Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Missbrauchsvorwürfe

Kontroverse um peruanischen Kardinal Cipriani

Dem ehemaligen Erzbischof von Lima wird sexueller Missbrauch vorgeworfen. Der emeritierte Kardinal reagierte umgehend – und streitet jeden Vorwurf ab.
Der peruanische Kardinal Juan Luis Cipriani
Foto: Carlos Garcia Granthon (imago stock&people) | Sind die Missbrauchsvorwürfe gegen ihn begründet oder nicht? Der peruanische Kardinal Juan Luis Cipriani zelebriert 2018 eine Messe in Lima.

Die spanische Zeitung „El País” hat am Wochenende einen Artikel veröffentlicht, in dem dem emeritierten peruanischen Kardinal Juan Luis Cipriani sexueller Missbrauch vorgeworfen wird. Im Jahr 2019 hatte Cipriani dem Papst mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren seinen Rücktritt als Erzbischof von Lima angeboten. Franziskus nahm diesen umgehend an. Der Grund, so „El País“, sei die Aussage eines heute 58-jährigen Mannes, der anonym bleiben möchte: Der Kardinal – der von 1977 bis 1988, als er von Johannes Paul II. zum Bischof ernannt wurde, Priester des Opus Dei war – habe ihn 1983 als 16- bis 17-Jährigen während der Beichte in Lima unsittlich berührt und geküsst. 

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Der Papst gab den Anschuldigungen offensichtlich Glauben und bestrafte den heute 81-Jährigen mit Exil und Disziplinarmaßnahmen. Matteo Bruni, Direktor des Presseamtes des Vatikans, bestätigte am Sonntag, dass Cipriani nach seinem Rücktritt „ein Strafgebot mit bestimmten Disziplinarmaßnahmen in Bezug auf seine öffentliche Tätigkeit, seinen Wohnort und die Verwendung von Kardinalsinsignien auferlegt wurde“. Diese Maßnahmen, so Bruni, seien von Cipriani „unterzeichnet und akzeptiert“ worden und bis heute gültig. Dennoch wurden ihm in Einzelfällen alters- oder familiär bedingte Ausnahmen gewährt.

Cipriani weist Vorwürfe entschieden zurück

Nach seinem Rücktritt verlegte Cipriani seinen Wohnsitz zunächst nach Rom, wo er bis zu seinem 80. Lebensjahr als Kardinalmitglied des Dikasteriums für die Selig- und Heiligsprechungen tätig war. Anschließend zog er sich vollständig aus der römischen Kurie zurück und lebt seitdem in Madrid.

In einem Offenen Brief an „El País“ wies Cipriani die Vorwürfe entschieden zurück. Er wolle „klarstellen, dass die darin beschriebenen Fakten völlig falsch“ seien. Cipriani betont, dass er weder 1983 noch zu einem anderen Zeitpunkt ein Verbrechen begangen oder jemanden sexuell missbraucht habe.

Der emeritierte Erzbischof von Lima schilderte zudem, wie er die Disziplinarmaßnahmen erlebte: „Im August 2018 wurde ich darüber informiert, dass eine Beschwerde eingegangen war, die mir jedoch nicht ausgehändigt wurde.“ Ohne Anhörung oder Verfahren sei ihm im Dezember 2019 vom Apostolischen Nuntius mündlich mitgeteilt worden, dass die Glaubenskongregation Maßnahmen gegen ihn verhängt habe. Diese umfassten Einschränkungen seines priesterlichen Dienstes und die Auflage, seinen festen Wohnsitz außerhalb Perus zu nehmen. Cipriani fügte hinzu, dass er gebeten worden sei, Stillschweigen zu bewahren, was er bislang respektiert habe.

Parallele zum Fall Pell?

Besorgt zeigte sich Cipriani über die Weitergabe vertraulicher Informationen: „Es ist bedenklich, dass Teilinformationen veröffentlicht wurden, die offenbar aus Unterlagen stammen, die dem Heiligen Stuhl vorbehalten sind, und die nicht einmal ich besitze.“

Cipriani äußerte seine „völlige Ablehnung und Abscheu vor dem sexuellen Missbrauch von Minderjährigen und schutzbedürftigen Menschen“ und betonte, dass er keinen Groll gegen den Ankläger hege und für ihn bete. Gleichzeitig zog er Parallelen zum Fall des australischen Kardinals George Pell, der 2019 zu Unrecht wegen Missbrauchsvorwürfen verurteilt und inhaftiert wurde. Das Urteil wurde 2020 jedoch in letzter Instanz aufgehoben. Allerdings besteht der Unterschied darin, dass Kardinal Cipriani weder vor ein ordentliches noch vor ein kirchliches Gericht geladen wurde.

Die spanische Plattform „InfoCatólica“ stellte fest, dass die Vorwürfe und Ciprianis Zurückweisung viele Fragen offenlassen: „In diesem Fall lässt die Darstellung der Ereignisse nach der Zurückweisung der Vorwürfe durch Kardinal Cipriani viele Fragen offen, die über seine Schuld oder Unschuld hinausgehen, obwohl es wie im Fall Pell berechtigte Befürchtungen gibt, dass nichts unternommen wird, um sie zu klären.“

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