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Russische Orthodoxie ist „auf Abwege geraten“

Der orthodoxe Erzbischof von Finnland versucht, Patriarch Kyrill zur Umkehr zu mahnen.
Erzbischof von Finnland versucht, Patriarch Kyrill zur Umkehr zu mahnen
Foto: IMAGO/Sergei Karpukhin (www.imago-images.de)

Angesichts der Bilder von zerbombten Wohnhäusern, Krankenhäusern und Kirchen in der Ukraine hat der orthodoxe Erzbischof von Finnland, Leo Makkonen, an den Moskauer Patriarchen Kyrill appelliert, einzulenken. Russland habe in den vergangenen Wochen gezeigt, dass es nicht versucht, zivile Opfer zu vermeiden. „Russlands Aktionen in Butscha und anderen ukrainischen Städten und Dörfern repräsentieren nicht die Schrecken des Krieges, sondern menschliches Übel in seiner schlimmsten Form.“ Es handle sich um Kriegsverbrechen, für die Russland zu gegebener Zeit zur Rechenschaft gezogen werde, so Erzbischof Leo Makkonen.

"Wachen Sie um Christi willen auf"

Jetzt sei es „höchste Zeit für die Kirche in Russland, zu erkennen, dass sie auf Abwege geraten ist“. An den Patriarchen in Moskau gerichtet sagte der finnische Erzbischof: „Denken Sie an die Versprechen, die Sie als Bischof und Patriarch vor Gott gegeben haben. Sie müssen sich dafür vor dem Allmächtigen rechtfertigen.“ Und weiter, an Kyrill gewandt: „Wachen Sie um Christi willen auf, und verurteilen Sie dieses Übel!“ Das Oberhaupt der finnischen Orthodoxie empört sich darüber, dass die Führung der russisch-orthodoxen Kirche an der Seite der russischen Staatsführung stehe und den Krieg als legitimen und „heiligen Krieg“ darstelle, wie das Portal „Orthodox Times“ berichtet.

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Die finnische Orthodoxie genießt einen autonomen Status, untersteht aber dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel. Bis zur staatlichen Unabhängigkeit Finnlands 1918 waren sie ein Teil der russisch-orthodoxen Kirche.

Ein böser, unheiliger Krieg

Von einem „bösen und unheiligen Krieg“ hatte zuvor der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios, gesprochen. Im Rahmen einer Vesper sagte das Ehrenoberhaupt der weltweiten Orthodoxie am Sonntagnachmittag: „Wir müssen ständig für die Wiederherstellung des Friedens in der Ukraine und auf der ganzen Welt beten.“

Anders als der Moskauer Patriarch Kyrill hat sein Statthalter in der Ukraine, Metropolit Onufrij, die Massaker von Butscha am Montag verurteilt. „Trauer erfüllt mein Herz. Ich vertraue diejenigen, die diese Gewalt begangen haben, dem Gericht Gottes an, dem niemand entkommen kann“, schrieb das Oberhaupt der „Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats“ in einer kurzen Erklärung, in der er den Opfern und ihren Familien sein Gebet zusagte.

Kyrill dagegen hatte noch am Sonntag in einer Liturgie die russischen Soldaten gewürdigt, „die ihr Leben der Verteidigung des Vaterlandes widmen“. Die Vertreter der Armee müssten „die historische Bedeutung des gegenwärtigen Augenblicks erkennen“, sagte Kyrill. Neuerlich behauptete der Moskauer Patriarch, dass Russland in der Ukraine einen legitimen Verteidigungskrieg führe: „Wir sind ein friedliebendes Land und ein sehr friedliebendes, leidgeprüftes Volk. Wir haben kein Verlangen nach Krieg, aber wir sind durch unsere gesamte Geschichte so erzogen worden, dass wir unser Vaterland lieben und bereit sind, es so zu verteidigen, wie nur Russen ihr Land verteidigen können.“  DT/sba

Lesen Sie einen ausführlichen Hintergrundbericht zur Lage der Orthodoxie angesichts des Kriegs in der Ukraine in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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