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Erzbischof Viganòs Traditionalismus spaltet

In seiner Kritik an "Traditionis custodes" spart Erzbischof Viganò nicht mit seinen üblichen Ausfällen gegen Papst Franziskus. Doch er wird nicht nur Opfer seiner eigenen Verschwörungstheorien - er greift auch einfache Gläubige an. Ein Kommentar.
Viganò kritisiert Motu proprio
Foto: Michael Kappeler (dpa) | In seinem Versteck bekommt Vigano wohl vieles nicht mit, sonst könnte er nicht schreiben, dass der Papst die Irrtümer der heutigen Zeit nicht nur nicht verurteile, sondern „sie aktiv verbreitet“.

Erzbischof Carlo Maria Vigano gibt gerne den Gegenpapst. Das hat er sich so vor drei Jahren angewöhnt, als er im Zuge des McCarrick-Skandals Papst Franziskus in einer Weise angriff, die für einen Bischof und ehemaligen Nuntius beziehungsweise hohen Kurienmitarbeiter völlig ungewöhnlich ist. Knapp drei Wochen hat sich nun der im Untergrund lebende Erzbischof Zeit genommen, um seine Munition gegen das Motu proprio „Traditionis custodes“ von Franziskus blank zu putzen. Dass seine Philippika dann auch sofort auf katholischen Blogs erschienen ist, zeigt einmal mehr, dass Vigano so etwas wie eine Stimmgabel für die konservative Opposition gegen den amtierenden Papst geworden ist.

„Hier wird Vigano nicht mehr nur Opfer
seiner Verschwörungstheorien,
sondern hier greift er normale Gläubige, die Bischöfe der Weltkirche
und die letzten Päpste an“

Natürlich spart er nicht mit seinen üblichen Ausfällen gegen Franziskus, „das Haupt der extremistischsten Gruppe des Progressivismus“, der seine „doppelte Rolle als Papst und als Liquidator der katholischen Kirche“ dazu nutze, die Kirche „unter den Schlägen von Dekreten und Regierungsakten zu zerstören und auf der anderen Seite das ihm durch seine Aufgabe zukommende Prestige gebraucht, um die neue Religion auf den Trümmern der alten zu errichten und zu verbreiten“. In seinem Versteck bekommt Vigano wohl vieles nicht mit, sonst könnte er nicht schreiben, dass der Papst die Irrtümer der heutigen Zeit nicht nur nicht verurteile, sondern „sie aktiv verbreitet“. Wie sich das mit den klaren Worten von Franziskus zu Abtreibung und Gender vereinbaren lässt?

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Aber da ist noch ein anderer Punkt bei Vigano, eine Kerbe sozusagen, in die er mit vielen anderen Traditionalisten hineinschlägt: Nämlich immer so zu tun, dass da der „Vetus Ordo“ sei, die Zelebration nach dem Missale von 1962, das heißt „die Apostolische Messe, die Stimme der Kirche Christi“, und dann eben jene „montinische eucharistische Feier“, also der neue Ritus als „Stimme der Kirche des Konzils“. Beide Messfeiern seien vom Ansatz „lehrmäßig und ekklesiologisch unversöhnbar“. Es gebe die „Messe von immer“ – und dann die „montinische Messe“, welche wiederum „unvereinbar mit der katholischen Ekklesiologie“ sei. Hier wird Vigano nicht mehr nur Opfer seiner Verschwörungstheorien, sondern hier greift er normale Gläubige, die Bischöfe der Weltkirche und die letzten Päpste an – nicht zuletzt Benedikt XVI., der als Papst nie eine Messe nach dem alten Ritus gefeiert hat, sondern immer nur nach dem „Novus Ordo“ – und damit laut Vigano einer unkatholischen Ekklesiologie Vorschub leistete?

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Da wackelt dann der Schwanz mit dem Hund

Doch hier geht es nicht um die Päpste, sondern um die 99 Prozent der Gläubigen und die 99 Prozent des Weltepiskopats, die sich von traditionalistischer Arroganz bescheinigen lassen sollen, nicht mehr die Messe der Kirche Christi zu besuchen, wenn sie, wie überall auf der Welt, einen ganz normalen Gottesdienst besuchen. Welcher nicht mehr katholischen Ekklesiologie folgt man denn dann, wenn man in Heiligenkreuz, in den Bischofskirchen, in den Abteien und Pfarreien treu nach den Vorschriften den Gottesdienst feiert? Es ist dieselbe Messe, die auch schon vor fünfhundert, tausend und fünfzehnhundert Jahren gefeiert wurde.

Traditionalisten vom Schlage eines Vigano sind wie der Schwanz, der mit dem Hund zu wedeln versucht. Doch so etwas dann in katholischen Blogs zu verbreiten, ist schon ein „dicker Hund“.

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