Scott gemeinsam mit seinem damaligen Drehbuchautoren Hampton Fancher (der auch für die Fortsetzung „Blade Runner 2049“ zurückkehrte), das spirituell-philosophische Potenzial von Dicks Roman vollends auszuschöpfen. Fragen wie diejenige nach der Identität und Würde eines jeden Menschen und dessen Reaktion auf eine (ihn möglicherweise überflüssig zu machen drohende) Parallelschöpfung, die Schattenseiten des technischen Fortschritts sowie die voranschreitende Umweltzerstörung und zahlreiche literarische, mythologische und religiöse Bezüge haben „Blade Runner“ auch rund vierzig Jahre nach seiner Erstaufführung (2007 veröffentlichte Ridley Scott den nunmehr als definitiv geltenden „Final Cut“) nichts von dessen Faszination einbüßen lassen.

Vom Kultfilm zum Multimedia-Franchise

Hinzu kommt, dass „Blade Runner“ Maßstäbe setzte in puncto Ausstattung, dem von Syd Mead besorgten visuellen futuristischen Design sowie der Filmmusik von Vangelis und aufgrund seiner bis dato einzigartigen Mischung aus Film Noir und anspruchsvoller Science Fiction schnell zu einem Kultfilm avancierte und ganze Film- und Literaturgenres wie Cyberpunk und Neo-Noir inspirierte.

Jedoch: Kultfilm ja, Kassenerfolg nein. Dies gilt übrigens sowohl für den Originalfilm von 1982, der erst als Verleih- und Kaufvideo seine Kosten einspielte, als auch für die von Fancher gemeinsam mit Michael Green („Logan“) verfasste Fortsetzung „Blade Runner 2049“, die zwar 2017 auf vielen Kritikerlisten der besten Filme des Jahres landete, jedoch keinen bleibenden Eindruck an den Kinokassen hinterließ. Dennoch entwickelte sich die „Blade Runner“-Filmreihe vor allem in den vergangenen Jahren, angetrieben durch Rechteinhaber „Alcon Entertainment“, zu einem durchaus lukrativen Multimedia-Franchise: Nicht nur Filme, sondern auch Nachfolgebücher, Hörspiele, Computerspiele und sogar Comicbuch-Serien wie „Blade Runner 2019“, „Blade Runner 2027“ oder „Blade Runner Origins“ sind mittlerweile unter dem Kult-Logo erschienen – und werden nun um eine erste Anime-Serie ergänzt.

Eine Replikantin ohne Gedächtnis

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Die hierzulande beim Anime-Streamingdienst Crunchyroll am Samstag, dem 13. November startende Serie „Blade Runner: Black Lotus“ spielt im Jahr 2032 – ist zeitlich also zwischen den ersten beiden „Blade Runner“-Filmen angesiedelt. Zum Serienauftakt sind 13 Episoden geplant, die wöchentlich erscheinen sollen.

Die Hauptrolle wird dieses Mal weder in animierter noch in realer Form von Harrison Ford gespielt und handelt nicht davon, was dessen Figur Rick Deckard zwischen beiden Filmen erlebt hat.

Im Zentrum von „Blade Runner: Black Lotus“ steht stattdessen eine unter Gedächtnisverlust leidende weibliche Replikantin namens Elle, die genauso wie andere Replikanten seit einem von ihrer Spezies im Jahr 2022 verursachten großen „Black Out“, der zu einem weltweiten, beinahe kompletten Datenverlust geführt hat, gejagt wird. Bevor ihr jedoch bewusst wird, ein gefährdetes Wesen zu sein, muss sie es mit vielen zwielichtigen Gestalten in einem von Neonlicht durchfluteten Los Angeles aufnehmen.

Eventuell warten Überraschungen auf die Zuschauer

Neben neuen, unbekannten Charakteren sollen in „Black Lotus“ auch einige Figuren auftauchen, die bereits in den bisherigen „Blade Runner“-Spielfilmen zu sehen waren. Ob hierunter auch Harrison Fords Deckard-Figur ist, wird sich zeigen: Ausschließen mochte Alcon Entertainment dies jedenfalls nicht.

So oder so dürfte die von Japans Anime-Großmeister Shin’ichiro Watanabe („Cowboy Bebob“, ab 18. November als Realserie bei Netflix) auf den Weg gebrachte Serie zumindest bei eingefleischten „Blade Runner“-Fans und solchen, die ein Faible für visuell beeindruckende, aber düster inszenierte und intelligent erzählte Zukunfts-Geschichten haben, für Wohlgefallen sorgen. Manch anderem mag die reale Gegenwart vielleicht schon düster genug sein.

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