Die dritte Etappe seiner Reise nach Südostasien und Ozeanien führt Papst Franziskus nach Osttimor. In seiner Ansprache vor Priestern, Ordensleuten und Katecheten am Dienstag in der Kathedrale der Hauptstadt Dili ging Franziskus darauf ein, dass der mehrheitlich katholische Inselstaat ein Land „an den Grenzen der Erde“ sei, sich jedoch gerade deshalb „im Zentrum des Evangeliums“ befinde. Im Herzen Christi hätten die Peripherien einen zentralen Platz: „Das Evangelium ist voll von Personen, Figuren und Geschichten, die sich an den Rändern, an den Grenzen befinden, die aber von Jesus gerufen werden und zu Protagonisten jener Hoffnung werden, die er uns bringt.“
Die Rede des Papstes kreiste um eine Passage aus dem Johannesevangelium, in der Maria von Bethanien die Füße Jesu mit einem kostbaren Öl salbt (Joh 12,1-11). Franziskus nutzte die Stelle als Aufhänger, um dazu aufzurufen, den „Wohlgeruch Christi und seines Evangeliums“ zu bewahren und zu verbreiten. Es gelte, immer wieder zurückzukehren „zum Ursprung des empfangenen Geschenks unseres Christseins, unseres Priesterseins, unseres Lebens als Ordensleute und Katecheten“.
Die christliche Lehre vertiefen
Die versammelten Gläubigen bezeichnete der Papst als den „Wohlgeruch Christi“ und den „Duft des Evangeliums in diesem Land“. Dieses Symbol sei ihnen nicht fremd: „Hier in Timor wächst Sandelholz im Überfluss, mit seinem Duft, der auch bei anderen Völkern und Nationen sehr geschätzt und begehrt ist.“ Wie ein „immergrüner, starker Sandelbaum, der wächst und Früchte trägt, seid auch ihr missionarische Jünger, mit dem Wohlgeruch des Heiligen Geistes, um das Leben eures heiligen, treuen Volkes Gottes zu beseelen“.
Gleichzeitig mahnte Franziskus, der vom Herrn empfangene Wohlgeruch müsse sorgsam bewahrt werden, „so wie Maria von Bethanien ihn eigens für Jesus aufbewahrt hatte“. Es gelte, die Flamme des Glaubens immer wieder neu zu entfachen. Der Papst wörtlich: „Vernachlässigt es nicht, die christliche Lehre zu vertiefen und in eurer geistlichen, katechetischen und theologischen Ausbildung zu reifen; denn all dies dient dazu, das Evangelium in eurer Kultur zu verkünden und sie gleichzeitig von archaischen und manchmal abergläubischen Formen und Traditionen zu reinigen.“
Zuvor hatten der Vorsitzende der Bischofskonferenz Osttimors, Norberto do Amaral, eine Ordensfrau sowie ein pensionierter Katechet dem Pontifex Einblicke in das kirchliche Leben und die Geschichte des Inselstaates gegeben. Das Land, das erst 2002 von Indonesien unabhängig wurde, weist mit 98 Prozent der Bevölkerung den höchsten prozentualen Katholikenanteil weltweit auf.
Papst lobt Weg des Friedens und der Öffnung
In seiner ersten großen Ansprache nach seiner Ankunft in Osttimor am Montag war Papst Franziskus bereits auf die turbulente Vergangenheit des Landes, das früher eine portugiesische Kolonie war und später vom Nachbarstaat Indonesien besetzt wurde, eingegangen. Von 1975 bis 2002, von der Erklärung der Unabhängigkeit bis zu ihrer endgültigen Wiederherstellung, habe Osttimor „Jahre seines Leidens und seiner größten Prüfung“ erlebt, so der Papst. Doch das Land habe sich wieder zu erheben gewusst, „indem es einen Weg des Friedens und der Öffnung für eine neue Phase fand, erklärte er im Rahmen seiner Begegnung mit den Autoritäten, der Zivilgesellschaft und dem Diplomatischen Korps.
Franziskus wörtlich: „Danken wir Gott dafür, dass Sie während einer so dramatischen Zeit Ihrer Geschichte die Hoffnung nicht verloren haben und dafür, dass nach dunklen und schwierigen Tagen endlich eine Morgendämmerung des Friedens und der Freiheit angebrochen ist.“ Dabei sei die Verwurzelung im katholischen Glauben eine große Hilfe gewesen, was bereits der heilige Johannes Paul II. bei seinem Besuch in Osttimor 1989 betont habe.
Franziskus lobte die anwesenden Vertreter Osttimors für das „unermüdliche Bemühen“ um eine Versöhnung mit Ihren Brüdern und Schwestern in Indonesien. Die erste und klarste Quelle dieser Haltung seien die Lehren des Evangeliums. „Sie haben auch in der Bedrängnis an der Hoffnung festgehalten und dank des Charakters Ihres Volkes und Ihres Glaubens haben Sie den Schmerz in Freude verwandelt“, so der Papst. „Der Himmel gebe, dass sich auch in anderen Konfliktsituationen in verschiedenen Teilen der Welt der Wunsch nach Frieden durchsetzt! Denn die Einheit ist wichtiger als der Konflikt, immer.“ Dazu brauche es auch eine gewisse Reinigung des Gedächtnisses, „um Wunden zu heilen, den Hass durch Versöhnung zu bekämpfen, die Konfrontation durch die Zusammenarbeit“.
Armut, Bandenkriminalität, Auswanderung
Gleichzeitig erinnerte Papst Franziskus auch an Probleme des Landes, wie beispielsweise die Armut in vielen ländlichen Gebieten, den übermäßigen Alkoholkonsum unter Jugendlichen, Bandenkriminalität oder die Tatsache, dass viele Menschen mangels Zukunftsperspektiven aus dem Land auswanderten.
Um die Probleme zu lösen, müsse die künftige Führungsriege des Landes durch eine entsprechende Ausbildung angemessen vorbereitet werden. „Auf diese Weise wären sie dann in der Lage, über alle notwendigen Mittel zu verfügen, um weitreichende Pläne im ausschließlichen Interesse des Gemeinwohls zu entwerfen.“ Die Kirche biete ihre Soziallehre als Basis für einen solchen Bildungsprozess an.
Am Dienstag stehen für Papst Franziskus noch eine private Begegnung mit Mitgliedern des Jesuitenordens in der Apostolischen Nuntiatur in Dili sowie eine heilige Messe auf dem Programm. Am Mittwoch wird er nach einer Begegnung mit Jugendlichen und der anschließenden Abschiedszeremonie seine Reise in Singapur fortsetzen. DT/mlu
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