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Synodaler Ausschuss auf dem Prüfstand

Der Kirchenrechtler Bernhard Anuth zeigt den Mitgliedern des Synodalen Ausschusses Grenzen auf.
Die Synodalen wollen sich den Traum, in der Kirche mitentscheiden zu dürfen, nicht nehmen lassen.
Foto: Synodaler Weg/Ewelina Sowa | Die Synodalen wollen sich den Traum, in der Kirche mitentscheiden zu dürfen, nicht nehmen lassen.

Etwa 20 Katholiken demonstrieren hinter dem Mainzer Favorite Parkhotel leise gegen den Synodalen Ausschuss und beten „zur Sühne und zur Bekehrung Deutschlands“. „Fest soll mein Taufbund immer stehen“ singt die Gruppe und lädt zum Rosenkranzgebet ein — für die Kirche und für die Versammelten im Hotel. Denn der Weg, den die Kirche mit dem Synodalen Ausschuss eingeschlagen habe, sei schismatisch.

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Die Demonstranten bemerkt nur, wer zufällig einen Blick nach draußen wirft oder in den Park geht. Den meisten Mitgliedern des Synodalen Ausschusses, die am Freitag und Samstag in einem Mainzer Hotel zur zweiten Sitzung zusammengekommen sind, fallen sie nicht auf. Der Ausschuss tagt ohne Livestream und beginnt mit großer Heiterkeit — ohne jene vier Frauen und vier Bischöfe, die mit ihren kritischen Anfragen immer wieder für Unmut gesorgt hatten. Kurz: Man bleibt unter sich.

Wir können arbeiten

Im geistlichen Einhalt sollen die Teilnehmer sich mit der eigenen Weisheit verbinden, eigene Sehnsüchte wahrnehmen und Gott die Wünsche für den Reformprozess mitteilen. Die Frage nach dem Willen Gottes wird nicht gestellt. „Wir können arbeiten – und das wollen wir auch“, gibt sich die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp kämpferisch. Und der Vorsitzende der deutschen (DBK), der Limburger Bischof Georg Bätzing, erklärt, es gelte nun, „die reichen Früchte der fünf Synodalversammlungen“ umzusetzen und weiterzuentwickeln. Dafür werden am Samstag drei Arbeitsgruppen, sogenannte Kommissionen, konstituiert. Eine davon soll den Synodalen Rat vorbereiten.

Mit der Bildung dieser Arbeitsgruppen und dem Applaus für die bisherigen Errungenschaften des Synodalen Weges wäre das Ziel dieser Sitzung erreicht. Wäre da nicht der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Anuth, der mit seinem Vortrag für alle überraschend  den Synodalen die Leviten liest: Er komprimiert vier Jahre deutsch-römische Auseinandersetzung auf zehn Minuten und erklärt noch einmal, was Kurienkardinäle, Kirchenrechtler und der Papst der katholischen Kirche in Deutschland seit 2019 begreiflich zu machen versuchen: die Verantwortung der Bischöfe, die Notwendigkeit, mit der Weltkirche an einem Strang zu ziehen und die Bedeutung römischer Dokumente.

Kein Mitentscheiden der Laien 

Wenn Rom gesagt habe, dass niemand einen „,Synodalen Rat‘ auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene“ einrichten dürfe, dann sei auch jeder entsprechende Versuch „kirchenrechtlich ungültig“. Ein Mitentscheiden der Laien werde es nicht geben. Der Kirchenrechtler empfiehlt stattdessen eine „maximale Partizipation im Rahmen des Möglichen“ — und löst damit eine Lawine der Empörung aus.

Die anfängliche Euphorie weicht großer Ernüchterung und Wut, so dass der Moderator fünf Minuten Stille zum Abkühlen empfiehlt. Dies wird später jedoch beanstandet. Man wolle keine Stille, sondern Debatte. Die Franziskanerin Katharina Kluitmann ärgert sich: „Wir dürfen nicht den Mund halten, nur weil wir vielleicht ein Nein kriegen.“ Und die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop findet, es brauche „eine Zäsur“, man müsse „alte Gleise verlassen“. Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl und der Aachener Bischof Helmut Dieser warnen vor einem Frontalangriff auf Rom, um keinen abrupten Abbruch des gesamten Vorhabens zu riskieren.

Recht ist Recht

Ihr Ruf verhallt jedoch in der allgemeinen Aufregung. Schließlich verlangen nach Auffassung der Synodalen „systemische Ursachen“ des Missbrauchs systemische Veränderungen in der Kirche — mit entsprechenden Änderungen nicht nur im Katechismus, sondern auch im Kirchenrecht.

Anuths Ausführungen, die deutlich machen, dass der Synodale Ausschuss Gefahr läuft, sich zu verrennen, wird weniger als Chance zur Kurskorrektur verstanden, sondern als Gefahr. Zwar sei er es gewohnt, Prügel einzustecken, aber Recht sei Recht, erklärt Anuth. Und Kirchenverfassung sei Kirchenverfassung. Ohne Rom gehe gar nichts, sagte er verärgert. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller springt ihm schließlich zur Seite und beendet die Diskussion mit einem Satz: Es sei nun einmal so: Am Ende entschieden „der Bischof und der Papst“. 

Wir haben das Go

Die hitzige Debatte ist bei weitem der unruhigste Teil der Ausschusssitzung — und die Art und Weise des Umgangs mit unliebsamen „Zwischenrufen“ vielleicht auch eine Teil-Antwort auf die Frage mancher Synodalen, warum vier Bischöfe an diesem Gremium nicht teilnehmen wollen.

Die Rechtsgrundlage des Ausschusses jedenfalls bestimmt die Pressekonferenz. Auf den Vorstoß der Initiative „Neuer Anfang“, den laut Kirchenrechtlern ungültigen Beschluss des Ständigen Rates, die Satzung des Synodalen Ausschusses anzunehmen, in Rom noch einmal überprüfen zu lassen, reagiert Bätzing selbstbewusst: Das Reformgremium habe im März „das Go des Kardinalstaatssekretärs und der beteiligten Kardinäle“ erhalten. „Was wollen Sie mehr?“

Die Finanzierung

Auch der Einwand, dass entgegen dem Haushaltsbeschluss des Verbands Deutscher Diözesen (VDD) Gelder aus der Verbandskasse in den Ausschuss fließen — das DBK-Sekretariat verschickte Pressemitteilungen des Synodalen Ausschusses, die DBK-Pressestelle führte die Akkreditierung der Journalisten durch —, lässt Bätzing ungerührt. Die „Finanzierung steht auf rechtlich sauberen Beinen“, befand er. 

Ob der Synodale Ausschuss Anuths Hinweise dennoch reflektieren wird, ist unklar. Der Wunsch nach Entscheidungsbefugnis in der Kirche ist ungebremst. Eine Synodale dürfte vielen aus der Seele gesprochen haben als sie zum Schluss sagte: Es gebe „sehr wohl konkrete Möglichkeiten, in wesentliche Fragen der kirchlichen Sendung gemeinsam zu beraten und zu entscheiden.“

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