Deutschland debattiert. Über staatliche Unterstützung für diejenigen, die vielleicht diesen Staat gar nicht wollen. Über Zuschüsse für Projekte, die sich möglicherweise gegen staatliche Maßnahmen und die Regierenden richten. Was passiert mit Steuergeldern, die gutgläubig oder unreflektiert vergeben von der Staatskasse an zahlreiche politische Aktivitäten abfließen? Recherchen dieser Zeitung haben jetzt ergeben: Größere Organisationen wie die Amadeu Antonio Stiftung bilden einen Schutzschirm über viele kleine Initiativen, sodass eine Kontrolle kaum möglich ist. Verfassungsfeindlichen Aktivitäten und extremistischen Strömungen sind dadurch Tür und Tor geöffnet, eine Einladung zum Beispiel für Untergrundarbeit der Antifa. Die tatsächlichen Akteure bleiben vielfach im Dunkeln.
Genauer gesagt geht es um „NGO“ und das, was sich hinter dem Kürzel verbirgt. Schon der bloße Begriff erscheint maximal unscharf. Liegt es ganz einfach daran, dass eine „Non-Governmental Organisation“ (NGO), also eine private Nicht-Regierungsorganisation ohne Gewinnstreben, letztlich alle Organisationsformen umfasst, die nicht in staatlicher Trägerschaft und Verantwortung betrieben werden? In Deutschland gibt es etwa 800.000 NGOs. Umgerechnet kommt auf 100 Einwohner eine Organisation oder ein Verein. Das sind Schützengilden und Studentenverbindungen, Kaninchenzüchtervereine und Briefmarkenclubs, Chorsänger und Schachspieler, die sich zu Gemeinschaften zusammengeschlossen haben. Die naheliegendste Differenzierung erfolgt über Gesetze: eine gUG, die gGmbH, der e.V. und die Stiftung sind die häufigsten Rechtsformen.
Typisch deutsch: ein Land der Vereine
Erfasst man als NGOs nur die Zusammenschlüsse, die einen Rechtsstatus zum Beispiel nach dem Vereins- oder Stiftungsrecht aufweisen, dann sind es noch etwa 650.000, die in Deutschland oder von Deutschland aus wirken. Die meisten Kegelclubs und literarischen Kaffeekränzchen werden so nicht erfasst. Und doch prägen auch sie das Bild von Deutschland als dem Land der Vereine entscheidend mit. „Bürgergesellschaft“ meint auch diese über Jahrhunderte gewachsene Neigung und Bereitschaft, sich offiziell-öffentlich wie informell-gesellig zu organisieren. Das gab es schon zu feudalen Zeiten, mehr noch später mit dem Beginn des bürgerlichen Zeitalters im 19. Jahrhundert. Die Kirchen sind in diesem Spiel zahlreicher, sozialer Beziehungen ein starker Faktor. Allein 30.000 kirchliche Stiftungen gibt es, von den Hilfswerken gehören zum Beispiel die katholische Caritas und die evangelische Diakonie mit ihren Unterorganisationen zu den NGO-Giganten.
Der traditionelle Begriff „Bürgergesellschaft“ musste inzwischen dem zeitgeistigen Terminus von der „Zivilgesellschaft“ weichen. Der Bund lässt sich insbesondere die kleinteilig-buntgefärbte NGO-Szene in Deutschlands Zivilgesellschaft einiges kosten. Aktuell fließen jährlich über 4,3 Milliarden Euro an gemeinnützige Organisationen. So können die jährlichen Zuschüsse aus dem Programm „Demokratie leben!“ in die Hunderttausende gehen, zum Beispiel für den BUND. „Demokratie leben!“ geht noch auf die Merkel-Regierung zurück. Im laufenden Jahr erhalten rund 580 Projekte bereits die Gesamtsumme von 182 Millionen Euro, 2014 waren es noch 40 Millionen.
Die meisten NGOs ticken klar links
Ein besonderes Augenmerk lag nach einer CDU-Parlamentsanfrage vom Februar dieses Jahres auf Greenpeace, Foodwatch, Peta, „Omas gegen Rechts“, die Amadeu Antonio Stiftung, die Deutsche Umwelthilfe, Animal Rights Watch, den BUND, Correctiv, Campact, Attac, Dezernat Zukunft, Agora Agrar, Neue deutsche Medienmacher*innen sowie dem Netzwerk Recherche. Eine eingehende Kontrolle der Mittelverwendung scheint wegen Umfang und Aufwand kaum möglich, die meisten NGOs ticken klar links. Und ob Tierrechte wirklich ein Fall für die Demokratieförderung darstellen, darf zumindest bezweifelt werden. Gerade Tierschutzorganisationen fallen darüber hinaus durch ihr aggressives Spendenmarketing auf. Nach jedem illegalen Einbruch in den Stall eines Bauernhofs mit Intensivmastbetrieb steigen die Spendeneingänge. Und auf Wochenmärkten und Bahnhöfen tummeln sich an konkurrierenden Ständen motivierte Spendensammler. Die traurigen Augen eines ausgesetzten Welpen oder ein zerrupftes Huhn aus einer Legebatterie rühren das Herz. Tier geht dabei vor Mensch, gegen die ausgefeilten Methoden der Tierschützer bei der Spendenmobilisierung haben Lebensschützer oder Missionssammler kaum eine Chance, wie Studien zeigen.
