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Die neue Leichtigkeit des kurialen Seins

Die erste Weihnachtsansprache des Papstes: Seine engsten Mitarbeiter in der Römischen Kurie lädt Leo XIV. dazu ein, Freunde zu sein, die im Alltag geschwisterliche Beziehungen pflegen.
Papst Leo XIV.
Foto: DT / IMAGO / ABACAPRESS | Umgeben von Christbaumkugeln und Freunden: Papst Leo XIV. spricht zu den Mitarbeitern der römischen Kurie.

Es schien ihm eine Freude zu sein, als Kardinal Giovanni Battista Re, der große Architekt des letzten Konklaves, Papst Leo gestern bei dessen Weihnachtsansprache an die Römische Kurie begrüßte. Mit seinen 91 Jahren ist Re – auf Wunsch von Papst Franziskus – immer noch Dekan des Kardinalskollegiums. Mit Verve schaute er auf das Jahr zurück, das der Kirche einen neuen Papst und ein Heiliges Jahr mit Millionen von Pilgern beschert hat. Vor allem an die Jugendlichen und ihr Jubiläum erinnerte der Kardinal und konnte seine Freude kaum verbergen. Papst Leo lächelte, als er zu Beginn seiner Ansprache dem Kardinaldekan für seine Worte dankte, „die stets voller Begeisterung sind. Heute sagt uns der Psalm, dass unsere Lebensjahre 70 sind, 80 für die Stärksten, und so feiern wir auch mit Ihnen“ – der nun schon über 90 ist.

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Die gelöste und herzliche Atmosphäre war bei vergangenen Weihnachtsansprachen vor der Kurie nicht immer selbstverständlich. Unvergessen bleibt, wie Papst Franziskus sie nutzte, um seinen engsten Mitarbeitern die Krankheiten der Kurialen vorzuhalten – im Jahr darauf folgten dann die Arzneien und die Medizin, um sie auszutreiben. Bei Papst Leo davon keine Spur. Trotz der feierlichen Atmosphäre in der Benediktionshalle des Vatikans wagte er die Frage: „Können wir in der Römischen Kurie Freunde sein? Können wir freundschaftliche, geschwisterliche Beziehungen pflegen?“ Der Papst wünscht es sich und zitierte wie so oft den heiligen Augustinus: „So ist in allen menschlichen Dingen dem Menschen nichts freundlich ohne einen Freund.“ In seinem Bemühen, eine neue Einheit zu stiften – in der Kirche, aber auch im Vatikan –, hob der Papst auf einen erneuerten Sinn für das Gemeinschaftliche ab: „Wir sind, auch und vor allem hier in der Kurie, dazu gerufen, Baumeister der Gemeinschaft Christi zu sein, die danach verlangt, in einer synodalen Kirche Gestalt anzunehmen, in der alle an derselben Mission zusammenarbeiten und mitwirken, jeder entsprechend seinem Charisma und der ihm übertragenen Aufgabe. Dies lässt sich jedoch weniger mit Worten und Dokumenten als vielmehr durch konkrete Gesten und Haltungen erreichen, die sich in unserem Alltag, auch im Arbeitsumfeld, manifestieren müssen.“

„Wir sind keine kleinen Gärtner“

Diese freundschaftliche Gemeinschaft könne dann auch zu einem Zeichen nach außen, „ad extra“, werden, ausstrahlend auf eine Welt, „die von Zwietracht, Gewalt und Konflikten verwundet ist, in der wir auch eine Zunahme von Aggressivität und Wut beobachten, die nicht selten von der digitalen Welt wie auch von der Politik instrumentalisiert werden“. Die Arbeit der Kurie müsse in einem weiten Horizont gedacht werden. „Wir sind keine kleinen Gärtner“, meinte Papst Leo, „die sich um ihren eigenen Garten kümmern, sondern wir sind Jünger und Zeugen des Reiches Gottes, die berufen sind, in Christus Sauerteig einer universalen Geschwisterlichkeit zwischen verschiedenen Völkern, verschiedenen Religionen, zwischen Frauen und Männern aller Sprachen und Kulturen zu sein.“ Und als Zeichen, dass auch aus dem Munde nicht immer alles streng katholisch sein muss, gab der Papst den Kardinälen, Bischöfen und Prälaten der Kurie am Ende ein weihnachtliches Zitat des lutherischen Theologen Dietrich Bonhoeffer mit auf den Weg: „Gott schämt sich der Niedrigkeit des Menschen nicht, er geht mitten hinein […]. Gott […] liebt das Verlorene, das Unbeachtete, Unansehnliche, das Ausgestoßene, das Schwache und Zerbrochene.“ Ob das dann doch ein Wink mit dem Zaunpfahl war?

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