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Die Verschwörungstheorien von Erzbischof Viganò

George Weigel entzaubert in „First Things“ die immer abstruser werdenden Theorien von Erzbischof Viganò. Weigel analysiert Aussagen des Bischofs zur Weltordnung, zur Corona-Impfung und nun auch zum Überfall Russlands auf die Ukraine.
Vigano glaubt, Moskau könne als drittes Rom die Menschheit in eine bessere Zukunft führen
Foto: Charles Rex Arbogast (AP Pool) | Erzbischof Vigano glaubt, Moskau könne als drittes Rom die Menschheit in eine bessere Zukunft führen.

George Weigel zieht in seinem Beitrag für das US-amerikanische Magazin First Things eine Parallele zwischen einer der Nebenpersonen aus der Trilogie vonEvelyn Waugh „Sword of Honor“ (deutscher Titel: „Ohne Furcht und Tadel“) zu Erzbischof Carlo Maria Viganò. Im Roman ist der Kommandant einer „supergeheimen Nachrichtendiensteinheit“ ein „Verschwörungstheoretiker, der ständig Verbindungen zwischen Dingen herstellt, bei denen kein vernünftiger Mensch auf die Idee käme, sie miteinander zu verknüpfen oder sie auch nur für verknüpfbar zu halten“, stellt Weigel fest.

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Messias- Komplex

Der Kommandant sei darüber hinaus von einem „Messias-Komplex besessen“ gewesen: „Wenn man ihm Zeit ließ und er genug vertrauliches Material zusammenbekam, würde es ihm bestimmt gelingen, die ganze zerstrittene Welt in ein einziges Netzwerk der Verschwörung zu verknüpfen, in dem es keine Widersacher mehr gab, sondern nur Millionen von Männern, die für dasselbe Ziel arbeiteten. Und dann würde es keinen Krieg mehr geben“ (aus „Ohne Furcht und Tadel“). Für diesen Kommandanten stünden die Alliierten und die Nazis tatsächlich auf derselben Seite, wie Weigel erläutert.

Doch „eine der Tragödien“ sei, dass dieser Kommandant „Erzbischof Carlo Maria Viganò ist, der ehemalige Apostolische Nuntius in den Vereinigten Staaten“, wie der US-amerikanische Theologe auf den von ihm hergestellten Vergleich verweist. Denn jahrelang habe der Erzbischof „Erklärungen“ herausgegeben, die „in ihrer Analyse kirchlicher, politischer und epidemiologischer Angelegenheiten sowie von Impfthemen zunehmend konspirativ“ ausfielen. In seiner von ihm am 6. März veröffentlichten 10.000 Wort langen „Erklärung zur Krise zwischen Russland und der Ukraine“ fänden sich offenkundig falsche Behauptungen, wie Weigel feststellt: so etwa unter vielem anderen, dass praktisch alles, was man über den Krieg in der Ukraine denke oder wisse, eine „krasse Verfälschung der Mainstream-Medien“ sei, und dass jeder, der die Behauptungen des Erzbischofs nicht akzeptiere, ein Opfer der „Gehirnwäsche durch die Mainstream-Medien“ sei.

Kremel- Propaganda

Die ukrainische „Revolution der Würde“ – 2013 bis 2014 auf dem Maidan – sei „eine von George Soros gesponserte Operation“ gewesen. Präsident Biden und die Europäische Union führten einen „kriminellen Plan“ aus, „um jeden Versuch einer friedlichen Lösung der Ukraine-Krise unmöglich zu machen, indem sie die Russische Föderation dazu provoziert hatten, einen Konflikt auszulösen“. Weigel kommentiert ironisch: „Was Sie meinen, über tote Zivilisten und die zivile Infrastruktur gesehen zu haben (darunter eine Entbindungsklinik), die von russischen Raketen, Bomben und russischem Artilleriebeschuss absichtlich zerstört wurde, ist in Wirklichkeit die Schuld des Westens“. Doch es gebe Hoffnung: Das „Dritte Rom“ – das russisch-orthodoxe Moskauer Patriarchat – könnte die Menschheit in eine bessere Zukunft führen, wie Viganò meine.

Dazu konstatiert Weigel: „Wer auch immer diese Absurditäten niederschreibt, den scheint es nicht zu interessieren, dass er die Desinformation und Propaganda des Kremls Wort für Wort reproduziert. Dass westliche Medien, die normalerweise stark links orientiert sind, plötzlich zutiefst russenfeindlich und kriegslüstern werden, ist lächerlich“. Und dass George Soros, „von dem ich kein Bewunderer bin“, die Revolution der Würde gesponsert haben soll, „wäre ein Schock für meine ehemaligen Studenten, die bei eisigem Winterwetter ihr Leben riskierten“.

Zunehmend verwirrter

Weigel habe lange daran gezweifelt, „dass Erzbischof Viganò tatsächlich diese in seinem Namen herausgegebenen ‚Erklärungen‘ selbst verfasst habe, die im Laufe der Zeit tragischerweise immer verwirrter wurden. Und ich sage ‚tragischerweise‘, weil ich den Erzbischof einst zu meinen Freunden zählte und ihm unverändert dankbar bin für seinen Dienst für den Vatikan (wo er in einer oftmals unaufrichtigen Umgebung ein aufrichtiger Mann war) und für die Kirche in den Vereinigten Staaten (denen er als Nuntius gut diente)“. Doch diese jüngste Erklärung über den Krieg in der Ukraine habe eine „rote Linie überschritten“. Indem Erzbischof Carlo Maria Viganò zulasse, „Lügen, Verleumdungen und Kreml-Propaganda in seinem Namen herauszugeben, hat er den Nachruf auf das geschrieben, was von seiner ehemals bedeutenden religiösen und moralischen Autorität noch vorhanden war“. DT/ks

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