Als „talentierten Redner und leidenschaftlichen russischen Patrioten“ hat das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, den am Mittwoch verstorbenen Politiker Wladimir Schirinowski gewürdigt. Dieser sei „ein charismatischer Führer und ein aktiver Politiker, sensibel für die Herausforderungen der Gesellschaft“ gewesen. Kyrill attestierte dem Verstorbenen „Gelehrsamkeit, Kenntnisse der Weltgeschichte wie der nationalen Geschichte und der internationalen Beziehungen“.
Schirinowski sei eine „facettenreiche, außergewöhnliche und kluge Persönlichkeit“ gewesen, ist in einer öffentlichen Erklärung des russischen Patriarchen zu lesen. Kyrill spricht von „guten persönlichen Beziehungen, die uns seit vielen Jahren verbinden“.
Antisemit, Gewalttäter und Verschwörungstheoretiker
Der 1946 im kasachischen Alma-Ata geborene Schirinowski war einer der nationalistischsten und aggressivsten russischen Politiker der postsowjetischen Zeit. Obwohl selbst teilweise jüdischer Abstammung (was er bestritt), fiel er immer wieder durch antisemitische und rassistische Äußerungen auf. Er griff Kritiker mehrmals auch handgreiflich an, zettelte öffentliche Schlägereien an und forderte seine Leibwächter in einer Pressekonferenz 2014 auf, eine anwesende schwangere Journalistin zu vergewaltigen. 2021 wurde er für die Stärkung der russischen Staatlichkeit und die Entwicklung des Parlamentarismus mit dem Vaterländischen Verdienstorden Erster Klasse geehrt.
Der am Mittwoch einer Coronainfektion erlegene Politiker hatte auch eine Neigung zu Verschwörungstheorien. So behauptete er, die Terroranschläge vom 11. September 2001 seien von der amerikanischen Regierung mit Hilfe des israelischen Geheimdienstes Mossad inszeniert worden. Die Terroranschläge in Brüssel 2016, bei denen 32 Menschen starben, begrüßte er öffentlich. Sein erklärtes Ziel war ein Russland in den Grenzen von 1917, womit ein Gebietsanspruch auf Finnland, einen Teil Polens, Belarus und die Ukraine verbunden ist. Ostpreußen wollte er dagegen an Deutschland verkaufen. 2014 schrieb er an die Regierungen Polens, Rumäniens und Ungarns, um ihnen die Aufteilung der Ukraine vorzuschlagen. Den Einmarsch Russlands in der Ukraine sagte er bereits Ende 2021 präzise voraus. DT/sba
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