Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Nach den Landtagswahlen

Bischöfe fordern rasche Regierungsbildung

Katholische und evangelische Bischöfe zeigen sich nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen besorgt und positionieren sich gegen Nationalismus.
Erste Hochrechnungen zur Landtagswahl in Sachsen
Foto: IMAGO (www.imago-images.de) | Schwarz und Blau in Sachsen: Die Bischöfe Timmerevers und Bilz rufen angesichts der Wahlergebnisse zu einer verantwortungsvollen Regierungsbildung auf - und heben die hohe Wahlbeteiligung hervor.

Nach der Landtagswahl haben die Bischöfe Sachsens die Parteien dazu aufgerufen, die Hoffnung der Wähler ernst zu nehmen. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung des katholischen Bischofs Heinrich Timmerevers und des evangelischen Landesbischofs Thomas Bilz hervor. „Hinter den Prozentsätzen stehen Hoffnungen von Menschen“, so die Bischöfe, „Hoffnungen, dass ihre Anliegen ernstgenommen werden. In der Erklärung hoben sie die „außerordentlich hohe“ Wahlbeteiligung von 74,4 Prozent hervor, mit der Wähler Verantwortung für die Gestaltung der Gesellschaft übernommen hätten.

Die Ränder sind stärker geworden

Laut Bilz und Timmerevers ist der neue Landtag mit seinen sieben Parteien „so bunt wie nie zuvor“. „Auch wenn die Ränder stärker geworden sind, spiegelt er die Vielfalt der sächsischen Gesellschaft wider“, so die Bischöfe. Die Abgeordneten bräuchten deshalb neben einer klaren Haltung auch eine „hohe Gesprächs- und Kompromissbereitschaft“. Es brauche einen neuen Umgang miteinander in Politik und Zivilgesellschaft. Man müsse unterschiedliche Positionen aushalten und konstruktive Lösungen suchen. 

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Gleichzeitig appellierten die Bischöfe an die Politiker, Menschenfeindlichkeit sowie extremistischem und nationalistischem Gedankengut keinen Platz einzuräumen. „Aus unserer Sicht muss der Geist der Nächstenliebe, der Schutz der Menschenwürde und die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts die Richtschnur sein.“ Die Bischöfe begrüßten außerdem, dass unter den Mandatsträgern viele Christen seien und verpflichteten sich zum Gebet für die Politik.

Sorge um gesellschaftliches Klima

Auch in Thüringen bereiten die Wahlergebnisse den katholischen Bischöfen Bedenken. In einer gemeinsamen Erklärung bezeichnen die Bischöfe Ulrich Neymeyr, Heinrich Timmerevers und Michael Gerber die Zahlen als eine Herausforderung. Auch sie appellieren an die Parteien, sich zum Wohl des Landes schnell auf eine arbeitsfähige Koalition zu einigen, „auch jenseits bisher geübter Konstellationen“. Thüringen brauche eine stabile und verlässliche Regierung. Die Bischöfe forderten Kompromissfähigkeit. Dies sei der einzige Weg, um aktuelle Herausforderungen zu meisten und Menschen, die der Demokratie nicht mehr vertrauen, wieder zurückzugewinnen. 

Mit Sorge blicken die Bischöfe auf das gesellschaftliche Klima in Thüringen: „Dass sich Menschen mit Migrationshintergrund nun um ihre Sicherheit sorgen, dass nicht wenige Menschen ernsthaft erwägen, Thüringen zu verlassen oder dass Unternehmen ihre Zukunft in unserem Land infrage stellen, ist nicht hinnehmbar.“ Die Bischöfe kündigten an, dazu beizutragen, dass Thüringen ein freundliches und weltoffenes Land bleibe. „Unsere vordringliche Aufgabe ist und bleibt, für den Schutz der Würde des Menschen einzutreten, gerade an der Seite der Schwachen.“ Weiter beunruhige die Bischöfe, dass die AfD im Landtag erstmals über eine sogenannte Sperrminorität verfüge, was, so die Bischöfe, die politische Arbeit in Thüringen insgesamt sehr erschweren könne.

Die Bischöfe betonten aber, im Dialog mit Wählern der AfD bleiben zu wollen, distanzieren sich aber von der Wahlsieger-Partei:  „Gleichwohl betonen wir erneut, dass eine völkisch-nationalistische Programmatik, wie sie die AfD vertritt, nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar ist.“ Das vorläufige amtliche Wahlergebnis verzeichnet 32,8 Prozent der Stimmen für die AfD, 23,6 Prozent für die CDU, 15,8 für das BSW, 13,1 für die Linken und 6,1 Prozent für die SPD. Grüne und FDP sind nicht mehr im neuen Landtag vertreten.

In Sachsen erhielt laut vorläufigem amtlichen Endergebnis die CDU 31,9 Prozent der Stimmen, die AfD 30,6 Prozent, das BSW 11,8 Prozent, SPD 7,3 Prozent, Grüne 5,1 Prozent, Linke 4,5 Prozent und die Freien Wähler 2,3 Prozent. DT/sdu

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