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Gänswein: Endlosigkeit unseres Alltagslebens ist kein erstrebenswertes Ziel

Jesus Christus steht dem Erzbischof zu Folge im Zentrum der christlichen Hoffnung auf Erlösung. Nur durch das Erlösungshandeln Christi bekommt der Aspekt der Ewigkeit einen Sinn.
Erzbischof Gänswein sprach beim Sommerkurs der Gustav-Siewerth-Akademie
Foto: Peter Winnemöller | Erzbischof Georg Gänswein sprach auf dem Sommerkurs der Gustav-Siewerth-Akademie über Eschatologie und Christozentrik.

Eine medizinisch hergestellte Unsterblichkeit könne für den Menschen und die Menschheit im Grunde nur ein Alptraum sein, sagte Erzbischof Gänswein über säkulare Ewigkeitsvorstellungen. Der Erzbischof sprach in seinem Vortrag beim diesjährigen Sommerkurs der Gustav-Siewerth-Akademie zum Thema „Eschatologie und Christozentrik: Theologisches Denken über Zukunft und ewiges Leben.“ 

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Weiter sagte der langjährige Sekretär von Papst Benedikt XVI. in seinem Vortrag, der Mensch stehe vor der Spannung, dass er Unendlichkeit will, aber Endlosigkeit fürchten müsse. Der Mensch brauche die Zukunft einerseits und andererseits könne er sie nicht ertragen. „Er müsste also zugleich sterben und weiterleben – ein Dilemma“, so Gänswein. Eine erste Erfahrung des Menschen sei zunächst die seiner Sterblichkeit, so Gänswein. „Er sieht, dass er aus sich und in sich keinen Bestand hat“, stellte der Erzbischof fest. In seinem Vortrag entwickelte Gänswein die Gegensätze säkularer und christlicher Ewigkeitsvorstellungen.

Christus im Zentrum

„Unser Glaube lebt von der Hoffnung auf die Erlösung in Jesus Christus“ so Georg Gänswein, „wir leben in dieser Hoffnung, die nicht nur eine mühsame Vorstellung einer ungewissen Zukunft ist, sondern eine Gewissheit, ‚eine verlässliche Hoffnung, von der her wir unsere Gegenwart bewältigen können‘.“ Damit zitierte der Erzbischof die Enzyklika Spe salvi von Papst Benedikt. Nur um das eine gehe es führte Gänswein seine Gedanken fort, dass wir in Gott den Zielpunkt unseres Lebens erkennen. Wieder zitiert er Spe salvi: „Das Eintauchen in den Ozean der unendlichen Liebe, in dem es keine Zeit, kein Vor- und Nachher mehr gibt“.

Zum Ende seines Vortrages nahm Erzbischofs Gänswein eine Abgrenzung zu modernen Erlösungsvorstellungen wie dem Marxismus vor. Mit einem Blick auf Gebet und Tun sowie dem Leid als Orte der Hoffnung und dem Gericht als Übung in der Hoffnung leitete der Erzbischof zum Schluss über: „Nicht irgendein Gott, der sich unseren Blicken entzieht, ist unsere Hoffnung und Erlösung, sondern Jesus Christus, in dem Gott uns sein Angesicht geschenkt hat und das Heil gebracht hat.“

Eröffnung am Vorabend

Bereits gestern wurde der diesjährige Sommerkurs der Gustav-Siewerth-Akademie mit einer Heiligen Messe eröffnet. Der Rektor der Akademie begrüßte die Teilnehmer anschließend und leitete zum ersten Vortrag über. Der Sommerkurs steht in diesem Jahr unter dem Leitwort „Utopie – Ideologie – Eschatologie. Woher kommen und wohin gehen wir?“ Der Utopie widmete sich der erste Vortrag des Kurses. 

Mons. Winfried König sprach über die Utopie von Thomas Morus. Unter dem Titel „Utopie - Ein wahrhaft goldenes Büchlein, nicht minder heilsam als unterhaltsam. Von der besten Verfassung des Staates und von der neuen Insel Utopia“ veröffentlichte der englische Politiker im Jahr 1516 sein Buch. Ein Grundzug des Werkes, so König, sei eine gewisse Ironie, die für Thomas Morus typisch sei. Man könne jedoch eine Schutzmaßnahme gegenüber der Zensur nicht ausschließen. 

Im weiteren Verlauf nahm König zunächst zwei weitere Utopien in den Blick. Einerseits betrachtete er John Rawls Vorstellungen zur Gerechtigkeit in einer globalisierten Welt. Ferner nahm er Francis Bacons Utopie Neu Atlantis. Morus Utopie sei eine Gesellschaftskritik mit Blick auf England, das gehe aus einem Brief von Erasmus von Rotterdam an Ulrich von Hutten hervor. Erasmus schätzte die Utopie von Morus sehr.

Kritik an England 

„Thomas Morus kritisiert die englische Gesellschaft durch den Mund des Protagonisten Raphael ohne das Land expressis verbis zu nennen“, betonte König. Besonders das englische Pachtsystem stehe in der Kritik. König erläuterte die Pachtpraxis zur Zeit der Kreuzzüge und deren Folgen nach Ende der Kreuzzüge nach Eroberung von Konstantinopel. Kreuzritter strömten zurück in die Heimat und nahmen ihren angestammten Besitz wieder an sich. Dies führte nicht nur zur Verarmung der kleinen Bauern in England, zur Zunahme von Zunahme von Verbrechen und in Folge drakonischen Strafen. Das alles wird in Utopia kritisiert.

Auch das Thema Gottesverehrung spielt in der Utopie eine Rolle. Die Beschreibung eines Gottesdienstes im Buch zeigt eine große Schlichtheit. Morus spricht von handwerklich schönen Gewändern des Mönches und der Niederwerfung aller Beteiligten. Damit werde nichts anderes beschrieben als die das „Judica me“ aus der Kartäuserliturgie. Morus war Postulant bei den Kartäusern in London gewesen. Der Vortrag endete mit einer kurzen Fragerunde. DT/pwi


 

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost einen umfassenden Bericht über den diesjährigen Sommerkurs der Gustav-Siewerth-Akadamie.

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