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Räubersynode 2.0

Der Synodale Weg ähnelt einer neuen Räubersynode, meint der Publizist Bernhard Meuser. Die Geschichte wiederholt sich nach über 1.500 Jahren wieder. Es geht ums Ganze.
Synodale Weg ähnelt einer neuen Räubersynode
Foto: SYNODALER WEG / MAXIMILIAN VON LACHNER | Das Logo des Synodalen Weges hinter dem Podium der Synodalversammlung.

Im Jahr 449 fand zu Ephesos die erste „Räubersynode“ statt. An diese schöne Tradition knüpfte die Kirche in Deutschland nach 1573 Jahren wieder an. Der Patriarch Dioskoros hatte seinerzeit schlagfertige Milizen und rebellische Mönche angeheuert, um den kaiserlichen Wünschen nach einer ihm genehmen Irrlehre etwas Nachdruck zu verschaffen. Im ersten Anlauf funktionierte das prima. Die eingeschüchterten Synodalen dogmatisierten den Monophysitismus, eine Art theologischer Schnapsidee, wonach Jesus nur Gott war. Natürlich war Jesus Gott, aber zugleich auch wahrer Mensch. Das war ja gerade die göttliche Pointe. Die Kirche nahm das falsche Dogma prompt wieder zurück, und es bürgerte sich für die merkwürdige, nicht ganz freiwillige Veranstaltung der Name „Räubersynode” ein.

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Etwas ganz neues 

Auch Menschen mit mittlerem Kurzzeitgedächtnis sollte noch erinnerlich sein, mit welchen Tricks der Münchner Kardinal Reinhard Marx 2019 dem sogenannten „Synodalen Weg“ in Rom den Weg bahnte. Er sah das apokalyptische Unheil namens Missbrauch ungebremst auf sich zurollen. Was tun? Verteilen wir die Schuld auf alle! Sagen wir, es sei “systemisch”! Machen wir eine “Reform der Kirche”! Etwas nie Dagewesenes! Gewaltiges! Verändern wir einfach alles! Von allen! Mit allen! Dialogprozess hatten wir schon. Ein Synodaler Weg muss her! Klingt gut, obwohl schon der Name Nonsens ist. Das Wort „Synode“ ist griechisch und bedeutet „gemeinsamer Weg“. Doppelt gemoppelt hält besser, sagte sich der Kardinal. Gemeinsamer Weg-Weg musste das Ding wohl heißen, weil man eine richtige „Synode“ in Rom förmlich beantragen muss. Ein Risiko! Dazu gehört dann nämlich auch, dass man seine Absichten offenlegt und dass Rom mit von der Partie ist. Das musste natürlich - schlau schlau - verhindert werden. 

Ein neuer Name

Also erfand man den schönen neuen Namen für die ganze Sache und erklärte den vatikanischen Instanzen: Wir wollen ja nur spielen! Beim Spielen dürfen alle mitmachen. In einer richtigen Synode dürfen zwar viele beraten, die einigermaßen mit der Sache verbunden sind, entscheiden dürfen aber nur die Bischöfe und zuletzt der Papst. Das musste unter allen Umständen verhindert werden. Wäre es nicht viel schöner, wenn jeder mal basisdemokratisch eine Stimme hat? Lieschen Müller eine Stimme, der Bischof eine? Dann könnte man doch richtig coole Kirchenträume verwirklichen! So viele Spielverderber, äh Bischöfe, hat es ja nicht. Und unter diesen gibt es ja auch viele Nette, die gern für ein Spielchen zu haben sind.  

Also haben sich die Kinder dann einen Sandkasten gebaut, haben ihn mit Organzatüchern ausgekleidet und sich zugeraunt: Wir haben Messer! Das ist kein Spiel! Wir sind Kirche! Und die Mehreren sind wir auch! So kam es zur zweiten Räubersynode in der Geschichte der Katholischen Kirche. 

Warum polemisch?

Soweit die Realsatire. Nun höre ich schon: Warum so polemisch? Warum so böse? Warum so persönlich? Ich antworte darauf: Als persönlich von klerikalem Missbrauch Betroffener, der immer noch in der Kirche ist, weil er glaubt, dass sie bei allen menschlichen Freveln eine göttliche Einrichtung ist, hatte ich große Hoffnungen auf schnörkellose Aufklärung der Vorgänge gesetzt. Es geht um konkrete Täter, um einen Typus von Täter und um konkrete Komplizen und ihren Typus, um Ehrlichkeit und Übernahme von Verantwortung. Da muss man keine Rasterfahndung im orbis catholicus unternehmen.

Die ganze Sache stellt sich zunächst einmal als ein innerklerikales Problem dar und musste und muss dort gelöst werden, damit nie wieder die Falschen - nämlich Päderasten - ins Amt kommen. Das sind Männer mit Appetit auf postpubertäre Jungen. Das wäre auch wichtig gewesen für die riesige Mehrzahl unbescholtener Priester, die einen wunderbaren Dienst tun und die wegen ihrer schrägen „Kollegen“ gerade mit Verachtung und Ausgrenzung überzogen werden. 

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Fassungslos

Mich macht es zunehmend fassungslos, mit welchem Zynismus noch immer der Missbrauch ins Allgemeine einer “Reform der Kirche“ entsorgt wird. Gerade wird Mutter Kirche, die meine Heimat ist und die ich liebe, von außen und innen (!) zum letzten Dreck gemacht. So sehr, dass unsere Kinder und Enkel sie meiden wie den Ku-Klux-Klan. Ich halte den Synodalen Weg für eine von langer Hand ins Werk gesetzte Vertuschung des eigentlichen Skandals.

Weil jeder etwas zu verbessern hat an der Kirche, dürfen alle an ihr schrauben, verändern und verbessern, sofern sie nur das Wort „Missbrauch“ in den Mund nehmen. Plötzlich sind da nur noch „Opfer“ - jeder divers orientierte Mensch, die Frau schlechthin – sie alle dürfen sich als Opfer einer grundbösen Institution namens Kirche präsentieren und die verkorkste Männerbastion sturmreif schießen für eine Kirche der Zukunft, in der alles geht.

Die sich gerade ereignende Selbstzerstörung mittels identitätspolitischer Instrumente und unter bischöflicher Beteiligung ist für mich psychisch und menschlich kaum zu ertragen. Meine Kritik gilt weniger den vielen Gutwilligen auf dem Synodalen Weg, denen Ich die ehrliche Absicht hilfreich beizutragen, nicht absprechen möchte. Aber den Intendanten und Regisseuren der Räubersynode 2.0 gilt mein heiliger Zorn.

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