Nach dem Konsistorium vom gestrigen Samstag mit der Ernennung von 21 neuen Kardinälen, von denen 20 unter 80 Jahre alt sind und somit das Recht haben, den Papst zu wählen, zählt das Kardinalskollegium jetzt 253 Mitglieder, von denen 140 in einem Konklave stimmberechtigt sind. Wie üblich gab es auch in diesem zehnten Konsistorium von Franziskus Überraschungen. Die Hälfte der neuen Kardinäle gehört religiösen Orden und Kongregationen an. Das Durchschnittsalter ist eher niedrig (acht von ihnen sind unter 60 Jahre alt). Die Kardinalswürde geht nun erstmals in Länder wie Iran mit Teheran und Serbien mit Belgrad oder in Diözesen (wie Santiago del Estero in Argentinien und Kalookan auf den Philippinen), die sie noch nie erhalten hatten. Den Purpur erhalten hat auch ein ukrainisch-griechischer Bischof, der aber nicht der leitende Erzbischof von Kiew ist. Ganz zu schweigen von der Entscheidung, einen Unterstaatssekretär und einfachen Kurienbeamten in den Kardinalsstand zu erheben.
Italien und Europa
Die größte Zahl der neuen Kardinäle kommt aus Italien. Es sind fünf, vier davon sind papstwahlberechtigt: der Erzbischof von Turin, Roberto Repole (57), Baldassarre Reina (54), Generalvikar der Diözese Rom, Erzbischof Fabio Baggio (59), Untersekretär für die Migrationsabteilung des Dikasteriums für den Dienst an der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen, und Domenico Battaglia (61), Erzbischof von Neapel. Mit dem neuen Konsistorium hat die italienische Kirche also an Gewicht gewonnen, allerdings nur relativ. Zu den 140 Bischöfen der Halbinsel gehören nun 17 Kardinäle, so wenige wie nie zuvor, zumindest in der Neuzeit. Allerdings sind der Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, und der Ordinarius der Mongolei, Giorgio Marengo, Italiener, obwohl sie formal zu den Kardinälen Asiens zählen. Der verurteilte Kurienkardinal Angelo Becciu, der noch keine 80 Jahre alt ist, wird derzeit auf der Website des vatikanischen Presseamtes als Nichtwähler geführt. Dennoch war er bei dem Konsistorium anwesend.
Auch die Zahl der Kardinäle in Europa wuchs, wenn auch eher zurückhaltend. Neben den vier Italienern erhielten auch der Belgrader Erzbischof Ladislav Nemet (58, Angehöriger der ungarischen Minderheit in der Vojvodina), der Litauer Rolandas Makrickas (52), seit März Koadjutor der päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore, und der Engländer Timothy Radcliffe (79), Theologe und ehemaliger Generalmeister der Dominikaner, der zuletzt die Exerzitien für die Teilnehmer der Bischofssynode hielt, den Purpur. Der Alte Kontinent zählt damit 55 Kardinäle.
Lateinamerika und Asien
Fünf neue Kardinäle verzeichnet Lateinamerika. Der Purpur ging an Diözesen, die ihn schon mehrmals erhalten haben – mit Carlos Gustavo Castillo Mattasoglio (74) in Lima und Fernando N. Chomali Garib (67) in Santiago de Chile – oder nur einmal – mit Luis Gerardo Cabrera Herrera (69) in Guayaquil in Ecuador und Jaime Spengler (64) in Porto Alegre in Brasilien. Er ist auch Präsident des lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM). Ganz neu ist die Kardinalswürde für den Erzbischof von Santiago del Estero (Vicente Bokalic Iglic, 72), was aber wegen der jüngsten Entscheidung des Papstes absehbar war, den Titel des Primas von Argentinien von Buenos Aires auf diesen Bischofssitz zu verlegen. Insgesamt zählt Lateinamerika jetzt 24 Kardinäle.
Asien hingegen hat vier neue Kardinäle erhalten. Eine Erzdiözese hatte den Titel schon, Tokio, der jetzt Tarcisio Isao Kikuchi, 66, als Kardinal vorsteht. Die drei anderen Ernennungen sind ein Novum: Pablo Vigilio Siongo David, 65, in der Diözese Kalookan auf den Philippinen und der belgische Missionar Dominique Joseph Mathieu, 61, in der Erzdiözese Teheran. Franziskus selbst hatte erklärt, dass der Purpur für Mathieu „Nähe und Sorge für die Kirche im Iran“ ausdrücken soll und „auch auf das ganze Land zurückfällt“, ja „eine Ehrung des ganzen Landes ist“. Der Japaner Kikuchi ist auch Präsident von Caritas Internationalis, während Siongo David Vorsitzender des philippinischen Episkopats ist. Außergewöhnlich ist die Ernennung des indischen Prälaten George Jacob Koovakad, 51, der seit 2021 als Mitarbeiter des Staatssekretariats für die Organisation päpstlicher Reisen zuständig ist. Insgesamt steigt damit die Zahl der Asien zugerechneten Kardinäle auf 25 (drei davon sind in Europa geboren: Pizzaballa, Marengo und Mathieu).
