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Papst Leo XIV. erkennt den Wert ewiger, unveränderlicher Wahrheiten

Der amerikanische Ratzingerschüler und Gründer des renommierten katholischen Verlagshauses Ignatius Press, Fr. Joseph Fessio, äußert sich gegenüber der „Tagespost“ zum Pontifikatswechsel in Rom.
Papst Leo beim Regina Caeli
Foto: IMAGO/Beata Zawrzel (www.imago-images.de) | Was Fr. Fessio bislang über Papst Leo XIV. gelesen habe, ebenso wie seine ersten Ansprachen und Predigten, hätte ihn sehr ermutigt, schreibt er in einem Gastbeitrag.

Ich kannte Bischof Robert Prevost nicht und wusste auch nichts über ihn, bis er Papst Leo XIV. wurde; daher habe ich kein besonderes Wissen darüber, welche Art von Priester oder Bischof er bislang gewesen ist. Was ich nun aber über ihn gelesen habe  - ebenso wie seine ersten Ansprachen und Predigten - hat mich sehr ermutigt.

Auch Papst Leo XIV. kann nicht alleine für ein lebendiges Glaubensleben sorgen

Er ist bereits der achte Papst meines Lebens, weswegen mein persönliches Interesse möglicherweise zugegebenermaßen an ihm etwas geringer ist. (Und ihm gingen 266 Päpste voraus.) Aber die Kirche – ja, sogar die Welt – braucht einen Papst. Deshalb hat Jesus dieses Amt gestiftet und den heiligen Petrus als ersten Papst eingesetzt. Die Bedeutung dieser Institution für die Einheit und Kontinuität der katholischen Kirche zeigt sich am weltweiten Interesse an seiner Wahl.

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Nichtsdestotrotz hängt die Lebendigkeit des Glaubenslebens in der Kirche nicht von einem bestimmten Papst ab, nicht einmal von Petrus oder den „Großen“ wie Leo, Gregor oder Johannes Paul II. Auch wenn sie in der Öffentlichkeit eine herausragende Stellung haben (ob als Stellvertreter Christi oder – wie die Feinde der Kirche unfreundlicherweise behaupten würden – als Diener Satans), ist ihre Aufgabe eine sehr demütige: „Den Glauben zu bewahren, der den Heiligen ein für alle Mal überliefert wurde.“

Leo XIV. geht hervorragend vorbereitet in sein Amt

Für mich, der ich gesegnet war, Benedikt XVI. über 30 Jahre lang persönlich zu kennen, bevor er Papst wurde, ist das, was ich über Leo XIV. erfahren habe, sehr ermutigend. Papst Leo ist kein Gelehrter mit den Errungenschaften von Johannes Paul II. oder Benedikt XVI. – zwei der brillantesten Päpste in der langen Geschichte der Kirche. Aber er ist ganz offensichtlich intelligent und gut gebildet. Er hat einen Doktortitel im Kirchenrecht und – was ich für ein bemerkenswertes Zeichen halte – einen Bachelor-Abschluss in Mathematik! Er erkennt den Wert ewiger, unveränderlicher Wahrheiten an.

Fr. Joseph „Joe“ Fessio SJ
Fr. Joseph „Joe“ Fessio SJ (Jahrgang 1941) ist Jesuit und Gründer des katholischen Verlagshauses Ignatius Press.

Er war Direktor für Berufungen und Missionen der Augustinerprovinz des Mittleren Westens. Als Jesuit weiß ich, dass für diese Rolle in der Regel eifrige und fromme Männer ausgewählt werden. Später war er Provinzial dieser Provinz und dann zwölf Jahre lang Generalprior des gesamten Augustinerordens. Das sind sehr bedeutende Ämter. Denn ein Ordensoberer wird mit Menschen konfrontiert, die er nicht selbst ausgewählt hat. Er muss lernen, sie alle zu lieben und zu unterstützen – ob „konservativ“, „progressiv“ oder einfach eigenwillig (sicherlich die größte Gruppe). Unabhängig von seiner eigenen Ausrichtung muss er für alle persönlich sorgen (in der Sprache der Orden nennt man das cura personalis). Eine hervorragende Vorbereitung für jemanden, der für eine weltweite, sehr vielfältige Gemeinschaft verantwortlich sein wird.

Ein Missionar auf dem Stuhl Petri

Er ist auch ein Missionar - die Betonung liegt auf „ist", nicht "war". Das ist ein Ausdruck des Wunsches, das Evangelium „bis an die Enden der Erde“ zu verkünden. Er verbrachte außerdem mehrere Jahre in Rom in einer der wichtigsten Positionen der Kirche, als Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe. Dieses Dikasterium (so heißen die wichtigsten Abteilungen direkt unter dem Papst) ist für die Prüfung von Kandidaten für das Bischofsamt weltweit verantwortlich. Er kennt also die Lage der Kirche auf der ganzen Welt. Und – sehr wichtig – er kennt den Vatikan, die römische Kurie (alle vatikanischen Amtsträger) und weiß, wem er vertrauen kann – oder eben nicht.

Er ist Augustiner und liebt den heiligen Augustinus – den er in seiner ersten Ansprache zitierte. Das ist ein großartiges Vorbild. Einer der größten Bischöfe und Theologen der Kirchengeschichte. Augustinus’ „Bekenntnisse“ sind tief persönlich und geistlich. „Der Gottesstaat“ ist eine meisterhafte Deutung von Gottes Herrschaft in der Geschichte.

Nomen est omen

Und natürlich gibt es viele mögliche Deutungen, warum er den Namen Leo gewählt hat. Die naheliegendsten (zumindest für mich) sind sehr positiv: Leo I. (der Große) war sowohl Gelehrter als auch Seelsorger. Er stellte sich mutig einer feindlichen Kultur entgegen (Attila den Hunnen!) und verteidigte entschieden und klar die Lehre der Kirche über die wahre Gottheit und Menschheit Christi. Leo XIII. belebte das Studium des heiligen Thomas von Aquin neu und begründete die moderne Soziallehre der Kirche, indem er mit der Weisheit und Erfahrung der Kirche auf das neue Industriezeitalter antwortete. Wir befinden uns in einem vergleichbaren historischen Moment, da wir in das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz und des Quantencomputings eintreten.

Die erste Ansprache des Papstes war wunderschön. Frieden war das Hauptthema. Sie war klar, persönlich und inspirierend. Ebenso seine erste Predigt am Tag darauf, in der er den heiligen Ignatius von Antiochien zitierte – einen der frühesten Zeugen für das Primat Petri und Bischof von Rom, der „in der Liebe der ganzen Kirche vorsteht“ und in Ketten nach Rom kam, um „Speise für die wilden Tiere“ zu werden, um „Gottes Weizen zu sein, zermalmt durch deren Zähne … und so Christi reines Brot zu werden“.

Es bleibt mir nur zu sagen: Viva il Papa!


Zur Person:

Fr. Joseph „Joe“ Fessio SJ (Jahrgang 1941) ist Jesuit und Gründer des katholischen Verlagshauses Ignatius Press, in dem zahlreiche große christliche Autoren - von Kirchenvätern wie Augustinus bis hin zu Theologen des 20. Jahrhunderts wie Henri de Lubac, Hans Urs von Balthasar und Joseph Ratzinger - einem amerikanischen Publikum vorgestellt wurden. Fr. Fessio promovierte 1975 in Regensburg bei Joseph Ratzinger über die Ekklesiologie von Hans Urs von Balthasar und gehört dem Ratzinger-Schülerkreis an. Er moderiert zudem den wöchentlichen Podcast „Father Fessio in Five“.

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