Besonders im Fokus steht derzeit die Förderung der Amadeu Antonio Stiftung (AAS) mit Schirmherr Wolfgang Thierse, auch eine wichtige Stimme im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Gegründet wurde die AAS im Jahr 1998 von der jüdisch-stämmigen Publizistin Anetta Kahane. Ihr darf man zugutehalten, dass sie in der DDR nach mehrjähriger Stasi-Tätigkeit als informelle Mitarbeiterin „Victoria“ später zu einer regimekritischen Haltung gefunden hat. Der Einsatz gegen Ausländerhass und Antisemitismus geht auf ihre persönlichen Erfahrungen zurück. Mozambikanische Gastarbeiter im Braunkohleabbau wurden damals erbarmungslos ausgebeutet. Trauten die Afrikaner sich abends aus ihren Baracken in kleinen Gruppen auf die Straße, waren Beschimpfung und Gewalt traurige Normalität. Nicht viel besser ging es den jüdischen DDR-Bürgern, Anetta Kahane kann auf eigene Erfahrungen blicken. Diskriminierung von Juden war staatliche Praxis, während die von Moskau unterstützten Palästinenser mit PLO-Führer Arafat von den DDR-Offiziellen aus ideologischen Gründen hofiert wurden.
Ausländerhass schon zu DDR-Zeiten
Stiftungs-Namensgeber Amadeu Antonio wurde 1990 in Brandenburg von einer rechtsradikalen Jugendbande zusammengeschlagen und starb darauf. Von der Gründungshistorie über die erste Vorsitzende bis zu den erklärten Schwerpunkten der Programmatik ist die Stiftung ein Ergebnis der Zustände in der DDR – und nicht der bundesrepublikanischen und später gesamtdeutschen Bedingungen. Das gilt auch angesichts der Tatsache, dass derzeit in Ost wie West Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus anzutreffen sind, wenngleich im Osten ungleich dramatischere Zustände herrschen. Das selbsternannte antifaschistische Bollwerk DDR hat dem westdeutschen Klassenfeind die geschichtliche Aufarbeitung überlassen.
Von außen betrachtet ist die Amadeu Antonio Stiftung ihrer eigentlichen Bestimmung treu geblieben. So nimmt der Podcast „Pinke Pille“ rechte Entwicklungen und rechtsextreme Auswüchse aufs Korn. „Rechts“ wird oft mit rechtsextrem gleichgesetzt, es fehlt an Differenzierung. „Tradwives“ mag man ablehnen, aber sind sie demokratiegefährdend? Begründet ein konservatives Bild von Ehe und Familie mit Hausfrau als Beruf den Verdacht von Rechtsextremismus?
Immer häufiger einseitige Agitation
Weit beunruhigender ist aber diese Entwicklung: Eine einseitige, politische Agitation ist immer öfter erkennbar, die eigentlich ein Ausschlusskriterium für staatliche Förderung darstellt. Die Stiftung kaschiert das trickreich und fungiert von außen kaum erkennbar als Durchlauferhitzer für linksradikale Projekte. Fördergelder und Spenden werden eingeworben, um sie dann linksradikalen Gruppen zufließen zu lassen. In Ostsachsen wird die sozialistische Jugend „Die Falken“ gefördert, die im politischen Kampf gegen Rechtsextremismus „Kraft und Selbstwirksamkeit“ mobilisieren will.
Über den linksradikalen Dresdener „Schülerkongress“ mit 50 Teilnehmern schrieb die TAZ: „Viele der Bekenntnisse waren schon an den Outfits ablesbar. „Jugend für Sozialismus“ stand auf einem T-Shirt, ein anderes outete die Teilnehmerin als Fan der ,St. Pauli-Antifa’. Eine für die Küche verantwortliche Dresdnerin von „Calzone Revoluzione“ trug ein Palästinensertuch, ein ebensolches bedeckte das Rednerpult. „Auch eine Gruppe ‚Azubis gegen rechts‘ kommt vor.“ Von politischer Neutralität, etwa auch in der Israel-Palästina-Frage, war hier wenig zu spüren.
Ein gefördertes, alternatives Jugendcamp auf dem Flughafen Lärz in Mecklenburg-Vorpommern wirbt mit einem Plakat, auf dem eine geballte Faust einen Sprengsatz hält, über einem Explosionsblitz weht die Fahne der Antifa. Und ein vermummter Roter-Stern-Kobold reckt die Faust über Mecklenburg-Vorpommern und wirbt für ein Treffen des links unterwanderten „Bundes Deutscher PfadfinderInnen“. Auf einem Gruppenposter heißt es unter der Zeichnung vermummter Demonstranten: „Bildet Banden!“
Wie subversiv, konspirativ und geheim die Initiativen angelegt sind, erkennt man an der Wahl der internen Kommunikationsmittel. Mit der Tarn-Software „Schleuder“ und anderen Tools wird der Mailverkehr maskiert und im Verdachtsfall dem polizeilichen Zugriff entzogen. Die Schleuder in der Realität: eine gefährliche Waffe im Straßenkampf der Antifa. Dem deutschen Rechtsstaat stehen unruhige Zeiten bevor.
Hinweis: Die Anfragen dieser Zeitung bei der Amadeu Antonio Stiftung und Wolfgang Thierse um Stellungnahme blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
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