Afrika und Nordamerika
Afrika hat jetzt zwei neue Kardinäle: den französischen Missionar Jean-Paul Vesco, 62, in Algier und Ignace Bessi Dogbo, 63, in Abidjan, Elfenbeinküste. Beide Erzdiözesen haben bereits einen Kardinal an ihrer Spitze gehabt. Der „schwarze“ Kontinent zählt nun insgesamt 18 Kardinäle. Drei von ihnen, die alle von Franziskus ernannt wurden, sind allerdings weißer Hautfarbe und eher progressiv; im Gegensatz zu ihren „schwarzen“ Mitbrüdern haben sie die Erklärung „Fiducia Supplicans“ begrüßt: neben Vesco sind dies der spanische Salesianer Cristobal Lopez Romero in Rabat und Stephen Brislin in Johannesburg in Südafrika.
Schließlich haben Nordamerika (mit Francis Leo, 53, in Toronto, einer Erzdiözese, die traditionell mit der Kardinalswürde verbunden ist) und Ozeanien einen weiteren Kardinal erhalten. Im letzteren Fall ist es Mykola Bychok, Bischof der ukrainischen Eparchie Saints Peter and Paul in Melbourne, mit 44 Jahren das jüngste Mitglied des Kardinalskollegiums ist. Bychoks Ernennung ist in gewisser Weise überraschend, denn zum ersten Mal hat die ukrainische griechisch-katholische Kirche einen Kardinal neben dem dienstältesten Erzbischof, der kein Kardinal ist. Insgesamt gibt es in Nordamerika jetzt 14 Papstwähler und in Ozeanien vier.
Die Orden räumen ab, Deutschland nicht
Was die einzelnen Nationen betrifft, so bleibt Italien mit 17 Papstwählern (plus zwei weiteren in Asien) an erster Stelle, gefolgt von den USA mit zehn, Spanien mit sechs (mit weiteren drei in Marokko, Chile und Frankreich), Brasilien steigt auf sieben und Indien auf sechs, Frankreich bleibt bei fünf (hat aber jetzt noch zusätzlich einen in Nordafrika), während Kardinalbischof François-Xavier Bustillo von Ajaccio, der Hauptstadt Korsikas, ein gebürtiger Spanier und eingebürgerter Franzose ist. Zu Polen und Portugal gesellen sich Argentinien und Kanada mit vier Kardinälen, zu Deutschland die Philippinen und Großbritannien mit jeweils drei.
Von den 21 neuen Kardinälen gehören nicht weniger als zehn religiösen Orden und Kongregationen an. Ein Rekord. Drei kommen aus der franziskanischen Familie (die Franziskaner Cabrera Herrera und Spengler und der Minorit Mathieu), zwei von den Dominikanern (Vesco und Radcliffe), zwei von den Steyler Missionaren (Kikuchi und Nemet). Dazu noch ein Redemptorist (Bychok), ein Skalabrianer (Baggio) und ein Lazarist (Bokalic Iglic). Die Zahl der Ordensmänner als Papstwähler im Kardinalskollegium steigt damit von 27 auf 37. Die Minoriten schließen mit vier Vertretern zu den Jesuiten auf, während die Salesianer mit fünf Brüdern weiterhin an erster Stelle stehen. Die franziskanische Familie kommt insgesamt auf neun Wähler (vier Franziskaner, drei Konventualen und zwei Kapuziner). Die Lazaristen und Redemptoristen kommen auf zwei. Aus historischer Sicht ist es auffällig, dass es ein Jesuiten-Papst bisher drei franziskanische Konventualen-Kardinäle ernannt hat. Immerhin war es ein Konventualen-Papst, Clemens XIV., der die Gesellschaft Jesu 1773 auflöste.
Die Höchstgrenze weit überschritten
Die Zahl der Kardinäle, die in der Kurie, in anderen römischen Behörden oder in den Nuntiaturen arbeiten, geht zurück, ebenso die Zahl der Italiener. Es sind nur noch 34 von 140 – ein historischer Tiefststand. Offensichtlich macht Franziskus das Kardinalskollegium weniger „italienisch“ und weniger „kurial“.
Paul VI. setzte die Höchstzahl der Teilnehmer an einem Konklave auf 120 fest und hielt sich an diese Grenze, die seine Nachfolger mehrfach überschritten. In den Jahren 2001 und 2003 zählte man unter Johannes Paul II. 135 Wähler. Franziskus hatte in seinem neunten Konsistorium bereits 137 und hat nun die Rekordzahl von 140 Papstwählern erreicht. Davon sind 110 von ihm selbst ernannte worden, 24 von Benedikt XVI. und sechs von Johannes Paul II. Am 24. Dezember wird der Inder Oswald Gracias 80 Jahre alt. Weitere 14 Kardinäle werden im Laufe des Jahres 2025 das gleiche Alter erreichen (darunter der neu ernannte Kardinal Radcliffe und der Erzbischof von Wien, Christoph Schönborn). Man muss bis April 2026 warten, um zur kanonischen Zahl von 120 Papstwählern zurückzukehren. Es sei denn, Franziskus sorgt in der Zwischenzeit bereits für eine neue Gruppe von Kardinälen.
Dieses neue Konsistorium, sein zehntes, bestätigt die Erfahrung, dass Papst Franziskus die so genannten Kardinalsitze nicht berücksichtigt, allerdings mit Ausnahmen: Turin, Neapel, Lima, Santiago de Chile, Toronto und der Vikar der Diözese Rom. Gleichzeitig berücksichtigt der Papst nicht die ungeschriebene und auch in der Vergangenheit nicht immer eingehaltene Regel, nach der der Ordinarius einer Diözese, in der es noch einen emeritierten Kardinal gibt, nicht zum Kardinal ernannt wird. So gibt es in Santiago de Chile, Abidjan und Toronto emeritierte Erzbischöfe als Kardinäle, die noch nicht 80 Jahre alt sind.
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