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Papst Leo XIV.: Jeder Tag ist Ostern

Über den Dreh- und Angelpunkt christlichen Lebens, die Sehnsucht des Menschen, und die Verwandlung der je eigenen Probleme: all das behandelt Leo in der aktuellen Papstkatechese.
Papst Leo XIV., 5.11.
Foto: IMAGO/Ansa/Angelo Carconi (www.imago-images.de) | Generalaudienz: Papst Leo XIV. grüßt am heutigen Mittwoch die Gläubigen.

Im folgenden dokumentieren wir die Katechese bei der heutigen Generalaudienz von Papst Leo XIV.:

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Das Pascha Jesu ist nicht nur ein Ereignis, das sich in einer fernen Vergangenheit zugetragen hat und – wie so viele andere Ereignisse der Menschheitsgeschichte auch – fest in der Tradition verwurzelt ist. Die Kirche lehrt uns, die Vergegenwärtigung der Auferstehung jedes Jahr am Ostersonntag und jeden Tag in jeder heiligen Messe zu feiern, in der sich die Verheißung des auferstandenen Herrn fortwährend erfüllt: „Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20).

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Deshalb bildet das Ostergeheimnis den Dreh- und Angelpunkt des christlichen Lebens, um den sich alle anderen Ereignisse drehen. Wir können daher ohne irgendwelchen Irenismus oder Sentimentalismus sagen, dass jeder Tag Ostern ist. Wie ist das zu verstehen?

Wir machen Stunde um Stunde die verschiedensten Erfahrungen: Leid und Schmerz, Traurigkeit, verflochten mit Freude, Staunen, Gelassenheit. Aber in jeder Situation sehnt sich das menschliche Herz nach Erfüllung, nach tiefem Glück. Eine große Philosophin des 20. Jahrhunderts, die heilige Teresia Benedicta vom Kreuz, mit weltlichem Namen Edith Stein, die sich intensiv mit dem Geheimnis des Menschen auseinandergesetzt hat, erinnert uns an diese Dynamik der ständigen Suche nach Erfüllung. „Der Mensch – so schreibt sie – verlangt nach dem immer neuen Beschenkt-werden..., um das ausschöpfen zu können, was der Augenblick zugleich gibt und nimmt“ (Endliches und ewiges Sein, Versuch eines Aufstiegs zum Sinn des Seins, Rom 1998). Wir sind in die Begrenztheit eingetaucht, aber wir streben auch danach, sie zu überwinden.

Die schönste Nachricht der Geschichte

Die Osterbotschaft ist die schönste, freudigste und erschütterndste Nachricht, die jemals in der Geschichte verkündet wurde. Sie ist das „Evangelium“ schlechthin, das den Sieg der Liebe über die Sünde und des Lebens über den Tod bezeugt, und deshalb ist sie die einzige Botschaft, die das Verlangen nach Sinn stillen kann, das unseren Geist und unser Herz umtreibt. Der Mensch wird von einer inneren Bewegung angetrieben, die ihn zu einem Jenseits hinzieht, von dem er sich immer angezogen fühlt. Keine kontingente Realität kann ihn befriedigen. Wir streben nach Unendlichkeit und Ewigkeit. Das steht im Gegensatz zur Erfahrung des Todes, der durch Leiden, Verluste und Misserfolge vorweggenommen wird. Dem Tod „kann kein lebender Mensch entfliehen“, sagt der heilige Franz von Assisi (vgl. Sonnengesang).

Alles ändert sich dank jenem Morgen, an dem die Frauen, die zum Grab gekommen waren, um den Leichnam des Herrn zu salben, das Grab leer vorfanden. Die Frage der Sterndeuter, die aus dem Osten nach Jerusalem gekommen waren: „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ (Mt 2,1-2), findet ihre endgültige Antwort in den Worten des geheimnisvollen, mit einem weißen Gewand bekleideten jungen Mannes, der am frühen Morgen des Ostertages zu den Frauen sagt: „Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier“ (Mk 16,6).

Von diesem Morgen an bis heute wird Jesus jeden Tag auch diesen Titel tragen: der Lebendige, wie er sich selbst in der Offenbarung vorstellt: „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, doch siehe, ich lebe in alle Ewigkeit“ (Offb 1,17-18). In ihm haben wir die Gewissheit, immer den Polarstern zu finden, an dem wir unser Leben ausrichten können, das von scheinbarem Chaos geprägt ist – von Ereignissen, die uns oft verwirrend, inakzeptabel und unverständlich erscheinen: das Böse in seinen vielfältigen Facetten, das Leiden, der Tod, Ereignisse, die jeden von uns betreffen. Wenn wir über das Geheimnis der Auferstehung nachdenken, finden wir eine Antwort auf unsere Sehnsucht nach Sinn.

Der Kreuzweg wird zum Weg des Lichts

Angesichts unseres zerbrechlichen Menschseins finden wir in der Osterbotschaft Heilung und Trost, sie nährt die Hoffnung angesichts der beängstigenden Herausforderungen, denen wir uns täglich auf persönlicher und globaler Ebene stellen müssen. Im Hinblick auf Ostern verwandelt sich der Kreuzweg in einen Weg des Lichts. Wir müssen die Freude nach dem Schmerz erleben und meditieren – alle Etappen, die der Auferstehung vorausgingen, in einem neuen Licht noch einmal durchleben.

Ostern beseitigt das Kreuz nicht, aber es besiegt es in dem wunderbaren Duell, das die Menschheitsgeschichte verändert hat. Auch unsere Zeit, die geprägt ist von zahlreichen Kreuzen, sehnt sich nach der Morgendämmerung der österlichen Hoffnung. Die Auferstehung Christi ist keine bloße Idee oder Theorie – sie ist das Ereignis, das unserem Glauben zugrunde liegt. Er, der Auferstandene, erinnert uns durch den Heiligen Geist auch weiter daran, damit wir seine Zeugen sein können, selbst dort, wo die menschliche Geschichte am Horizont keinen Lichtblick sieht. Die Hoffnung von Ostern enttäuscht nicht. Wirklich an Ostern zu glauben, durch den Weg des Alltags, bedeutet, unser Leben zu revolutionieren und verwandelt zu werden, damit wir die Welt mit der sanften und mutigen Kraft der christlichen Hoffnung verändern können.

(Übersetzung: Radio Vatican)

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