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Kardinal Zen: „Meine Erfahrung mit dem Vatikan ist desaströs“

Der chinesische Kardinal Joseph Zen verurteilt die China-Politik des Vatikans. Dass Priester sich der Macht der kommunistischen Partei unterwerfen müssten, sei „schrecklich“.
Kardinal Joseph Zen verurteilt China-Politik des Vatikans
Foto: Katharina Ebel (KNA) | Zen erzählte von seinen vergeblichen Bemühungen, sich in Rom Gehör zu verschaffen. Seine Einwände gegen das mit China vorbereitete Abkommen vom 28. Juni habe man nicht zur Kenntnis genommen.

Der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, hat in einem Interview schwere Vorwürfe gegen die China-Politik des Vatikans erhoben. „Die ganze Kirche in China – es ist schrecklich, schrecklich. Schrecklich. Schrecklich“, sagte Zen gegenüber dem linken Onlinemagazin „New Bloom“ aus Taiwan. „Unglücklicherweise ist meine Erfahrung mit dem Kontakt zum Vatikan schlichtweg desaströs.“ Zen, der von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal ernannt wurde, gilt als Verfechter von Demokratie und Bürgerrechten. Während sich Zen gegen Kompromisse mit der kommunistischen Partei Chinas ausgesprochen hat, hat der Vatikan in den letzten Jahren seine Haltung geändert.

Benedikt und Bertone galten als Außenseiter

Der gebürtige Chinese, der von 2002 bis 2009 dem Bistum Hongkong vorstand, hob hervor, dass dies nicht immer der Fall war. Unter Jozef Tomko, der von 1985 bis 2001 Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker war, habe einen guten Dienst erwiesen, weil er als Slowake die kommunistischen Diktaturen kannte. „Aber mit 75 musste Tomko sich zurückziehen. Sein Nachfolger war nicht gut. Und der Nachfolger seines Nachfolgers sogar noch schlechter“, erklärt der 87-jährige Salesianer. „Es gibt eine Gruppe im Vatikan. (…) Aber wegen Papst Johannes Paul II. und Tomko hatten diese keine wirkliche Macht – für eine gewisse Zeit.“

Tomkos Nachfolger in der Kongregation hätten die „Strategie“ von Tomko fortgeführt, aber nicht mit demselben Geist. Der von Papst Benedikt XVI. eingesetzte Ivan Dias sei als Schüler von Agostino Casaroli ein Anhänger der „Ostpolitik“ gewesen. Zu der Gruppe im Vatikan, die damals die Macht übernommen habe, habe auch der damalige Chefunterhändler Pietro Parolin gehört, der heute Kardinalsstaatssekretär von Papst Franziskus ist. Die Vorgänger von Parolin und Franziskus – Bertone und Benedikt XVI. – seien damals schon machtlos gewesen. „Papst Benedikt und Tarcisio Bertone galten als Außenseiter. Sie gehören nicht zur Gruppe. Und das sogar obwohl Bertone Italiener ist.“

Zen: Mit Franziskus erreichen Fehler im Umgang mit China den Höhepunkt

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Mit Franziskus hätten aber die Fehler im Umgang mit dem Pekinger Regime ihren Höhepunkt erreicht. „Was passiert nun? Franziskus kam an die Macht. Es tut mir Leid, das zu sagen, aber ich denke, Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage, dass er wenig Achtung vor seinen Vorgängern hat. Er legt alles still, was von Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt getan wurde. Und sie geben stets Lippenbekenntnisse ab, sie sagen immer „In der Kontinuität von …“, aber das ist eine Beleidigung. Eine Beleidigung. Das ist nicht in der Kontinuität.“

Zen erzählt weiter von seinen vergeblichen Bemühungen, sich in Rom Gehör zu verschaffen. Seine Einwände gegen das mit China vorbereitete Abkommen vom 28. Juni habe man nicht zur Kenntnis genommen. Franziskus habe sich dabei persönlich freundlich gezeigt, doch immer um die Einbindung Parolins gebeten. Bei seinem dritten Besuch in Rom gab es stattdessen ein Mittagessen, zusammen mit dem Papst und Parolin. „Ich sprach über Hongkong, Parolin sagte kein Wort. Am Ende sagte ich: ‚Heiliger Vater, was ist mit meinen Einwänden gegen das Dokument?‘ Er sagte: ‚Oh, oh, ich werde mir die Sache ansehen.‘ (…) Ich habe den klaren Eindruck, dass Parolin den Heiligen Vater manipuliert.“

Niemand kann wissen, was Parolin antreibt

Auf die Frage, was Parolin antreibe, antwortete Zen, dass niemand das wissen könne, nähme man all sein Wissen über China und die Kommunisten zusammen. „Die einzige Erklärung ist nicht der Glaube. Es ist diplomatischer Erfolg. Angeberei.“ Das Abkommen fordere von katholischen Priestern, ein von der chinesischen Regierung vorgelegtes Registrierungsdokument zu unterzeichnen. Dies verstoße gegen die Orthodoxie. „Du kannst nicht dich selbst betrügen. Du kannst nicht die Kommunisten betrügen. Du kannst nicht die ganze Welt betrügen. Du betrügst die Gläubigen. Wenn du dieses Dokument unterzeichnest, dann akzeptierst du, dass du ein Mitglied dieser Kirche unter der Führung der kommunistischen Partei bist. Das ist schrecklich, schrecklich.“

DT/mga

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