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Römische Synodalität und deutsche Schummelei

Auch der „Fahrplan“ des Vatikans zur Umsetzung der Doppelsynode zur Synodalität belegt, dass der deutsche Synodale Weg nicht das Geringste mit dem kirchlichen Weltprozess zu tun hat.
Papst Leo im Petersdom
Foto: IMAGO/Maria Grazia Picciarella (www.imago-images.de) | Am Montag hat das römische Synodensekretariat den „Fahrplan“ der Umsetzungsphase des synodalen Weltprozesses veröffentlicht. Mit den Vorstellungen des Synodalen Wegs in Deutschland hat das nichts zu tun.

Bereits im kommenden Herbst, vom 24. bis 26. Oktober, wird in Rom ein erster Programmpunkt der Umsetzungsphase des synodalen Weltprozesses stattfinden – dann nämlich, wenn das „Jubiläum der Synodenteams und der Beteiligungsgremien“ auf dem Programm des Heiligen Jahres steht. Man möchte wetten, dass die Spitzen von Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken dann wieder handverlesene Protagonisten des Synodalen Wegs zu dem römischen Treffen schicken.

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Immer noch erwecken der Konferenzvorsitzende, Bischof Georg Bätzing, und ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp den Eindruck, als hätten der deutsche Synodale Weg und der von Papst Franziskus angestoßene Weltprozess zur Synodalität irgendetwas miteinander zu tun. Haben sie aber nicht. Weder von der Methode noch von den Zielen her. Was die Spitzen der Betreiber des Synodalen Wegs in Deutschland aber wohl kaum davon abhalten dürfte, den eigenen Leuten – in der Öffentlichkeit spielt das Thema überhaupt keine Rolle mehr – Sand in die Augen zu streuen und eine angebliche Deckungsgleichheit der beiden Prozesses zu behaupten. 

Der Synodale Weg als Prokrustesbett

Am Montag hat das römische Synodensekretariat den „Fahrplan“ der Umsetzungsphase des synodalen Weltprozesses veröffentlicht (DT online vom 7. Juli). Seit gestern steht er in deutscher Fassung auf der Homepage der Deutschen Bischofskonferenz zur Verfügung. Jeder kann also nachlesen, worum es dem Papst und den „Römern“ geht: Das im Oktober 2024 beschlossene Schlussdokument mit Leben zu erfüllen, das heißt, die Kirche fähiger zu machen, „das Reich Gottes zu verkünden und den Männern und Frauen unserer Zeit das Evangelium des Herrn zu bezeugen“. In einer synodalen Weise sollen möglichst viele Glieder der Kirche auf den Weg der Evangelisierung und Mission mitgenommen werden. Wenn die Macher des Synodalen Wegs in Deutschland allein das schon ernstnehmen würden, müssten sie das Prokrustesbett aufbrechen, in das sie ihr Projekt mit der Einrichtung des Synodalen Ausschusses gelegt haben, und es für alle öffnen. 

Im „Fahrplan“ des Synodensekretariats steht genau drin, wer sich alles an der Umsetzung des Abschlussdokuments von 2024 beteiligen soll: Nämlich „das gesamte Volk Gottes, Frauen und Männer, in der Vielfalt der Charismen, Berufungen und Ämter, mit denen es bereichert wird, und in den verschiedenen Ausdrücken, in denen sich sein Leben konkret entfaltet“, wobei der „Fahrplan“ ausdrücklich „kleine christliche Gemeinschaften oder kirchliche Basisgemeinschaften, Pfarreien, Vereinigungen und Bewegungen, Gemeinschaften von geweihten Männern und Frauen und so weiter“ nennt. Denn da die Synodalität eine „konstitutive Dimension der Kirche“ sei, „kann sie kein Weg sein, der sich auf einen Kern von ,Anhängern‘ beschränkt“. Genau das aber macht der Synodale Weg in Deutschland: Er beschränkt die Mitwirkung auf die Funktionäre der Amtskirche und der Verbände, die das Zentralkomitee der deutschen Katholiken zu vertreten glaubt.

