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Verzicht auf „parteipolitische“ Warnungen?

Eine sächsische ökumenische Initiative wirbt vor der Bundestagswahl „inhaltlich“: für Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt. 
Kirchen starten Kampagne zur Bundestagswahl
Foto: IMAGO/Matthias Rietschel (www.imago-images.de) | Drei für die Nächstenliebe: Die Bischöfe Tobias Bilz, Wolfgang Ipolt und Heinrich Timmerevers.

Anfang 2024 sorgte die Deutsche Bischofskonferenz noch mit ihrem Papier „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ für Aufsehen, in dem sie die AfD als „nicht wählbar“ bezeichnete. Zuvor hatten schon die katholischen Bischöfe der ostdeutschen Bistümer einen offenen Brief veröffentlicht, nach dem sie die Positionen extremer Parteien wie der AfD nicht akzeptieren könnten. Zur Bundestagswahl lässt man es kirchlicherseits aber offenbar etwas ruhiger angehen: Die am Montag vorgestellte ökumenische Initiative der sächsischen evangelischen und katholischen Kirche, „Für alle. Mit Herz und Verstand“ vermeidet die explizite Benennung von Parteien, von deren Wahl abgeraten werden soll.

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Die Kampagne soll ausweislich der Pressemitteilung zu ihrer Vorstellung in Dresden „Menschenwürde“, „Nächstenliebe“ und „Zusammenhalt“ vor der Bundestagswahl „in den Mittelpunkt rücken“. Sie besteht momentan aus einer Internetseite, von der Social-Media-Slides mit den genannten Ausdrücken heruntergeladen werden können, sowie einer zweiseitigen Leitlinie, die die Begriffe erläutert. Zudem ist eine „didaktische Handreichung“ abrufbar, die eine Auseinandersetzung mit den Begriffen ermöglichen soll.

Warnung vor „zum Teil zugespitzten Aussagen“

Der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, sagte zur Vorstellung, die bevorstehende „Transformation aller Lebensbereiche“ erfordere zukunftsweisende Antworten; ohne einen „intensiven und offenen Diskurs“ seien die Themen nicht zu bewältigen, es gehe um mehr als nur ein Kreuz auf dem Wahlzettel: „Als Kirchen spüren wir, dass es bei der Bearbeitung dieser großen Themen unserer Zeit am Ende doch immer auch um die Frage geht, inwieweit es gelingt, unser Bewusstsein für das Prinzip der Gleichwertigkeit aller Menschen, die Kraft von Solidarität und Liebe sowie die Bedeutung zwischenmenschlicher Begegnung und Verbindung als Grundpfeiler in unserem Denken, Handeln und Entscheiden wach zu halten.“

Der Bischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens (EVLKS), Tobias Bilz, sagte, man rufe mit der Initiative dazu auf, „den oft mühsamen Selbstverständigungsprozess unserer Gesellschaft nicht leichtfertig aufzugeben.“ Wer das tue, verschaffe extremistischen Kräften Raum. Diese Kräfte missbrauchten die freiheitlich-demokratische Grundordnung und bereiteten autokratischen Staatsformen den Weg. Damit entfernten sie sich vom Grundgesetz und christlichen Werten. Er warne davor, „Parteien zu wählen, die mit einfachen und zum Teil zugespitzten Aussagen komplexe Fragen beantworten wollen“

Den Bürgern nicht vorschreiben, welche Partei sie wählen sollen

Wer genau aber ist gemeint mit diesen Zuschreibungen? Schließlich hatten sowohl katholische als auch evangelische Kirche in der Vergangenheit nicht mit expliziter Ablehnung gegenüber der AfD gegeizt. Auf Anfrage dieser Zeitung antwortete eine Sprecherin der EVLKS, die Kirchen würden mit der Initiative „für die Beteiligung an der Bundestagswahl und die Stärkung der Demokratie“ werben, aber: „Wir tun dies nicht, indem wir Bürgerinnen und Bürgern vorschreiben, welche Partei sie wählen sollen, sondern indem wir gleichzeitig zentrale christliche und gesellschaftliche Werte in den Mittelpunkt stellen, die wir als grundlegend und wichtig betrachten.“ Man wolle dazu ermutigen, „über diese Werte ins Gespräch zu kommen“ und die eigene Wahlentscheidung zu prüfen. Bilz warne „vor Gefahren, die es gibt“, aber „nicht parteipolitisch, sondern eher auf der inhaltlichen Ebene.“ Noch vor der sächsischen Landtagswahl im vergangenen Sommer hatte Bilz öffentlich gesagt, er könne nicht empfehlen, AfD zu wählen.

Unterstützt wird die in Sachsen initiierte Kampagne auch von einigen katholischen Bistümern und evangelischen Teilkirchen außerhalb Sachsens, mittlerweile gehört auch die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) zu den „Unterstützenden“, wie es auf der Projektwebsite fuer-alle.info heißt. Die DBK will die Initiative nach Angaben ihres Pressesprechers Matthias Kopp „auf unseren Social-Media-Kanälen unterstützen“. Darüber hinaus werde man die „geplanten Maßnahmen“ des Bündnisses „Zusammen für Demokratie“ unterstützen, in dem die DBK ausweislich der Bündniswebsite bereits seit seit längerem an der Seite „zivilgesellschaftlicher Verbände“ (darunter zum Beispiel Attac, Campact, der DGB, Pro Asyl oder die Amadeu Antonio Stiftung) „unsere Demokratie und alle, die hier leben, gegen die Angriffe der extremen Rechten“ verteidigt. Das Bündnis ist weniger zimperlich als die sächsische Initiative: „Extreme Rechte wie die AfD wollen diese Grundfesten unserer Gesellschaft zerstören“, heißt es auf der Website, und: „Gelingt es der extremen Rechten weiter an Einfluss zu gewinnen – gar an Regierungsmacht zu kommen – drohen massenhafte Vertreibungen.“

Die Kirchen wollen aber auch nochmal selbstständig aktiv werden. Jedenfalls sei, so Kopp, „ein Wort zur Bundestagswahl in ökumenischer Praxis“ geplant, wie auch vor der letzten Bundestagswahl. Damals hieß es in Richtung AfD, noch ohne diese direkt zu nennen, „populistischer Stimmungsmache und hetzerischer Rede“ müsse „klar und unmissverständlich entgegengetreten werden“, sowie: „Gegenüber extremistischem Gedankengut sind rote Linien zu ziehen.“ (DT/jra)

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