Die Rolle der Bischofskonferenzen

Und die Bischöfe? Sie müssten eigentlich die Entscheider sein, die laut römischem Synodensekretariat die Umsetzungsphase leiten und eröffnen: „Gerade weil es sich um einen kirchlichen Prozess im wahrsten Sinne des Wortes handelt, ist der Diözesan- oder Eparchiebischof der erste Verantwortliche für die Umsetzungsphase in jeder Ortskirche: Ihm obliegt es, sie zu eröffnen, offiziell die Zeiten, Methoden und Ziele anzugeben, ihren Verlauf zu begleiten und sie abzuschließen, indem er die Ergebnisse bestätigt.“ Dann erst, ab der zweiten Jahreshälfte 2027, kämen die nationalen und internationalen Bischofskonferenzen ins Spiel. Allerdings in rein subsidiärer Form. 

Ihre Aufgabe ist laut „Fahrplan“ „die Koordination und Vernetzung der diözesanen Synodalteams“, die Förderung der theologischen und pastoralen Reflexion, „vor allem im Hinblick auf eine bessere Inkulturation der vom Generalsekretariat erarbeiteten Hilfsmittel in den lokalen Kontext“. Und schließlich „die Kommunikation mit dem Generalsekretariat der Synode“, indem die Bischofskonferenzen helfen, zum Beispiel „die Beiträge der Ortskirchen zu sammeln und in nationalen Synthesen zu bündeln“. Es ist nur allzu offensichtlich, dass sich der Vatikan die Umsetzung der Doppelsynode zur Synodalität völlig anders vorstellt, als es die Damen und Herren im Synodalen Ausschuss deutscher Zunge mitunter behaupten.

Die Kirche als Sakrament in der Welt von heute

Was schon für die Methode gilt, gilt erst recht für die Ziele: Auch hier tickt der deutsche Weg völlig anders. Der Synodale Weg will die Kirche verändern: Die hierarchische Struktur der Kirche. Bischöfe sollen sich selbst verpflichten, Entscheidungen eines paritätisch von Bischöfen und Laien besetzten Obergremiums zu übernehmen. Man will Frauen den Zugang zu Weiheämtern öffnen. Dann die Sexualmoral. Die Segnung von Paaren der unterschiedlichsten Zusammensetzung. Alles das haben die Synodalforen in Frankfurt mehrfach durchgekaut.

Und von all dem findet sich nichts beim synodalen Weltprozess, weder im Abschlussdokument von 2024 noch jetzt zu Beginn seiner Umsetzung. Dem Vatikan geht es bei der Stärkung der Synodalität vielmehr darum, der Welt glaubwürdiger und unter Beteiligung aller Getaufter Jesus Christus näher zu bringen. „Wir leben in einer Welt, die sich in einer endlosen Spirale von Gewalt und Krieg befindet und der es immer schwerer fällt, Möglichkeiten der Begegnung und des Dialogs im Hinblick auf das Gemeinwohl und den Frieden zu schaffen“, schreibt der Generalsekretär, Kardinal Mario Grech, in seinem Begleitbrief zum „Fahrplan“ der Umsetzungsphase. Mehr denn je brauche die Welt eine Kirche, „die es versteht, in Christus als Sakrament“ zu sein, „das heißt als Zeichen und Werkzeug der innigsten Vereinigung mit Gott und der Einheit des ganzen Menschengeschlechts“. In den verschiedenen Kontexten dieser Welt, so Grech weiter, stelle der synodale Weltprozess „einen Akt der weiteren Rezeption des Konzils dar, verlängert seine Inspiration und erneuert seine prophetische Kraft für die Welt von heute“.

Es geht um die Umsetzung der Kirchenlehre, wie sie zuletzt das Zweite Vatikanum formuliert hat, in der Welt, wie sie heute nun einmal ist. Und nicht um eine Änderung der Lehre. Es geht um Mission und Evangelisierung. Wenn sich zumindest die Bischöfe, die den Synodalen Weg in Deutschland weiter tragen, das nochmals hinter den Spiegel stecken würden.

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